1. Juni 1642
Das wohl wichtigste Datum für die Geschichte Kevelaers ist der 1. Juni 1642. Der geldrische Händler Hendrick Busmann hörte kurz vor Weihnachten 1641 an der Kreuzung der alten Handelsstraßen Amsterdam–Köln und Münster–Brüssel dreimal den geheimnisvollen Ausruf: „An dieser Stelle sollst du mir ein Kapellchen bauen!“. Ausgelöst durch diese Ereignisse fasste er den Beschluss, den Ruf zu befolgen. Nachdem seine Ehefrau Mechel bei Nacht ein großes, glänzendes Licht gesehen hatte, in dessen Mitte sich ein Heiligenhäuschen mit einem Andachtsbild befand, löste er sein Versprechen ein und baute trotz widriger Zeiten einen Bildstock in der Gestalt, wie ihn Mechel gesehen hatte, an dieselbe Stelle, wo er die Stimme vernommen hatte. Am 1. Juni 1642 weihte der Pfarrer von Kevelaer ein Bildstöckchen an der Wegkreuzung und setzte einen Kupferstich der Gottesmutter Maria „Consolatrix Afflictorum“ (Trösterin der Betrübten) von Luxemburg ein. Damit beginnt die Geschichte der Wallfahrt in Kevelaer.
In der katholischen Überlieferung der Wallfahrt zu Kevelaer wird von vielen Wunderheilungen berichtet. Die ersten Darstellungen von Wundern stammen aus den Jahren 1642/1643. 1642 soll der gelähmte Peter van Volbroek aus Hassum nach einer Pilgerreise nach Kevelaer geheilt worden sein. 1643 soll Eerutgen Dircks, eine Frau aus Huissen, nach zweimaligem Besuch in Kevelaer ohne ärztliche Behandlung von jahrelang offenen Wunden an den Beinen geheilt worden sein. Bis zur Synode in Venlo im Jahr 1647 wurden sechs weitere Wunder berichtet. Alle acht Wunder wurden nach katholischem Regelwerk durch die Synode anerkannt. Im 19. Jahrhundert gab es nach Auffassung der katholischen Kirche mindestens vier weitere Wunder, unter anderem die Heilung der gelähmten Maria Katharina van Dyck im Jahr 1808 und Agnes Schiefer 1849. Im Jahr 1850 wurde von der Wiedererlangung der Sehfähigkeit des Pilgers Johannes Weidenbach sowie von der Wiedererlangung der Sprechfähigkeit der Pilgerin Agnes Meurßen berichtet.
Neben der raschen Approbation als Wallfahrtsort entwickelte sich ebenso schnell die Bekanntheit von Kevelaer und damit auch die Anzahl der jährlichen Pilgerbesuche. Die erste geschlossene Prozession nach Kevelaer fand im Jahr 1643 statt. Damals reiste eine große Gruppe von Pilgern zu Fuß von Rees nach Kevelaer. Das Holzkreuz, an dem Busman gebetet hatte, wurde durch die große Anzahl der Pilger immer schmuckloser, da die Pilger sich zur Erinnerung Späne vom Kreuz abschnitten. 1649 ließ der Drost von Geldern die Reste des Holzkreuzes entfernen und verbot die Aufstellung eines neuen Kreuzes. 50 Jahre später – 1699 – fand die erste Prozession von Bonn nach Kevelaer statt. Damals pilgerten etwa 400 Menschen zu Fuß nach Kevelaer, um das Gnadenbild zu sehen und zu ehren. Die Ströme der Pilger stiegen bis 1700 weiter kontinuierlich an, sodass die in Kevelaer beheimateten Pater den enormen Zustrom von Pilgern kaum noch bewältigen konnten. Zu dieser Zeit sollen an manchen Tagen mehr als 15.000 Menschen den Wallfahrtsort besucht haben. Während der französischen Besatzungszeit und der damit verbundenen Säkularisation befanden sich die Kerzen- und Gnadenkapelle zwischen 1802 und 1806 in staatlichem Besitz. Wallfahrten wurden verboten. Die Pilgerzahlen brachen in dieser Zeit ein. Erst 1809 stieg die Zahl der Pilger wieder auf 140.000 im Jahr an.
Zwei Jahre, nachdem Kevelaer sich wieder unter preußischer Herrschaft befand (1816), stieg die Anzahl der Pilger und Prozessionen weiter an. In diesem Jahr wurden 204 Prozessionen gezählt. Dieser erneute Aufschwung brach jedoch ein Jahr später infolge der starken Reglementierung der Wallfahrt durch die Preußen ein. Die Zahl der Pilger fiel erneut auf das Niveau zur Zeit der französischen Besatzung zurück. Im Jahr 1842 feierte Kevelaer das 200-jährige Jubiläum der Wallfahrt. Zu diesem Anlass kamen 200.000 Pilger in den Ort und 254 Prozessionen fanden statt. Seit Kevelaer im Jahr 1863 eine Bahnstation erhalten hatte, wurde die Gemeinde für Pilger zugänglicher. Damit stiegen die Pilgerzahlen deutlich an; 1913 wurden 344 Pilgersonderzüge gezählt und Kevelaer soll von 600.000 Pilgern besucht worden sein. Über die Pilgerzahlen in den ersten Jahren des Ersten Weltkriegs bestehen widersprüchliche Angaben. Einige Quellen sagen, dass 1914 die Anzahl der Besucher absank, andere berichten, die Wallfahrten hätten weiterhin zugenommen und 1915 sei mit 500.000 Pilgern ein neuer Rekord erreicht worden. Diese Aussage steht im Widerspruch zu den 1913 gezählten 600.000 Pilgern. Jedenfalls besuchten zu dieser Zeit mindestens eine halbe Million Pilger jährlich Kevelaer. Während des Zweiten Weltkriegs feierte Kevelaer sein 300-jähriges Jubiläum nicht. Im Jahr 1942 wurde der Wallfahrtsort von recht wenigen Menschen besucht. In den folgenden Jahren stieg die Zahl der Prozessionen und Pilger wieder an und erreichte in der Gegenwart mit rund 800.000 Besuchern pro Jahr Höchstwerte.
