Glasausstellung in Düsseldorf

Die Ausstellung "Von Murano bis Memphis Italienisches Glas aus den Beständen des Glasmuseums Hentrich" ist vom 27.3. bis 27.6.2010 im Grünen Gewölbe der Düsseldorfer Tonhalle zu sehen.

"Die venezianische Glasindustrie war stets geprägt durch die Vorbildhaftigkeit antiker römischer Gläser. Alle späteren Erfolge venezianischer Glaskunst gründeten in dieser Verbindung aus Tradition und Virtuosität - selbst der Einzug der Moderne in den 1920er Jahren, als der Glashüttenbetreiber Paolo Venini (1895 - 1959) und der Entwerfer Vittorio Zecchin (1878 - 1947) den Glasbläsern schlichte, klassische Formen abverlangten, ohne den dekorativen Ballst vergangener Zeiten.

Die Gestaltungsideen der 20er Jahre erfülten nach dem Einschnitt des Ersten Weltkrieges die allgemeinen Forderungen von Schlichtheit, Funktionalität udn Eleganz. 1921 erfolgte in Murano die Neugründung von `Cappelin Venini & C.". Paolo Vinini hatte ein gutes Gespür für kreative Entwerfer und begann, zunächst vorsichtig, die tradierten Bahnen der Muraner Glaskunst zu erweitern. Die jahrhundertelang gewachsenen Tugenden der venezianischen Glaskunst, insbesondere der artistische Umgang mit der heißen Glasblase, blieben allerdings die Grundlage. Ein Beispiel hierfür ist die Fußschale `Libellula´, 1926 von Napoleone Martinuzzi (1892 - 1977) als Variante eines Modells von Vittorio Zecchin entworfen. Veninis Erfolg brachte auch andere Glashütten dazu, sich mehr oder weniger deutlich diesem Stil anzuschließen.

In den 1930er Jahren traf das dünnwandige, noch recht traditionell orientierte Glas des vorigen Jahrzehnts nicht mehr den Zeitgeschmack. Von Skandinavien ausgehend kamen stattdessen dickwandige Gläser mit funktions- und materialgerechten Formen auf. Mit einigen der zentralen Gestalter behielt Venini auch in dieser Zeit eine Vorreiterrolle bei: Insbesondere Martinuzzi führte opakes Glas mit Applikationen und zahlreiche weitere Techniken ein.

Inzwischen hatten sich Mailand zu einem Zentrum für moderne angewandte Kunst entwicklet. Eine Gruppe von Künstlern um den Architekten und das Multitalent Gio Ponti (1891 - 1979), darunter auch Paolo Venini, schloß sich 1927 zu der Gruppe `Il Labirinto´ zur Förderung der zeitgenössischen angewandten Kunst zusammen.

Man begann, stärker als bisher mit dem Glas zu experimentieren. Carlo Scarpa (1906 - 1978), eine zentrale Künstlerpersönlichkeit der Vorkriegs-Glaskunst Venedigs und seit 1934 bei Venini beschäftigt, verwendete dickwandiges Glas und arbeitete mit Faden- und Mosaikglas-Techniken. Seine `Tessuto´Gläser (wörtlich: `gewebt´) nahmen die angestammten Muraneser Techniken der Faden- und Netzgläser auf und entwickelten sie fort. Derweil lenkte Ercole Barovier (1889 - 1974) den Blick nach Skandinavien und schuf von etwa 1935 bis in die 50er Jahre Gläser mit Einschlüssen und Applikationen und arbeitete mit Milchglas und Craquele.

In den 50er Jahren erfolgte neben dem wirtschaftlichen Aufschwung auch ein kulturelles Umdenken. Die Zeit war geprägt von großer Kreativität und einer Vielzahl an Firmenneugründungen. Die aufkommende Abstraktion und auch die fließenden, organischen Formen des Jugendstils wurden zum neuen Vorbild. Zu nennen sind die skulpturalen Arbeiten Flavio Polis (1900 - 1984) und Alfredo Barbins (1912 - 2007). Aus dem nun immer stärker gewichteten Bereich der bildenden Kunst erschloß sich auch ein in der Folge einflußreicher Glasgestalter das für ihn neue Metier: Fulvio Bianconi (1915 - 1996). Mit seinen stilisierten Figurinen der Commedia dell`arte, den "Fazzoletto"-Vaten ("Taschentuch") und gleichzeitigen Bezügen zur zeitgenössischen Malerei gab er dem venezianischen Glas ein neues Gesicht. Die lebendigsten Schöpfungen der 50er Jahren zeichneten sich durch starke Farbigkeit und moderne Formen aus. Zu den weiteren Künstlern dieser Zeit gehörten Dino Martens (1894 - 1970, künstlerischer Leiter bei Aureliano Toso), Anzolo Fuga (1914 - 1998, AVEM), Ermanno Toso (1903 - 1973) und Archimede Seguso (1909 - 1999).

Die einsetzende Studioglas-Bewegung fand auch in Italien ihren Niederschlag. Raoul Goldoni (1919 - 1983) zählte zu den Protagonisten in Murano," berichtet das dazugehörige Faltblatt.

"Klein aber fein" kann man die Ausstellung nenenn. Sie auf jeden Fall einen Besuch wert. Die bunten Kreationen sind ein Fest für das Auge.

Glaskunst wird derzeit in der Kunstwelt viel zu wenig beachtet. Dem Ausstellungsbesucher entgeht so eine Schönheit und Vielfalt, die im übrigen Kunstbetrieb abhanden gekommen ist. Hier wird nicht nur Phantasie und handwerkliches Geschick auf für den künstlerischen Laien sichtbar. Ausstellungen wie diese bieten eine echte Alternative zu vielen vermeintlich höherwertigen und anspruchsvolleren Ausstellungen, bei denen sich der Besucher frage, was die Exponate überhaupt mit Kunst zu tun haben.

Bürgerreporter:in:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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