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Das Kölner Hinterhof- Atellier der Grafitty Kunst----

Doch auch hier, fernab von privaten Hausfassaden und Lärmschutzwänden der Bahn hat die Wertschätzung Grenzen: Ein wütender junger Mann unterbricht die Graffiti-Maler. Er gehört zu den Bewohnern eines abgewrackten Bauwagenplatzes, die sonst wenig mit den normalen Eigentumsbegriffen der restlichen Stadtgesellschaft zu tun haben wollen. Doch jetzt ist es auch für ihn an der Zeit, die typische Graffiti-Debatte um Privateigentum und Sachbeschädigung zu führen. Ein alter Mercedes wurde besprüht, mit einer Kloschüssel eine Heckscheibe eingeworfen. „Dem nächsten, den ich erwische, ziehe ich nicht nur die Ohren lang, sondern reiße eins ab. Langsam wird's zu viel.“ Die Diskussion wirkt in den Fabrikruinen bizarr, geht es doch auch hier um Graffiti als „Eigentumsverletzung, die es nicht länger zu tolerieren gilt“, wie es in der Selbstdarstellung der „Kölner Anti Spray Aktion“, kurz Kasa, heißt.

Dieser Zusammenschluss von Stadt, Polizei, KVB, Bahn, Hausbesitzern und einigen Unternehmen hat sich vor zehn Jahren gegründet, um illegalen Graffiti den Kampf anzusagen, Hausbesitzern beim Schutz zu helfen und den Sprühern das Leben schwer zu machen. Die Kasa ist der Lieblingsfeind der Jugendlichen. „Verbote bringen doch nichts“, ist sich Gymnasiast Luca sicher. Dass er nur noch legal sprühe, habe nichts mit einem Verhör bei der Polizei zu tun, die ihn mal erwischt habe. „Das hat wenig Eindruck gemacht.“ Für ihn sei vielmehr entscheidend, dass er nun von Flächen wisse, wo er in aller Ruhe und legal seine Bilder machen könne. Unrechtsbewusstsein spielt da keine große Rolle: „Ich finde es nicht gut, wenn ein schönes Haus besprüht wird. Bei hässlichen Gebäuden oder bei Brücken ist das aber was anderes. Bunte Bilder verschönern doch die Stadt.“ Solche Aussagen hören die zuständigen Beamten der Kölner Polizei auch, wenn sie illegale Sprayer erwischen. „Warum darf ich nicht die Stadt mitgestalten?“, würden ihn Täter fragen, berichtet der zuständige Koordinator bei der Polizei, Arnd Rüenaufer. Man habe es mit Leuten mit „missionarischem Eifer“ zu tun.

Luca, Timon oder Thomas meint der Mitbegründer der Kasa damit nicht. Für die meisten illegalen Graffiti sei „ein harter Kern von Intensivtätern“ verantwortlich, die alle - zum Teil deutlich - älter als 18 Jahre seien. Das Problem: Die Szenen sind nicht klar voneinander getrennt. Einige machen beides; andere lehnen das legale Sprayen regelrecht ab. Ihre Bilder werden im Internet bestaunt. „Je größer das Risiko, erwischt zu werden, desto größer ist die Bewunderung“, glaubt Rüenaufer. Illegale Graffiti werde es wohl immer geben, welches Ausmaß die Sachbeschädigungen annehmen, ließe sich aber durchaus beeinflussen, glauben dagegen Kusber und Renken, die sich vom illegalen Sprühen klar distanzieren. „Der Bedarf nach legalen Flächen ist riesig“, sagt die 32-jährige Künstlerin. „Es gibt Hunderte in Köln, die malen wollen und nicht wissen, wo.“ Anstatt darauf zu reagieren, würde diese Kunst- und Ausdrucksform von Jugendlichen in die Illegalität gedrängt und pauschal als Schmiererei verunglimpft.

Das sehen nicht alle so - selbst in der Kasa herrscht zurzeit Uneinigkeit über die Frage nach legalen Angeboten für die Sprayer. Die Kölner Verkehrs-Betriebe haben sich vom Haus- und Grundbesitzerverein hart attackieren lassen müssen, nachdem sie die Wände der Haltestelle Frankfurter Straße besprühen ließen. Das sei eine „Torpedierung“ der Arbeit der Kasa. Die Bereitstellung von legalen Flächen oder die Vergabe von Aufträgen für öffentliche Gebäude sei falsch, so die Hausbesitzer. Neue großformatige Bilder würden andere Sprayer anlocken, die sich in der Umgebung verewigen wollten. Die Polizei verweist auf Erkenntnisse aus anderen Städten, die das bestätigen könnten.

Die KVB sah die Sache anders: Ihr sei es darum gegangen, die völlig verwahrloste und mit illegalen Graffiti beschmierte Haltestelle attraktiv zu gestalten. Man wolle „mit einer pragmatischen Haltung etwas verbessern“. Die KVB ist nach der letzten Sitzung der Kasa mit Aussagen über mögliche weitere Projekte vorsichtig geworden. „Wir schauen, wie das bei den Fahrgästen ankommt und ob das Bild so bleibt, wie es ist“, sagt Sprecher Joachim Berger. Es werde „vorerst keine weiteren Flächen“ geben.

„Jugendliche haben mächtige Gegner“, meint Ralf Krep, der für den Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) die Jugendeinrichtung in Bilderstöckchen leitet. Der SKM half bei der Umsetzung des Höhenberger Projekts, bei dem Jugendliche aus dem Stadtteil mit einigen „Mittwochsmalern“ aus Bilderstöckchen zusammenarbeiteten. Die Kasa würde mehr erreichen, wenn sie das Geld, das sie zur Bekämpfung der Graffiti ausgebe, in die Jugendarbeit stecke, sagt Krep. Er hält den Umgang mit dem Thema für unehrlich: Wenn es um Werbung, Kommerz oder Bühnenbilder gehe, müsse Graffiti als coole Kulisse herhalten. Wenn Graffiti da stattfinde, wo sie herkomme, würde sie bekämpft.

Er fordert mehr legale Flächen, weil man so ein „Signal an die Jugendlichen aussenden würde, dass man sie mit Interesse wahrnimmt“. Deshalb sei der Streit um das Höhenberger Gemälde so schädlich: Jugendliche, die zehn Wochen an dem Projekt gearbeitet haben und an Wochenenden bis zu 15 Stunden auf Gerüsten gestanden hätten, müssten sich hinterher anhören, dass ihr Werk nicht erwünscht sei. Die Jugendlichen selbst würden sich gerne mal mit den „alten Herren der Kasa“ an einen Tisch setzen. „Aber leider fehlt bei denen einer, der sich mit Kunst auskennt“, sagt Luca und malt weiter an dem überdimensional großen Kopf fürs Gemeinschaftswerk an der „Hall of Fame“.

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