Radtour nach Verona, Tag 1
Im August berichtete ich hier von unserer geplanten Radtour nach Verona (oder Venedig). Letzendlich ist es Verona geworden. Wir sind 12 Tage geradelt, haben dabei über 1000 km hinter uns gebracht und viele wunderschöne Dinge erlebt und gesehen. Ein kurzer Auszug aus unserem - leider noch nicht ganz fertigen - Tagebuch unserer Reise erwartet euch hier. Vieles über das wir uns vorher Gedanken gemacht haben, traf nicht ein, dafür gabes immer wieder überraschende Wendungen. Lest selbst:
Tag 1, Samstag, 24.08.2013
Heskem – Friedberg (93 Km)
Hotel: Goldenes Fass
Rabea:
Heute ist es endlich so weit. Wir fahren los. Wir stehen früh auf, ich hole Brötchen, wir ziehen uns um und packen die letzten Sachen in unsere Rucksäcke. Fühlt sich schwer an. Ich wiege meinen Rucksack: 4,7 kg. Ohne Trinkflaschen. Dann wiege ich mich 6X,7 kg. Wollte eigentlich mit weniger starten. Also weniger ich. Vor lauter Aufregung bekomme ich kaum etwas runter. Zum Abschied wecke ich meine Kinder. Adrian und Saby stehen auf und machen noch ein paar Fotos von uns während Dana noch sehr müde nur kurz durch die Tür lugt und mich drückt. Ein wenig muss ich schlucken, damit mir die Tränen nicht laufen, aber dann starten wir. Um kurz nach 9 Uhr. Während der erste Teil dieser Strecke besser als während unseres Probelaufs klappte, lief es im zweiten Abschnitt nicht mehr ganz so gut. Unsere Mittagspause verbrachten wir in einer Dönerbude in Gambach. Ganz okay, aber sonst nicht weiter erwähnenswert. Ich fragte Peter, ob wir die Karte jetzt mal studieren wollen, aber er lehnte ab, er war sich sicher, dass er weiß, wo wir jetzt weiter müssen. Am Nachmittag fanden wir permanent die Fahrradwege nicht, bzw. verloren immer wieder den richtigen Verlauf. Erst ging es einmal bei Bad Nauheim für mich gefühlt im Eck, bis wir wieder genau dort angekommen waren, wo wir vor fast einer Stunde schon mal standen und den Radweg verloren haben. Es wurde immer wärmer. Nun fragten wir uns mehrmals durch bis nach Wölfersheim. Kurz vorher begegneten mir immer wieder Schilder mit Hinweisen auf Hungen, Schotten und Münzenberg. Münzenberg hatten wir bereits vor Ewigkeiten passiert. Komisch. Ich fand das immer seltsamer, hatte Peter aber vorher versprochen ihm zu vertrauen und nicht ständig zu hinterfragen wo wir jetzt hin radeln. Als wir dann in Wölfersheim angelangt waren, schlug ich eine kurze Pause vor. Wir aßen jeder eine Banane und ich verlangte nach der Landkarte. Und siehe da, wir fuhren gerade wieder durch die schöne Wetterau zurück nach Hause. Denn eigentlich sollten wir nach Wöllstadt fahren. Wir saßen noch eine Weile am Marktplatz und beratschlagten wie es nun weiter gehen sollte. 80 km lagen bereits hinter uns und es war nach 16 Uhr. Einen Bus nehmen? Gab es hier einen Zug? Sauer sein konnte ich Peter nicht, schließlich hätte ich mich ja auch darum kümmern können durch welche Orte wir fahren sollten und geknickt sah er sowieso schon aus. Wir entschieden wenigstens wieder zurück nach Friedberg zu fahren, damit wir wieder ein Stück in die richtige Richtung kamen. Übel war daran, dass wir die Bundesstraße nehmen mussten, da Radwege ja so gut wie nicht auffindbar waren und wir nun auf Nummer sicher gehen wollten. Die Autos rasten an uns vorbei, ich wurde angehupt, der Himmel fing an sich zu zuziehen. In Friedberg angekommen wussten wir auch nicht wirklich wohin. So langsam war ich ziemlich erschöpft und hatte keine Lust mehr. Schon wieder ging es bergauf. Peter fuhr ein ganzes Stück vor und ich verlor ihn aus den Augen. Leichte Panik machte sich in mir breit. Es wurde immer dunkler und sah nach Gewitter aus. Mir war nach heulen zumute. Dann entdeckte ich Peter wieder. Er stand vor einem Hotel. Leider war die dazugehörige Metzgerei geschlossen, da es bereits Samstagabend war, ebenso das Restaurant und die Rezeption. Alles in