Genf ganz anders erleben
Hohe Berge. Verschwiegene Banken. Exklusive Uhren. Teure Preise. Wer bei einer Reise in die Schweiz nur an diese Klischees denkt, bringt sich selbst um ein abwechslungsreiches Reiseerlebnis. Bei einer Reise nach Genf kann man an einem verlängerten Wochenende ein eigenes Bild vom Reiseland Schweiz gewinnen, eintauchen in das kulturelle Leben und die Natur rund um den Genfersee genießen. Schnell lernt man die Schweiz so von ganz neuen Seiten kennen und erweitert genussvoll den eigenen Horizont.
In gut einer Stunde erreicht man von Düsseldorf aus den Flughafen von Genf. Der liegt mit dem Regionalzug nur sieben Minuten vom Stadtzentrum entfernt. Das spart Zeit bei der An- und Abreise und macht den Weg nach Genf erfreulich komfortabel. Wer sich neben den Gepäckbändern ein kostenfreies Ticket an einem speziellen Automaten der Genfer Verkehrsbetriebe zieht, kann die Zugverbindung kostenfrei nutzen. Dann geht es für die meisten Reisenden erst einmal zum Hotel, um das Gepäck abzustellen und sich frisch zu machen. Die meisten Hotels und selbst Campingplätze statten ihre Gäste mit der „Geneva Transport Card“, einer kostenfreien Nahverkehrskarte, für die Dauer des Aufenthalts aus. Damit bleibt man mobil in der Stadt und kann sogar die verschiedenen Taxiboote auf dem Genfersee nutzen.
Die Auswahl an Hotels in Genf ist vielfältig. Wer es luxuriös und mit Geschichte mag, mietet sich im „Beau Rivage“ ein. Das Luxus-Hotel am Quai du Mont Blanc feiert in diesem Jahr sein 150. Jubiläum. Zu Gast waren dort schon der Kaiser von Japan und der Dalai Lama. Gar nicht gut bekam der Aufenthalt der österreichischen Kaiserin Sisi, die nach einem Anschlag auf dem Weg vom Hotel zum Schiff verletzt wurde und in der folgenden Nacht im Hotel verstarb. Ein blutbeflecktes Taschentuch ist bis heute in einer Vitrine in der ersten Etage zu sehen. Gelegentlich finden in diesem Hotel Versteigerungen von Sotheby’s statt. An den Tagen vor der eigentlichen Versteigerung können Besucher nach einem kurzen Sicherheitscheck die Preziosen bewundern. Die Übernachtung mit Blick auf den Genfersee hat natürlich ihren Preis.
Einen unverbaubaren Blick auf den See bieten aber auch andere Hotels und das Float Inn Boat von Jean-Luc Oestreicher. Der ehemalige Physiotherapeut hat gemeinsam mit seiner Frau einen exklusiven Katamaran gekauft, diesen auf dem Landweg nach Genf bringen lassen und betreibt heute in diesem ein kleines, aber persönliches und exklusives Hotel auf dem Wasser. Von bequemen Liegen auf dem Deck kann man auch den Jet d’eau sehen, eine 140 Meter hohe Wasserfontäne. Pro Sekunde werden dort 500 Liter Seewasser mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h in die Luft geschossen. Bei hereinbrechender Dunkelheit ist das Wahrzeichen der Stadt sogar beleuchtet. Wer auf dem Float Inn Boat übernachtet, hat einen besonderen Ausgangspunkt für seine Touren durch die Stadt. Das Schiff liegt am Quai Gustave Ador zentrumsnah im Hafen und ist groß genug, um in der Nacht fast unbeeindruckt von den Wellenbewegungen im Wasser zu liegen. Wer sich nach dem Frühstück mit dem Inhaber, bei dem eine köstlichen Käseplatte und Marmeladen aus seinem eigenen Garten hervorzuheben sind, etwas Besonderes gönnen möchte, kann das Schiff für eine Fahrt auf dem See chartern. Mit der Kraft des Windes kann man dann unter den aufmerksamen Blicken der Touristen den See entdecken und den Sonnenschein genießen. Ein besonders schöner Platz dafür sind die Netze am Heck des Schiffes. Wer mag, kann der kleinen Mannschaft zur Hand gehen und sich mit dieser um Seile und Fender kümmern.
