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Der Tod und die letzten Bilder

Darf man tote Menschen fotografieren? Ja, sagt Fotograf Martin Kreuels. Er hat sich auf so genannte Postmortem-Bilder spezialisiert. Diese sollen Angehörige bei der Trauerarbeit helfen - und manchmal auch den Tod ein wenig realer machen.

Wenn ein Auftrag besonders hart ist, dann versteckt sich Martin Kreuels auch schon mal hinter der Kamera. So nennt er das, wenn die Stimmung besonders bedrückt ist und er froh ist, dass da noch etwas zwischen ihm und dem Bildmotiv liegt. Etwa wenn Eltern ihr Neugeborenes kurz nach der Geburt verloren haben und er gekommen ist, um das erste und letzte Foto eines kleinen Menschen zu machen. "Die Eltern haben oft nur wenige Stunden Zeit mit ihrem toten Kind", sagt Kreuels. "Danach bleibt ihnen in der Regel nichts mehr, außer ein Ultraschallfoto."

Martin Kreuels' Bilder zeigen Verstorbene so, als würden sie schlafen. Seine Fotos sind oft schwarz-weiß, zeigen den Menschen nie frontal und einen Blitz benutzt er auch nicht. "In unserer Kultur sind Tote nur als Schlafende akzeptabel", sagt der 41-Jährige, der in Münster lebt. Seine Auftraggeber werden in der Regel von den Bestattern angesprochen, ob sie eine Fotografie ihres verstorbenen Angehörigen möchten. Oft komme dann die Antwort: "Ich weiß gar nicht, ob man das darf." Aber Kreuels vertritt die Ansicht, dass auch Angehörige Rechte haben.
VideoDas letzte Foto (07.04.2011) [Mediathek] Tod der Ehefrau vor zwei JahrenDiese Erfahrung hat er selbst gemacht. Im November 2009 starb seine Ehefrau. Der jüngste Sohn, damals sechs Jahre alt, machte ein Foto von der Mutter auf dem Totenbett. Nach ihrem Tod war für ihn und die vier Kinder nichts mehr wie vorher. Damals arbeitete Kreuels als Biologe und Experte für Spinnen. "Ich dachte plötzlich, es muss noch etwas anderes als Zahlen und Fakten geben", erinnert sich Kreuels. Eigentlich zeigten Männer keine Gefühle, sagt er, aber in dieser Krise brach alles aus ihm heraus: Er fing an, Gedichte an seine Kinder zu schreiben und viel zu fotografieren. "Wir müssen für uns den radikalen Neustart wagen", sagte er seinen Kindern. Seitdem arbeitet er als Fotograf, die Postmortem-Bilder sind dabei nur ein Standbein. Der Start war finanziell nicht einfach: "Die Kinder haben gezittert, aber wir sind nicht verhungert."
Kreuels hat mittlerweile eine kleine Bibliothek von Büchern, die sich mit Totenfotografie beschäftigen. Darunter sind viele historische Fotos. Diese Bilder aus dem 19. Jahrhundert - also der Frühzeit der Fotografie - sind oft sehr inszeniert. Da ist beispielsweise ein Verstorbener, der auf einen Stuhl gesetzt und dem eine Zigarre zwischen die Finger gesteckt wurde. Oder eine Mutter, die ihr tote Tochter im Arm hält - bloß, dass das Kind aussieht, als sei es noch lebendig. Für diese Bilder wurde nach Kreuels' Informationen früher bisweilen ein Wochenlohn ausgegeben - denn Fotografien waren noch sehr teuer. "Heute sieht man pro Tag im Durchschnitt 50 Leichen in deutschen Medien", berichtet er.
Ausstellung im Kirchenfoyer MünsterZurzeit stellt er einen Teil seiner Fotos im Münsteraner Kirchenfoyer aus. "Wir wollen uns an das Tabu-Thema Tod heran tasten", erklärt Josef Rauschel, Leiter des Foyers und Pastoralreferent. Durch die Bilder von Verstorbenen könnten die Besucher Bezug zur eigenen Wirklichkeit herstellen. "Die sehen, dass sich da jemand wirklich mit dem Thema beschäftigt hat." Aber es gibt auch Kritik. Martin Kreuels: "Die fragen mich dann: 'Wie konntest du nur?'" Für ihn ist es reizvoll, dann mit den Kritikern ins Gespräch zu kommen. "Man muss sein Gegenüber nicht immer überzeugen."

Quelle
www.wdr.de (NRW/Aktuell(Münster)

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