allem machte es nicht unbedingt einen sehr einladenden Eindruck. Wir fuhren mit den Rädern erst mal hinten auf den Hof und waren noch unentschlossen. Per Handy versuchten wir weitere Hotels zu orten, als der Regen einsetzte. Nun war die Entscheidung gefallen. Peter klingelte an der Tür und uns wurde kurz darauf geöffnet. Es waren noch Zimmer frei. 88 Euro, incl. Frühstück. Das sollte es um 09 Uhr geben. Das war uns zu spät. Wir hatten uns vorgenommen täglich zwischen 09 und 10 Uhr los zu radeln. Kein Problem, wir würden auch früher Frühstück bekommen. Die Räder konnten wir in einen - heute ungenutzten – Gastraum schieben und dann bezogen wir unser Zimmer. Das Haus war riesig und verwinkelt, so dass man erst eine Treppe hoch gehen musste, dann runter um dann wieder eine hoch zu laufen. Das Zimmer selbst war für den Preis ein wenig enttäuschend. Die Rollos waren defekt und ließen sich nicht öffnen, wenn wir Tageslicht wollten, mussten wir das Fenster öffnen. Der Blick ging auf Gleise, wir waren ganz in der Nähe des Bahnhofs. Über der Dusche hingen Spinnweben, an den Wänden waren Installationen geändert worden und an den Stellen klaffte ein Loch in der Wand. Peter war inzwischen eingefallen, dass er die bereits frankierten Rückaufkleber für unsere Wechselpakete bei mir vergessen hatte und war sich auch unserer Rückfahrkarten nicht mehr sicher. Wir duschten, zogen uns um (dabei verabschiedete sich mein Reißverschluss von meiner Trekkinghose, die einzige, die ich in den nächsten zwei Wochen haben würde) und gingen noch ein paar Getränke kaufen (im Norma), erkundeten den Bahnhof (uns war die Idee gekommen das heute wegen Verirrung nicht geschaffte Stück wieder mit dem Zug einzuholen, denn geradelt waren wir ja über 90 km, leider Streckenweise in die verkehrte Richtung) und holten uns eine große Portion Pommes. Wir begutachten unseren Sonnenbrand und schlafen sehr schnell ein. Leider träume ich ganz wirr und schlecht. Peter muss mich wecken weil ich so geschrien habe.
Peter:
Ein sonniger Morgen. Start. Fast pünktlich, um kurz nach 9 Uhr, radeln wir los. Wir verabschieden uns von A. und S., welche noch Fotos von uns machen. D. war sehr müde und hatte sich bereits vorher verabschiedet. Meine erste große Erkenntnis des Tages erfolgte nach ein paar Kilometern. Ich habe die Paketaufkleber nicht eingepackt. Die liegen nun noch in Heskem. Sonst ist alles recht optimal. Wir finden den Weg, welchen wir zu einem guten Stück schon mal geradelt sind, auf Anhieb. Unser Tempo ist nicht sonderlich schnell, wir kommen dennoch gut voran. Das Wetter ist ideal. Um die Mittagszeit sind wir bereits in Gambach. Die erste Gaststätte, welche wir finden, sieht vielversprechend aus. Allerdings herrscht hier Hochbetrieb. Und es scheint als wäre es eine geschlossene Gesellschaft. Vielleicht eine Hochzeit oder etwas ähnliches. Selbst wenn es uns gelingen sollte, einen Platz zu ergattern, dauert es sicher lange, bis wir bedient werden. Wir entscheiden uns dagegen. R. fragt die Postbotin nach einem anderen Lokal. Diese meint, die Pizzeria müsste über Mittag geöffnet haben. Wir radeln weiter und finden die Pizzeria. Es stehen die Öffnungszeiten dran. Ja, hat wohl offen. Super. Ich freue mich bereits auf mein erstes Mahl der Tour. Es gibt sogar einen Biergarten. Doch hier ist niemand zu sehen. Die Tür vom Biergarten zum Lokal ist verschlossen. Die Eingangstür leider auch. Sorry Leute, aber so könnt Ihr keinen Umsatz machen. Wir erblicken ein Schild von einem Thai-Imbiss. Ach nein, irgendwie keine Lust drauf. An der Kreuzung erblicken wir einen Steh-Imbiss, an dem es wohl auch Pizza gibt. Hinter der Tankstelle entdecken wir einen Döner-Laden. Der gefällt uns. Die Werbung ist allerdings etwas großspurig. Krass leckerster Döner? Naja, schlecht war´s nicht, aber ich hatte auch schon bessere. Es gibt Licher-Radler aus der Flasche.
