Rolls-Royce Ghost: Luxus in Zeiten der Post-Opulenz
(TRD/MID) Wie nennt man modernen Luxus? Die Briten haben dafür einen interessanten Begriff gefunden. Post-Opulenz. Also das, was nach opulenten Zeiten folgt. Man zeigt nun nicht mehr, was man hat. Man lässt fühlen, was man hat. Und genau diesem Prinzip folgt jetzt auch der neue Rolls-Royce Ghost, die zweite Generation des distinguierten Luxus-Mobils von der Insel. Luxus beginnt beim Design. Rolls-Royce leistet sich zum Beispiel den Luxus, die ganze Karosserie ohne eine einzige sichtbare Naht auf die Räder zu stellen. Nahtlos schwingt sich das Blechkleid des Ghost vom griechischen Tempel, wie der jetzt auch dezent beleuchtete Frontgrill genannt wird, über die Kühlerfigur namens „Spirit of Ecstasy“ nach hinten zu den quadratischen Rückleuchten.
Das sieht leicht aus, ist aber nicht leicht herzustellen. Denn vier Spezialisten schweißen die aus 100-prozentigem Aluminium bestehende Karosserie gleichzeitig und von Hand zusammen, damit keine Kante oder Fuge mehr zu sehen ist. Unsichtbar wie ein Geist, das war die Devise.
Rolls-Royce-Vorstand Torsten Müller-Ötvös wollte für seine Klientel eine „Super-Luxus-Limousine, die dynamisch, ruhig, komfortabel und in ihrem Minimalismus perfekt ist“. Das minimalistische Prinzip setzt sich auch im Innenraum fort. Das Leder ist handverlesen, bei der Verarbeitung wird auf überbordende Nähte verzichtet. Die Hölzer bleiben großporig und besitzen feinste Bohrungen, um die Frischluft einströmen zu lassen. Zwei Oberflächen haben die Rolls-Royce-Designer neu entwickelt. Obsidian Ayous spiegelt die Farben von Lavastein wider und Dark Amber. Hier wurden feine Aluminiumadern in das Holz eingearbeitet.
Für Dynamik sorgt das mächtige Rolls-Royce-Triebwerk. Eine 6,75 Liter großer Zwölfzylinder. Platziert wurde er hinter der Vorderachse, um eine sonst eher für Sportwagen übliche optimale Gewichtsverteilung von 50:50 zu erreichen. Dafür verlängerten sie den Ghost sogar um neun Zentimeter. Der fahrbare Luxus-Schlitten misst jetzt 5.55 Meter.
Wert legten die Techniker auch auf einen tiefen Schwerpunkt. Zusammen mit Allradantrieb und Allradlenkung sind das die Zutaten für einen flotten und unaufgeregten Fahrbetrieb, obwohl der Rolls-Royce mit Sicherheit kein Fliegengewicht ist. Im Vergleich zum Vorgänger wurde auch der Zwölfzylinder-Benziner weiterentwickelt.
Überarbeitete Turbolader ringen dem Motor jetzt neben den 571 PS das satte Drehmoment von 850 Newtonmetern (Nm) ab. Um damit souverän kreuzen zu können, liegt es schon ab 1.600 Umdrehungen pro Minute (U/min) an. Und damit nur um 600 U/min über der Leerlaufdrehzahl.
Luxus ist für Rolls-Royce auch das Recht auf Ruhe. Mit hohem technischen Aufwand und insgesamt 100 Kilogramm Dämmstoffen wurde die Fahrgastkabine abgedichtet. Selbst die Kardanwelle musste noch einmal modifiziert werden, weil sie zu laute Geräusche machte. Dabei experimentierten die Akkustik-Ingenieure sogar mit einem völlig geräuschlosen Innenraum.
Wie es heißt, empfand man „diese Erfahrung als verstörend“. Deshalb wurde künstlich ein sanfter Unterton erzeugt, ein Flüstern. Das wird der betuchte Kunde freilich kaum hören, wenn die Stereoanlage angeschaltet ist. 18 Kanäle (einer für jeden Lautsprecher) leisten bis zu 1.300 Watt. Die Lautsprecher bestehen aus einem Magnesium-Keramik-Wertstoff. Außerdem wurden erstmalig so genannte Exciter verwendet. Wie in der neuen S-Klasse von Mercedes. Das sind Körperschallwandler, die Schwingungen übertragen.
Jenseits der Stille ist in einem echten Rolls-Royce vor allem der Fahrkomfort eine wichtige Komponente. Ganz nach dem Motto von Firmenmitgründer Henry Royce „take the best that exists and make it better“ (Nimm das Beste und mach es besser), wurde das Fahrwerk bis ins kleinste Detail auf Ruhe und Komfort ausgerichtet.
So ist im Ghost nach Angaben von Rolls-Royce die erste Querlenker-Dämpfer-Einheit über der vorderen Aufhängung verbaut, um die stufenlose, elektronisch gesteuerte Dämpfung der Luftfederung zu verbessern. Am Heck arbeitet eine Fünflenker-Hinterachse. Alle Systeme werden von einer neuen Software namens Planar gesteuert. Benannt wurde sie nach einer geometrischen Ebene, die völlig flach und eben ist. Daran sieht man schon den Anspruch.
Das Getriebe arbeitet mit Satelliten-Unterstützung. Mit GPS-Signalen wird die Position bestimmt und dann vor der nächsten Kurve automatisch der optimale Gang eingelegt. Und dann ist da noch das Flagbearer-System, das mit Kameras die Straßenverhältnisse scannt, diese an die Software weitergibt, damit sich das Fahrwerk schon vorab auf Unebenheiten wie Schlaglöcher einstellt.