Ein Tag auf dem Wasser macht Appetit. Stillen kann man den in einer Vielzahl von Restaurants überall in der Stadt. Eine gute Wahl ist zum Beispiel „L`Adresse“. Die ungewöhnliche Mischung aus Restaurant und Concept Store wird von einer Deutschen betrieben. Seit 30 Jahren lebt Gabriele Azoulai schon in Genf. In ihrem Restaurant stehen außergewöhnliche Gewürze und köstliche Weine aus der Region auf der Speisekarte. Auch für Gäste, die weder Französisch noch Englisch sprechen, ist hier gesorgt, denn natürlich hat die Inhaberin ihre Muttersprache nicht vergessen. Weniger persönlich wird man im Hôtel Restaurant Parc des Eaux-Vives verwöhnt. Das Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert im exklusiver Lage oberhalb des Sees krönt einen kleinen Park mit sanften Rasenflächen und Bäumen. Küchenchef Julien Schillaci, ausgezeichnet mit 17 Punkten im Gault & Millau, verwöhnt seine Gäste dort mit kulinarischen Spezialitäten und ausgewählten Weinen.
Wo diese herkommen, kann man bei einer E-Bike-Tour entdecken. Die Verleihstation in der Nähe des Forschungszentrums CERN am Rande der Stadt erreicht man am besten mit der Straßenbahn. Mit dem Rad geht man dann in Eigenregie oder bei einer geführten Tour auf Entdeckungsreise. Jean Berthet begleitet seine Gäste auf dem Weg durch malerische Dörfer und die gleich neben den Radwegen liegenden Weinberge der Region Mandement. Wer Glück hat oder sich vorher anmeldet, kann die örtlichen Winzer kennenlernen und sich nach einer Verkostung mit regionalem Wein eindecken. Das Weingut „De la Clé de Sol“ zum Beispiel hat sich dem Wein und der Musik verschrieben. Vor Jahrzehnten schied man im Streit aus der örtlichen Winzergenossenschaft aus und begann neue Maßstäbe beim Design der Etiketten und der Qualität zu setzen. Von Mai bis Oktober immer am ersten Donnerstag im Monat gibt es für Besucher ein klassisches Konzert direkt auf dem Weinberg. Dazu passend sind die Flaschen des Weinguts von Daniel Sullinger unabhängig von der Sorte mit einem Violinenschlüssel gekennzeichnet.
Allein mit der Qualität der Weine überzeugen möchte hingegen das Gut „Domaine de la Donzelle“. Ein lieblich duftender Rosenstrauch mit leuchtend roten Blüten weist hier den Weg in den Weinkeller mit seinen riesigen, hölzernen Fässern. Während im Hintergrund ein Hahn kräht, erklärt Winzer Bernard Vuagnat-Mermier seinen Gästen, dass jeder Hektar Wein aus 6-10.000 Pflanzen besteht. Ein Teil seiner 10 Hektar Anbaufläche liegen hinter der französischen Grenze, bringen nach einer alten Übereinkunft aber bis heute Schweizer Wein hervor. Doch natürlich ist bei den Weinbauern auch die moderne Technik angekommen. Edelstahltanks und moderne Abfüllanlagen sorgen dafür, dass der Wein nicht nur gut schmeckt, sondern auch allen heute üblichen Qualitätsstandards genügt. Wer vor Ort sein Herz für Schweizer Wein entdeckt, muss gut auswählen, denn zollfrei nach Deutschland mitnehmen darf man nur vier Liter nicht schäumende Weine. Bei größeren Mengen fallen bei der Einreise Zollabgaben an. Doch darüber machen sich die meisten bei der E-Bike-Tour noch keine Gedanken. Die verläuft trotz der bergigen Landschaft mit der unterstützenden Kraft des Motors angenehm. Die Energie aus dem Akku erleichtert jeden Tritt in die Pedale. Das hilft gerade am Berg, denn in der Ebene oder bergab unterstützt der Antrieb nur bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h. So erhöht der Motor die Reichweite der Radfahrer und sorgt dafür, dass Berg und Tal die Radfahrer nicht von ihrer Tour abhalten.
