Pressemitteilung des Flüchtlingsrates Nordrhein-Westfalen
Der Tag des Flüchtlings ist 1986 erstmals aufgrund einer immer häufiger zu verzeichnenden ablehnenden Haltung gegenüber Flüchtlingen initiiert worden.
Die Stimmungslage hinsichtlich hier lebender Flüchtlinge ist in Deutschland auch heute angespannt. Dies belegen die überall auftretenden Proteste von Bürgern gegen die Entstehung neuer Flüchtlingsunterkünfte. Parallel dazu hat sich auch in der Politik der Ton in den Debatten zur Asylpolitik wieder deutlich verschärft. Dabei trifft die Ablehnung und Abwehrhaltung nicht alle Flüchtlinge gleichermaßen. So scheinen syrische Flüchtlinge gegenwärtig einen
besonderen Status bei den Politikern zu haben und da sich der Kontakt mit ihnen medienwirksam nutzen lässt, werden sie sogar mit persönlichem Handschlag begrüßt. „Das janusköpfige Verhalten der Politiker spiegelt sich in den Reaktionen der Bevölkerung wider. Es wird im Augenblick zwischen ‚guten‘ und ‚schlechten‘ Flüchtlingen unterschieden. Die Einen, denen man etwas lieber hilft und die Anderen, die schnellstmöglich das Land verlassen sollen. Doch
hinter jeder Fluchtgeschichte steckt eine Leidensgeschichte. In Anbetracht der momentanen Weltlage ist es wichtig, dass die Menschen wieder mehr Verantwortung denen gegenüber einnehmen, die nicht das Glück haben, in einer sicheren Region dieser Welt zu leben“, konstatiert Heinz Drucks, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrats NRW.
Als sich die Lage in den 1990er Jahren ähnlich zuspitzte, gipfelte die ausländerfeindliche Stimmung z.B. in Hoyerswerda, in Rostock- Lichtenhagen, in Hünxe und in Mölln in Pogromen gegen Flüchtlinge und Migranten. Damals wurde mit Parolen wie „Das Boot ist voll“ die Angst vor „Überfremdung“ und einer „Überbelastung des Sozialstaats“ geschürt. Die Rhetorik heutiger Politiker wie die des Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und dem
Vorsitzenden des Innenausschusses des Deutschen Bundestages Wolfang Bosbach (CDU) zielen derzeit in eine ähnliche Richtung, wenn sie von „Asylmissbrauch“, „alarmierenden“ Asylantragzahlen und von „Grenzen der Belastbarkeit“ sprechen. Auf der anderen Seite hat es sich der Bundesinnenminister allerdings nicht nehmen lassen, medienwirksam die ersten
107 syrischen Flüchtlinge aus dem 5000er-Aufnahmekontingent persönlich am Flughafen Hannover zu begrüßen. Dies verstärkt den Anschein, dass in Deutschland derzeit zwischen der Wertigkeit verschiedener Flüchtlingsgruppen, etwa syrischen Kriegsflüchtlingen und Asylsuchenden aus Serbien und Mazedonien, unterschieden wird. Wenn Herr Friedrich meint eine solche Unterscheidung, vornehmen zu müssen und es für angebracht hält sich zu
Zeiten des Wahlkampfes händeschüttelnd mit syrischen Flüchtlingen zu präsentieren um sein Image aufzubessern, dann sollte er konsequenterweise auch die Aufnahmebedingungen für Syrer und deren Familienmitglieder erleichtern. Ansonsten ist sein zur Schau gestelltes Mitgefühl kaum ernst zu nehmen.
Es sollte endlich sensibler und nicht ständig polemisch mit dem Thema Flucht umgegangen werden. Begriffe wie „Ansturm“, „Notstand“ und „Überlastung“ haben in einem ernsthaften flüchtlingspolitischen Diskurs nichts zu suchen. Eine solche dramatisierende Begriffswahl verzerrt die Realität, und fördert reflexartig Ressentiments in der Bevölkerung.
„Ich hoffe, dass das Schutzbedürfnis der Flüchtlinge wieder in den Fokus gerückt wird und populistische Stimmungsmache nicht länger den Blick auf das Wesentliche verstellt“, antwortet Heinz Drucks auf die Frage, was er sich für die Flüchtlinge in Deutschland am Tag desFlüchtlings wünsche.