Durch ihre Stellung als Wallfahrtsort bietet die Stadt Kevelaer zahlreiche sehenswerte Kirchenbauwerke, die während der letzten 350 Jahre entstanden sind, in erster Linie die Marienbasilika, in der die größeren Pilgergottesdienste gefeiert werden. Sie wurde von 1858 bis 1864 erbaut. Die aufwändige Ausmalung des gesamten Gotteshauses stammt von Friedrich Stummel. Das Langhaus sowie das nördliche und südliche Querhaus wurden nach Plänen des Kölner Architekten Vincenz Statz errichtet. Der Bau des über 90 m hohen Westturmes wurde 1883 begonnen und ein Jahr später abgeschlossen. Im Jahre 1923 wurde die Kirche zur päpstlichen Basilica minor erhoben.
Die Gnadenkapelle ist ein sechseckiger Kuppelbau, der auf der Seite des Gnadenbilds eine große, portalartige Fensteröffnung besitzt. Die künstlerische Ausgestaltung der Kapelle wurde erst im Jahre 1888 begonnen und vier Jahre später abgeschlossen. Das Gnadenbild stammt aus den Händen von Soldaten, die es bei sich trugen, und es 1641 an Hendrick Busmann veräußerten. Seine Frau hatte dieses Bildchen bereits in ihrer Vision von dem Heiligenhäuschen gesehen, nachdem Busman selbst es bereits vorher bei den Soldaten entdeckt hatte. Das Gnadenbild wurde zunächst in Geldern aufbewahrt und verehrt, und erst 1642 in den Bildstock gebracht.
Südlich neben der Gnadenkapelle befindet sich die Kerzenkapelle, die älteste Wallfahrtskirche der Stadt Kevelaer, die zwischen 1643 und 1645 errichtet wurde. Der Kirchenraum ist mehr als 30 Meter lang, etwa 10 Meter breit und 15 Meter hoch und ähnelt durch diesen Baustil einer schmalen Filialkirche. Der einschiffige Backsteinbau besitzt keinen Turm, sondern wurde mit einem Dachreiter ausgestattet. Später wurde der Kirche eine Sakristei angeschlossen. Schutzpatron der Kirche ist der Erzengel Michael. In der Kerzenkapelle sind eine Fülle großer, beschrifteter Wallfahrtskerzen mit den Wappen der Herkunftsorte bzw. -Gemeinden aufgestellt, die die Wallfahrtstradition dokumentieren.
Im Jahre 1857 wurde mit den Bauarbeiten der Beichtkapelle begonnen, die schon ein Jahr später abgeschlossen werden konnten. Heute befindet sich die Beichtkapelle direkt an der Marienbasilika. Von 1890 bis 1892 wurde die zweischiffige Beichtkapelle an der nördlichen Langseite erweitert, wodurch weiterer Platz für Beichtstühle geschaffen wurde. 1987 wurde ein Teil der alten Beichtkapelle für die Marienbasilika abgetrennt und zum heutigen so genannten Klostergang umfunktioniert, der zu mehreren Beichträumen führt. Der Erweiterungsbau von 1892 dient heute als eigentliche Beichtkapelle.
Die heutige Sakramentskapelle wurde 1860 erbaut und diente damals als Beichtkapelle der niederländischen Pilger. In den 1880er Jahren wurde die Paradiesvorhalle an die Sakramentskapelle angebaut, die Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde. 1890 wurde der Innenraum um ein weiteres, drittes Schiff erweitert. Ab 1975 wurde die damalige Beichtkapelle zur Sakramentskapelle umfunktioniert.
Jährlich am Ostermontag findet in Kevelaer der philatelistische Grenzlandtauschtag statt. Zu diesem Ereignis treffen sich über 200 Briefmarken- und Ansichtskartensammler im Konzert- und Bühnenhaus. Die Kevelaerer Wallfahrt beginnt jedes Jahr am 1. Mai mit der Öffnung des Pilgerportals der Marienbasilika und endet mit der Schließung am 1. November. In Verbindung mit der Wallfahrt findet alljährlich am dritten Wochenende im Juli die Motorrad-Wallfahrt, am zweiten Wochenende im August die Tamilen Wallfahrt (christlichen und hinduistischen Glaubens) und am Wochenende vor dem 11. November die Karnevalistenwallfahrt statt.
(Quelle WIKIPEDIA)
Thomas, das ist wieder so ein großartiger Bildbericht, daß ich am liebsten JEDES Bild mit einem dicken „Gefällt Mir“ versehen hätte !!!