Entwicklung von Gut Herrlehof von 1898 bis heute
Text und Bilder von Albrecht Lichti und Rosmarie Gumpp:
Der Name Herrlehof soll von einem Geistlichen kommen, der sich hier ein kleines Häuslein mit Garten gebaut haben soll und etwas Weideland angelegt hatte und der von den Bauern allgemein das „Herrle“ genannt wurde.
1898 kaufte Daniel Lichti das Gut Ellgau, das vorher durch mehrere Hände gegangen und erheblich heruntergewirtschaftet war. (Foto: Gut Ellgau)
Dazu gehörte auch der Herrlehof, ein außerhalb von Ellgau liegender Gutsbetrieb, mit seinen landwirtschaftlichen Flächen, die zu dieser Zeit zum großen Teil aus extensiven Schafweiden und Geringstland bestanden.
Die Söhne von Daniel Lichti, Otto und Philipp, teilten sich den Betrieb auf, Philipp Lichti zog nach Herrlehof. Zunächst hatte er das Gut bis 1918 von seinem Vater gepachtet, später kaufte er es ihm ab. An Gebäuden standen wohl kaum mehr als ein einfaches Wohnhaus, ein Betriebsgebäude und ein Schuppen. Anfangs wurde viehlos gewirtschaftet und der Hofaufbau vorangetrieben.
Mit dem Aufbau des Hofes ging auch die Einführung des Zuckerrübenanbaus einher, der wegen der notwendigen intensiven Bodenbearbeitung den Einsatz von riesigen Dampfpflügen (Fotos: Dampfpflug, Zugpferde) mit sich brachte. Die damals neuen sogenannten künstlichen Düngemittel ließen die Erträge rasch auf ein hohes Niveau steigen. Das Bayerische Jahrbuch von 1920 weist aus, daß das Gut Herrlehof jährlich etwa 35.000 dt an Bodenerzeugnissen produziert hat, bestehend aus Getreide, Zuckerrüben, Kartoffeln, Feldgemüse u.a.
1917 zerstörte ein Feuer die Wirtschaftsgebäude zum großen Teil. Der Hof mußte wieder neu aufgebaut werden und steht in der damaligen Form noch heute fast unverändert (Foto: Luftaufnahme).
1920/21 mußte wegen der großen Anzahl an Personal das Wohnhaus umfangreich erweitert werden. Dabei brach im Februar 1921 ein Feuer aus, das den Dachstuhl zerstörte. Bis 1922 baute Philipp Lichti daraufhin das heutige Wohnhaus auf, mit dem markanten Wasserturm und der darin befindlichen Turmuhr, einer mechanischen Uhr, die zuverlässig jede Viertelstunde die Glocke schlagen läßt (Foto: Gutshaus).
Ab dem Ende des 1. Weltkrieges hat man wieder Vieh gehalten, Milchvieh, eine kleinere Schweineherde und Hühner. Natürlich waren auch Pferdegespanne für die Feldarbeit vorhanden.
Für die Arbeiter baute man dann die Wohnhäuser längs der Straße mit insgesamt 11 Wohnungen, auch eine kleine hofeigene Gastwirtschaft, die sog. Kantine, war vorhanden.
Zu den Arbeitern und Angestellten lassen sich folgende Zahlen finden (Foto: Arbeiter):
1954 60 Angestellte und Arbeiter, davon wohnen 48 in Herrlehof, 13 Zugpferde 8 Zugochsen 60 Rinder 30 Schweine 200 Legehühner
1968 1 Verwalter (Meister) 20 Angestellte und Arbeiter, seitdem viehlos bis auf die Hühner
1980 1 Verwalter 4 Schlepperfahrer 2 Teilzeitkräfte, Aushilfen, 6 Zugmaschinen
2009 1 Betriebsleiter, 1 Aushilfskraft, 4 Zugmaschinen
1920 begann man, Getreidearten (Weizen und Gerste) züchterisch zu bearbeiten, um zu besserem Pflanzenmaterial und zu höheren Erträgen zu gelangen (Foto: Zuchtgarten) . Nur um eine Vorstellung zu erhalten: von der ersten Kreuzung bis zur fertigen Sorte vergehen 12-15 Jahre, von dem dabei bearbeiteten Material sind 90% Ausschußware, und nur der letzte kleine Teil bringt, wenn man Glück hat, den Erfolg.
1948 kam Philipps Sohn Erhard aus russischer Gefangenschaft wieder nach Hause und übernahm nach und nach die Betriebsleitung. Der Aufbau einer leistungsfähigen Milchviehherde, moderne Stalleinrichtung und Wirtschaftlichkeit des Maschineneinsatzes waren Zielsetzung dieser Zeit.
1958 starb Philipp Lichti. Im gleichen Jahr wurden auch die letzten Arbeitspferde verkauft bis auf zwei, die täglich zweimal die Milch nach Ellgau transportierten. .
1968 verunglückte Erhard Lichti im Alter von 58 Jahren bei einem Verkehrsunfall tödlich. Sein Bruder leitete bis 1980 den Betrieb weiter, dann hatte Erhards Sohn Albrecht sein landwirtschaftliches Studium abgeschlossen und ist seitdem Betriebsinhaber. Anders als früher kann sich heute der Betriebsleiter nicht mehr nur um die Verwaltung und Leitung seines Hofes kümmern, sondern muß genauso wie alle anderen Arbeiter seinen Teil zur Arbeitserledigung beitragen.
Zum heutigen Tag umfaßt der Herrlehof 220 ha, davon sind 200 ha Ackerland, der Rest verteilt sich auf Hof, Haus und Park sowie Feldwege und viele Pflanzungen von Hecken und Feldgehölzen.
Angebaut werden derzeit Winterweizen und Zuckerrüben, mitunter auch Raps, Erbsen und Gerste.
Einen wichtigen Betriebszweig bildet die Vermietung von Ferienwohnungen („Urlaub auf dem Bauernhof“), der sich seit 1999 steigender Beliebtheit erfreut (Fotos: Schlepper, Sägerät, Mähdrescher).
Ein sehr interessanter Bericht, gute Fotos dazu, einfach Klasse. Danke dafür