Der Berg ruft – Unterwegs in den Alpen

1. August 2010
Alpen, Garmisch-Partenkirchen
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In den Dolomiten fing in den siebziger Jahren alles an: Die Mormolata
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  • hochgeladen von Kurt Wolter

Es gibt verschiedenste Möglichkeiten seine Freizeit zu gestalten. Ob sie sinnvoll oder weniger sinnvoll sind ist dabei nebensächlich. Wichtig ist, dass man Spaß daran hat, dass man mit Leidenschaft dabei ist und dass man einmal vollkommen vom alltäglichen Einerlei abschalten kann. Ein solches Hobby habe ich, das mich, wenn ich es denn ausübe, vollkommen ausfüllt. Es ist das In-der-Natur-unterwegs-sein. Doch nicht nur das, es muss dabei auch abenteuerlich zugehen. Nachdem ich schon in den achtziger Jahren sämtliche Höhlensysteme der weiteren Umgebung Hannovers, die heute zum Großteil aus Naturschutzgründen verschlossen sind oder nicht mehr betreten werden dürfen, erkundet habe, widme ich mich seit einem Jahrzehnt nun in erster Linie dem überirdischen Klettern und dem Bergsteigen. Im Harz und im Weserbergland gibt es schönste Klettergebiete. Doch zum richtigen Bergsteigen muss man zumindest in die Alpen fahren. Und das mache ich jedes Jahr mit einem meiner Söhne, der ebenfalls die Begeisterung dafür mit mir teilt. So suchen wir uns dann die herrlichsten Landschaften und die attraktivsten Gipfel aus, von denen es allein in den Alpen so viele gibt, dass ein Bergsteigerleben für ihre Besteigung nicht im Entferntesten ausreichen würde. Ob es die höchsten Gipfel der Ostalpen sind wie z. B. der Großglockner, die Wildspitze, der Ortler oder der Piz Palü. Oder ob es die zahlreichen Viertausender der Westalpen sind, wie z. B. der Mönch, das Nadelhorn, das Allalinhorn, das Weißmies, der Mont Maudit oder der Montblanc. Jeder dieser Gipfel ist anders, hat seinen eigenen Charakter, fordert den Bergsteiger auf andere Art. Ob es über vereiste Felsen geht, bei eisigen Winden über messerscharfe Grate mit Tausend-Meter-Tiefblicken zu beiden Seiten, über unsichere Schneebrücken, oder aber extrem steile Eisflanken hinauf. Alles das sorgt für Adrenalinschübe, jagt die Endorphine durchs Gehirn und erzeugt damit grandiose Glücksgefühle.
Doch es ist nicht nur der sportliche Aspekt, der den Reiz dieser Unternehmungen ausmacht. Es ist auch das herrliche Gefühl, vollkommen frei zu sein. Kein Quartier, das wir gebucht haben und keine Berghütte, die wir aufsuchen müssen. Auf der von 20 Leuten auf engem Matratzenlager jeder dritte schnarcht, so dass man manchmal kaum ein Auge zu bekommt und die Luft zum Schneiden ist. Wir übernachten spontan dort, wo wir es wollen. Wo die Landschaft am schönsten ist, oder wo sich der geeignetste Platz für die folgende Besteigung findet. Wir schlagen unser sturmsicheres Kuppelzelt auf dem Gletscher auf, oder wir biwakieren, wie meistens, unter freiem Himmel. Auch die Minustemperaturen stören dabei kaum, sind wir doch gut verpackt. Und wenn wir tatsächlich einmal zittern müssen, dann geht die Nacht schnell vorbei, denn schon kurz nach Mitternacht brechen wir normalerweise auf, da wir zum Aufstieg den gefrorenen Firn ausnützen wollen, auf dem es sich gut laufen lässt.
Es sind grandiose Eindrücke, unter einem funkelnden Sternenhimmel oder bei hellem Mondschein in 15 Meter Abstand, durch das Seil miteinander verbunden, einen Gletscher zu überqueren oder steile Firnflanken zu erklimmen. In die Morgendämmerung hinein zusteigen und sich den Himmel rötlich einfärben zu sehen. Und dann, wenn die Sonne aufgeht, werden die höchsten Bergspitzen für nur wenige Augenblicke in glutrotes Licht getaucht. Was für Anblicke!
Gegen neun, zehn Uhr stehen wir auf dem Gipfel. Meistens vor den Anderen, die von den Hütten erst später aufbrechen. Die Welt liegt uns dann zu Füßen. Oft stehen wir über einem schneeweißen, watteartigen Wolkenmeer. Oft bei eisigen Winden, die Luft voller flirrender Eiskristalle, und einmal auch inmitten einer Wolke, so dass die Sichtweite nur wenige Meter betrug. Von manchen Gipfeln können wir die Hälfte der Alpen überschauen. Blicken auf benachbarte Berge: den Eiger, die Jungfrau, den Monterosa oder das Matterhorn, das wir wohl nie besteigen werden, weil wir auf Gedränge am Berg keine Lust haben. Sehen tief unten die Talorte liegen: Heiligenblut, Sulden, Zermatt, Saas Fee, Grindelwald, Chamonix. Für Berginteressierte alles klangvolle Namen.
Dann der lange Abstieg, der nicht selten zur Tortur wird. Der Schnee ist durch die Sonne aufgeweicht und sulzig. Tief bricht man in die Spur ein. Die Mittagssonne brennt erbarmungslos. Die Kraft lässt nach. Mehr torkelnd erreichen wir nach 15 Stunden ständigen Steigens, oft in schwierigem Gelände und der Anspannung wegen mit nur kleinsten Pausen, den Biwakplatz. Doch auch das gehört dazu. Natürlich wollen wir uns verausgaben, auch mal quälen, wollen unsere Kondition testen und an unsere Leistungsgrenze herankommen, die man um die 4000 Meter Höhe wesentlich schneller erreicht als im flacheren Land.
Grandioseste Natur kombiniert mit sportlicher Aktivität, das ist es, was das Bergsteigen ausmacht, was es so reizvoll macht und was uns einfach ein gutes Gefühl gibt. Und dabei ergeben sich auch noch Eindrücke, die man ein Leben lang nicht vergisst.

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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