Darmkrebsprävention mit Videokapsel
Bundesweit sterben jedes Jahr 27.000 Menschen an Darmkrebs. Je früher die Krankheit erkannt wird, umso besser kann sie behandelt werden. Deshalb setzen zum Beispiel die gesetzlichen Krankenkassen bei Mitgliedern ab dem 55. Lebensjahr auf eine Vorsorgeuntersuchung. Diese besteht in der Regel aus einer herkömmlichen Darmspiegelung, bei der dem Patienten unter Betäubung ein Untersuchungs- und Behandlungswerkzeug in den Darm eingeführt wird. Da manche Patienten vor dieser Untersuchung zurückschrecken, hat vermarktet die Firma VidiColon ein alternatives High-Tech-Verfahren zur Untersuchung des Dickdarms. Bei der Kapsel-Endoskopie schluckt der Patient eine Kapsel von der Größe einer Vitamintablette. Die Kapsel ist mit zwei Kameras ausgestattet und versorgt den dafür ausgebildeten Facharzt mit hochwertigen Bildern aus dem Inneren des Patienten.
Die Kapselendoskopie kann helfen die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen zu steigern. Das ist einer der Vorzüge des neuen Untersuchungsverfahrens, das von den Patienten der gesetzlichen Krankenkassen in der Regel selbst bezahlt werden muss. Bei privaten Krankenversicherungen kommt es auf den jeweiligen Tarif an. Im Paketpreis enthalten sind neben der eigentlichen Untersuchung ein fundiertes Vorgespräch, die Spüllösung und die Auswertung der Aufnahmen. Im Vorgespräch wird durch einen geschulten Mediziner zunächst erklärt, wie die Kapselendoskopie funktioniert, wie der Ablauf der Untersuchung ist und welche Vor- und Nachteile das Verfahren hat. Bei der Untersuchung nimmt die Videokapsel mit zwei Kameras Bilder des Darms auf und sendet diese an einen Datenrekorder, den der Patient am Körper trägt. Die Bilder von der sich auf natürlichem Weg durch den Darm bewegenden Kapsel werden im Computer zu einem Video zusammengesetzt, das im Anschluss eine Auswertung ermöglicht.
Damit die Kamera verwendbare Bilder machen kann, muss der Darm vorher vollständig entleert werden. Dazu nimmt der Patient zwei Tage vor der Untersuchung ein leichtes Abführmittel, das über Nacht wirkt. Am nächsten Tag dürfen dann nur noch klare Flüssigkeiten und Kleinigkeiten wie Wasser-Eis am Stiel oder Götterspeise in bestimmten Farben verzehrt werden. Am Abend des Tages vor der Untersuchung trinkt der Patient dann einen Liter Spüllösung und einen Liter Wasser. Beides verlässt den Körper relativ schnell und sorgt für eine reinigende Wirkung. Am nächsten Morgen gilt es erneut zwei Liter zu trinken, um den Darm weiter zu spülen. Bevor man sich auf den Weg zur Praxis macht, steht dann eine Trinkpause an. Diese ist nicht nur wichtig, damit man den Weg zur Arztpraxis gut übersteht, sondern auch, damit der Magen möglichst wenig Flüssigkeit enthält, die die Passage der Videokapsel in den Darm verzögern würde.
Am Untersuchungstag werden dem Patienten eine Reihe von Sensoren und der Datenrekorder angelegt. Die Sensoren können entweder am Oberkörper verklebt werden oder in Form einer speziellen Weste getragen werden. Das Sensorenfeld wird per Kabel mit dem Datenrekorder verbunden, der grob an einen Walkman mit kleinem Display erinnert und in einer Umhängetasche liegt. Mit einer kleinen Menge Wasser schluckt man dann unzerkaut die Kapsel, die in der Regel rund eine Stunde braucht, um vom Magen in den Darm zu gelangen. Um die Zeit möglichst kurz zu halten, kann man die Praxis für einen kleinen Spaziergang verlassen, da Bewegung die Kapsel in Schwung bringt. Bereits in dieser Phase macht die mit zwei Kameras und eingebauten Miniblitzgeräten ausgestattete Videokapsel fortgesetzt Bilder, die man auf dem Display des Datenrekorders sehen kann. Ist die Kapsel in den Dünndarm eingetreten, kann man die Praxis endgültig verlassen und sich auf den Weg nach Hause oder ins Büro machen. Dort macht sich der Datenrekorder noch zweimal bemerkbar und fordert dazu auf, eine kleinere Menge Spüllösung zu trinken, um den Weg der Kapsel zu beschleunigen. Erst zwei Stunden nach Beginn der Untersuchung darf man wieder etwas trinken. Nach vier Stunden kann man etwas essen. Die Untersuchung endet, wenn entweder die in der Kapsel enthaltene Batterie nach vielen Stunden leer ist oder aber die Kapsel nach vier bis zwölf Stunden auf natürlichem Weg ausgeschieden wird. Da die Kapsel ein Einmalartikel ist, kann sie über die Kanalisation entsorgt werden. Sensoren und Datenrekorder bringt man am nächsten Tag zurück in die Praxis.
Optimal geeignet ist das seit 2006 verfügbare Verfahren der Kolonkapsel-Endoskopie, um Patienten ohne Befund die Unannehmlichkeiten der Darmspiegelung zu ersparen. Kommt es nämlich zu einem Befund, kann dieser nicht durch die Kamerakapsel behandelt werden. Dann steht für den Patienten also eine erneute Untersuchung und Therapie auf klassischem Wege an, bei der Krebsvorstufen in einem Arbeitsgang entfernt und Biopsien entnommen werden können. Da 70-80 % der untersuchten Personen gesund sind, können diese sich mit der Kapselendoskopie eine angenehmere Untersuchungsart auswählen. Die Qualität der rund 400.000 aufgenommenen Bilder ermöglicht das Erkennen von Veränderungen in einer vergleichbaren Genauigkeit wie bei einer herkömmlichen Darmspiegelung. Während die Untersuchung selbst völlig schmerzfrei und unbelastend ist, ist die vorherige Darmentleerung, die bei allen Verfahren nötig ist, der unangenehme Teil der Vorsorgeuntersuchung. Ist diese jedoch überstanden, gewinnt man ohne klassischen, körperlichen Eingriff Sicherheit zum eigenen Gesundheitszustand. Angeboten wird die Untersuchung mittels der Videokapsel derzeit in Arztpraxen in 23 Städten überall in Deutschland. Wer auch vor dem 55. Lebensjahr wissen möchte, ob er unentdeckten Darmkrebs in sich trägt, kann mit der neuen Technologie Gewissheit bekommen.