Wer noch höher hinaus möchte, kann mit dem Bus in die Nähe der französischen Grenze und dann mit der Seilbahn auf den 1.400 Meter hohen Berg Salève fahren. Touristen können sich einen „Geneva Pass“ kaufen, der nicht nur die Seilbahnfahrt, sondern auch kostenfreien Zutritt zu zahlreichen Museen und Attraktionen verschafft. Nicht nur für Touristen, sondern auch für Einheimische ist der Berg am Wochenende ein beliebtes Ziel. Mit Blick in die Ferne kann man auf dem Salève wandern, Picknick machen oder mit dem Gleitschirm ins Tal springen. Wer sich einfach nur erholen möchte, kann im Café auf dem Gipfel Blaubeer-Törtchen schlemmen und dabei den Blick auf den verschneiten Gipfel des Mont Blanc genießen. Wer genug Zeit hat, kann eine ausgedehnte Wanderung machen. Andere packen ihre Picknick-Decke aus und genießen in der Sonne Wein, Käse und andere Spezialitäten aus der Region. Später geht es dann zurück ins Tal – mit einzigartigem Panoramablick aus der Gondel der Seilbahn.
Auch die Altstadt mit ihrer 2.000jährigen Geschichte hat viel zu bieten. Nicht nur Familien können diese bei einer detektivischen Entdeckungstour erkunden. Bei dieser spielerischen Tour tauchen die Gäste ein in das Jahr 1893. Während man das Verschwinden eines Gemäldes und eines Wissenschaftlers aufklärt, erfahren die Gäste einiges über die Stadt und ihre Geschichte. Hier bekommt man ein mit zahlreichen Fotos illustriertes Büchlein mit Informationen und der Spielanleitung. Im Preis enthalten ist auch der Eintritt zu drei Museen, die bei der Lösung des Falls eine Rolle spielen. In zwei bis drei Stunden hat man so nicht nur den Kriminalfall gelöst, sondern auch einen Überblick über das Stadtzentrum. Den kann man natürlich auch auf andere Weise gewinnen. Ein guter Ausgangspunkt ist die romanisch-gotische Kathedrale Saint Pierre aus dem 12. Jahrhundert. Wo ab 1541 Reformator Jean Calvin predigte, kann man heute täglich bis 17 Uhr auf über 157 Stufen die beiden großen Türme besteigen und von oben die Altstadt betrachten. Schön ist auch der Parc des Bastions an der alten Universität. Unter freiem Himmel spielen die Einwohner dort Schach, trinken Kaffee in einem historischen Pavillon und flanieren vorbei an den Standbildern der Reformationszeit. Interessant ist auch ein Besuch im Rathaus. Im Innenhof kann man sich dort eine Wendelrampe anschauen, über die Reiter einst auf ihrem Pferd in die oberen Geschosse gelangen konnten.
Wer sich für den Genf Pass entschieden hat, kann sich die unterschiedlichsten Museen anschauen und zum Beispiel die Geschichte des Roten Kreuzes entdecken. Andere bevorzugen einen Besuch bei den berühmten Uhrenmanufakturen und schauen dabei den Uhrmachern bei ihrer präzisen Arbeit zu. Zu verdanken hat die Stadt das florierende Uhrengeschäft den Reformatoren. Als diese im Jahr 1541 das Tragen von Schmuck verboten, mussten Goldschmiede und Juweliere sich umorientieren und begannen mit der Fertigung hochwertiger Uhren. Wer gerne einkaufen geht, findet in Genf viele Möglichkeiten. Designer, internationale Label und Künstler bieten ihre Produkte in allen Preisklassen an. Ein Aufenthalt in Genf ist gewiss kein preiswertes Vergnügen, doch die Vielfalt der Angebote und ihre Qualität sorgen dafür, dass die Reise ihren Preis wert ist. Nicht umsonst wurde Genf im vergangenen Jahr zu „Europe´s Leading City Break Destination“ gewählt.