Kein "Super-Gau-ck!"- sondern menschlich vorne..Der Bundespräsident will nicht nur die glänzenden Dinge sehen
Was einmal Reichtum brachte, ist zur Last geworden - so klingt Strukturwandel, wenn Bundespräsident Joachim Gauck ihn auf eine Formel bringt. Am Montag kam er zum offiziellen Antrittsbesuch nach Nordrhein-Westfalen. In Düsseldorf standen vor allem Politik und Protokoll auf dem Programm, in Duisburg und Bottrop schaute Gauck sich an, wie NRW Lösungen für seine Probleme sucht. Er besuchte ein Projekt für Kinder aus Einwandererfamilien und schaute sich die energiesparende Sanierung eines ganzen Stadtteils an.
«Man will ja nicht immer nur die glänzenden Dinge sehen», sagte Gauck am Morgen kurz nach seiner Ankunft. In NRW befinde sich vieles im Wandel. Zu DDR-Zeiten sei das Land mit seinen rauchenden Schloten und vielen Unternehmen für ihn der Westen schlechthin gewesen. «Das hat sich dann gewandelt. Vieles ist zur Last geworden, was zunächst Reichtum bedeutet hatte», sagte Gauck. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) holte Gauck am Flugplatz ab, danach standen Gespräche mit ihren Ministern hinter verschlossenen Türen auf dem Programm. Auch dort spielten Probleme benachteiligter Kinder, die Energiewende und die Geldsorgen armer Kommunen eine Rolle.
Mit Motorrad-Eskorte fuhr Gauck in seiner schwarzen Limousine mit dem Kennzeichen «0-1» weiter zum Landtag und zum Düsseldorfer Rathaus, wo Schaulustige auf ihn warteten und er sich ins Goldene Buch eintrug. Anders als geplant wurde das Staatsoberhaupt nicht von der «First Lady» Daniela Schadt begleitet. Gaucks Lebensgefährtin sei erkrankt, hieß es aus der Staatskanzlei.
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In Duisburg gab es dann am Nachmittag einen Empfang, der Gauck besser gefallen haben dürfte als das offizielle Protokoll: 25 Kinder begrüßten ihn mit einem Lied im «Netzwerk Immendal». Das Familienzentrum ist Modellprojekt der Landesinitiative «Kein Kind zurücklassen». 120 Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren aus 21 verschiedenen Nationen werden hier betreut. «Es ist wichtig, dass Menschen nicht frühzeitig ausgegrenzt werden», sagte Gauck. Das zeige diese Einrichtung in vorbildlicher Weise.
In Bottrop war Gauck zu Gast beim Klimaprojekt «Innovation City». Zusammen mit Kraft ließ sich Gauck über die Ziele informieren: Bundesweit erstmals soll ein industriell geprägter Stadtteil mit knapp 70 000 Einwohnern energetisch saniert werden. Ziel ist, den CO2-Ausstoß bis 2020 mindestens zu halbieren und nur so viel Energie zu verbrauchen, wie in Bottrop generiert wird. In der Gartenstadt Welheim besuchte Gauck die Familie des Justizbeamten Marco Kronenberg. Das Haus der Familie liegt in einer ehemaligen Zechensiedlung und wurde für das Klimaprojekt saniert.
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Zum Abschluss seines Besuches NRW traf der Bundespräsident auf Menschen, die sich in einem Ehrenamt verdient gemacht haben. «Ich möchte mich bedanken für das Geschenk der Begegnung mit den Menschen heute in NRW», sagte Gauck zum Abschluss eines Bürgerempfangs in Duisburg. Zu dem Treffen mit Gauck und Ministerpräsidentin Kraft waren rund 170 Menschen in den Landschaftspark Nord geladen worden. «Das besondere sind nicht die Firmen in diesem Land. Das besondere sind die Menschen und ihr Einsatz für eine Sache», sagte Gauck im Landschaftspark Duisburg-Nord.
Es war Gaucks erster offizieller NRW-Besuch nach seiner Amtsübernahme im März. Im August hatte Gauck allerdings schon seine Amtsgeschäfte mehrere Tage lang von seinem Dienstsitz in Bonn aus geführt.