Nach unserer Mittagsrast radeln wir weiter. Am Quarzwerk steht ein Bus. Der Busfahrer grinst blöd. Der hätte uns auch gleich sagen können, dass es geradeaus nur zum Quarzwerk geht und wir nicht weiterkommen. Kein großer Umweg und wir radeln durchs Feld bis nach Rockenberg. Das geht ganz gut und wir sparen den Umweg über Münzenberg. Es läuft alles super. Bis wir ca. zehn Kilometer vor Bad Nauheim ziemlich sinnfrei durchs Feld radeln. Das bringt uns geschätzte zehn zusätzliche Kilometer auf den Tacho. Schuld an diesem Umweg ist die teilweise katastrophale deutsche Radwegbeschilderung. Es gibt zwar Radwegschilder, aber auf denen steht weder ein Ort, noch eine Entfernung. In Bad Nauheim selbst ist es dann auch nicht leicht sich zurecht zu finden. Die Radwege dort enden immer mal wieder abrupt. Ohne weitere Hinweise. Zum Glück hatte uns ein älterer Herr gesagt, wir sollten immer dem Bach folgen. Dies war wirklich ein guter Rat. So gelangen wir schließlich bis Friedberg. Dort spielt mir allerdings mein Gehirn einen üblen Streich und statt auf die Karte zu schauen, verlasse ich mich auf meinen Kopf. Ein übler Fehler. Denn ich verwechsle Wölfersheim mit Wöllstadt. Sehr dumm und folgenschwer. Wir quälen uns zehn Kilometer nach Wölfersheim. Dort rasten wir, essen Bananen. Unsere Trinkflaschen sind ziemlich geleert. Wir schauen auf die Karte und realisieren, dass wir völlig falsch sind. Da eine Übernachtung und alles weitere von hier aus keinen wirklichen Sinn macht, kehren wir um und radeln zurück nach Friedberg. Das drückt die Stimmung. Wieder in Friedberg angekommen, stehen wir bald vor einem verschlossenen Hotel. Das Wetter hat sich geändert. Es ist bewölkt und Regen setzt ein. Mein Handy zickt mal wieder rum und es dauert eine Weile, bis ich es warm genug und einsatzbereit habe. Es sagt in etwa folgendes: Nur zwei weitere Hotels in Friedberg und keine Jugendherberge. Wir klingeln und nehmen das Doppelzimmer im „Goldenen Fass“ für 88,- €. Die Räder parken wir im großen Speisesaal. Die Dame fragt, ob uns das Frühstück ab 9 Uhr recht wäre. Nein, ist es nicht. 8 Uhr wäre besser. Unser Zimmer ist im zweiten Stock, direkt unter dem Dach. Es ist ziemlich hellhörig. Der Weg zu unserem Zimmer gleicht einem Irrgarten. Ständig trepperauf, trepperunter, mal links, mal rechts. Schon ziemlich anstrengend. Das Hotel verfügt über eine eigene Metzgerei. Die Wursttheke befindet sich direkt gegenüber der Rezeption. Es ist „Hessen a la Kart“ angeschlossen.
Und Sonnenbrand habe ich auch wieder. Irgendwie lerne ich es nie! Bis hierher sind wir nun 92 km gefahren. Und eigentlich müssten wir 30 km weiter südlich sein. Ein toller erster Tag. Als kleine Entschädigung bekommen wir aus unserem Hotelzimmerfenster einen prächtigen Regenbogen zu sehen. Aber wie das immer so ist, sieht der auf den Fotos nur noch halb so toll aus. R. zeigt mir die Hautröllchen, welche sie bereits am Hintern abgescheuert hat. Dabei denke ich mir noch weiter nicht viel. Außer, dass wir keine Gesäßcreme dabei haben. Dumm. Aber kein Platz mehr und an diesem morgen habe ich sie noch benutzt. R. allerdings nicht, denn sie hält nicht so viel davon. Noch nicht. Etwas später ziehen wir durch Friedberg, auf der Suche nach einem Supermarkt oder ähnlichem. Wir finden Norma und kaufen 2 x 1,5l Wasser, 0,5l Bier, einen Energy-Drink, einen Schokodrink, 1l Rotwein (extrem süß) und eine Plastiktüte. Gesamtsumme: 4,14 €. Den Taschen-Reißverschluß meiner Jacke klemme ich mir übelst. Weder mir, noch R. gelingt es zunächst ihn zu öffnen. Dann schaffen wir es schließlich doch mit roher Gewalt. Das überlebt der Verschluß aber leider auch nicht. Nachdem wir unsere Einkäufe im Hotel verstaut haben, gehen wir noch mal raus. Den Schokodrink hatte ich bereits auf dem Rückweg konsumiert. Da wir noch 30 km zu weit nördlich sind und die Zeit wieder ein wenig aufholen wollen, beschließen am nächsten Tag wir von Friedberg bis nach Hanau mit dem Zug zu fahren. Daher dabbeln wir zum Bahnhof und gucken mal, wann das möglich ist, wie lange es dauert und was es kostet. Auf dem Rückweg bemerken wir, dass wir REWE, tegut, Aldi, Lidl .... quasi auch direkt vor der Tür und auf einem Fleck gehabt hätten. Wir gehen zum Imbiss, welchen wir auf dem Weg zu Norma bereits erblickt hatten. Dort nehmen wir zwei Portionen Pommes zu je 2,50 € mit und essen diese in unserem Zimmer. Die Pommes-Portionen sind groß und vom Geschmack her eher mittelprächtig.
Sehenswürdigkeiten während des ersten Tages: rostige Giraffe aus Eisen kurz vor Gießen, Hirsche kurz vor Bad Nauheim.
Nach kurzen Aufzeichnungen, ein wenig TV glotzen und etwas Bier und Wein sinken wir in unseren wohlverdienten Schlaf.
Rabea Bender
Peter Michel
Bürgerreporter:in:Rabea Bender aus Ebsdorfergrund |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.