Stotterer-Selbsthilfe
Es ist ein Mittwochabend Mitte September 2009, so gegen 19 Uhr. In einem Seitenraum des Hospizes des St. Anna - Krankenhaus trifft sich die Duisburger Stotterer - Selbsthilfegruppe um Volkhard Ramseger.
Stottern? Stottern? "Ah, das sind die Leute, die nicht flüssig reden können und sich ständig verhaspeln," könnte man nun ganz platt sagen. Daß mehr hinter dem Stottern steckt, lerne ich ganz schnell an diesem Abend. "Stottern ist eine Unterbrechung des Redeflusses durch auffällige Blockaden, Wiederholungen oder Dehnungen. In diesem Moment weiß der Stotternde genau, was er sagen möchte, er kann es jedoch nicht störungsfrei herausbringen.
Häufig entwickeln Stotternde so genannte sekundäre Symptome, wie auffällige Verkrampfungen der Gesichtsmuskulatur oder zusätzliche Körperbewegungen, beim Sprechen. Andere Betroffene reagieren auf das eigene Stottern mit einem Vermeidungsverhalten oder der Taktik des Verschleierns. Beim Erstgenannten wird das Sprechen an sich weitgehend gemieden, was bis zu einem totalen gesellschaftlichen Rückzug führen kann. Beim Verschleiern werden zum Beispiel Füllwörter genutzt, um das Stottern zu umgehen. Oftmals werden während des Sprechens auch blitzschnell „schwierige“ Wörter gegen andere Begriffe getauscht, damit der Gesprächspartner das Stottern nicht bemerkt.
Stottern kann zwar je nach Gefühlslage und Verfassung des betroffenen Menschen schwanken, dennoch ist Stottern eine körperliche bedingte Sprechbehinderung – keine psychische Störung," berichtet es die Bundesvereinigung Stotter - Selbsthilfe auf ihrer Internetseite. Dort sind auch weitergehende Informationen zu dem Thema Stottern erhältlich.
Gerade einmal 5 Leute (mich persönlich nicht mitgerechnet), die sich an diesem Abend treffen. Sie alle stottern schon seit ihrer Kindheit. Die Ursachen für ihr Stottern? Bei einem Gruppenmitglied liegt eine organische Ursache vor: Das Sprachzentrum wurde offensichtlich bei einem Unfall in Mitleidenschaft gezogen. Bei den anderen Gruppenmitgliedern ist zumindest mir die Ursache für das Stottern nicht ersichtlich. Auch die Leidensgeschichte der Gruppenmitglieder ist unterschiedlich. Es reicht von Hänseleien in der Schule bis zum Mobbing auf der Arbeit.
"Es gibt verschiedene Therapiemöglichkeiten," berichtet Ramseger. "Welche Methode im Einzelfall die richtige ist, muß jeder Therapeut selbst herausfinden." Und was ist mit Logopädie? "Logopädie ist schon wichtig. Es sollte aber schon ein Logopäde mit dem Schwerpunkt Stottern sein." Und wie finde ich den? "Uns fragen." Nach seiner Beobachtung ist Selbstvertrauen und Selbstbewußtsein sehr wichtig. "Die vorherrschende Meinung besagt: Man wird nie stotterfrei." Das Stottern ist also eine "Eigenschaft", die den betroffenen Menschen sein Leben lang begleiten wird. Ramseger berichtet davon, daß er bei Bewerbungen - wenn nötig - dazu schreibt, daß er stottert und eine Selbsthilfegruppe leitet. Ob er jemals unangenehm Erfahrungen damit gemacht hat? Ramseger berichtet nichts davon. "Bei der Berufswahl war das Thema aber schon ein Thema. Ich wollte Lehrer werden. Das Stottern hat meine Berufswahl dann doch in eine andere Richtung gelenkt. Ich wollte nicht unbedingt stotternd vor einer Klasse stehen. So bin ich Diplom-Kaufmann geworden." Eine Sache ist ihm allerdings wichtig, nämlich, daß Eltern darauf achten, wie ihre Kinder sprechen. Nur so kann frühzeitig eine logopädische Behandlung eingeleitet werden."
Wer stottert, sollte unbedingt Kontakt zu einer Stotterer-Selbsthilfe-Gruppe aufnehmen. Darin ist sich die Gruppe einig. "Es ist erholsam. Man ist nicht einsam. Man kann mit Gleichgesinnten sprechen und sich austauschen," berichtet ein Teilnehmer. Der Erfahrungsaustausch und die gegenseitige Hilfe kommen hinzu.
So gegen 21 Uhr geht die Gruppe auseinander. Da ich selbt gelegentlich nuschele und undeutlich rede, war der Abend schon interessant. Ich konnte ein paar interessante Tips, wie ich damit umgehe, mit nach Hause nehmen.
Bürgerreporter:in:Andreas Rüdig aus Duisburg |
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