Mercedes GLC Coupé: Mehr als eine SUV-Variante im Sport-Dress.
(TRD/mid) “Der Macan ist ein sehr gut gemachtes Auto”, lobt Michael Kelz seine Kollegen von Porsche, womit er seiner Entwicklungsmannschaft indirekt die Stoßrichtung weist. Kelz verantwortet als Baureihenleiter unter anderem die Entwicklung des Mercedes-Benz GLC und seines sportlichen Ablegers, des neuen GLC Coupé.
Wenn gleich Kelz seinen jüngsten Spross nicht als direkten Macan Konkurrenten auf vier angetriebenen Rädern sieht, wird doch eines deutlich: Mercedes möchte sportlicher werden, als Premiummarke dynamischer auftreten. Gleichzeitig jedoch soll die konservative Stammkundschaft nicht verkrätzt werden. Der Spagat soll gelingen, indem neuerdings alle Baureihen einen sportlichen Vertreter bekommen, der sich nicht zwangläufig über höhere Motorleistung definiert. Nein, vielmehr muss es reichen, ein wenig dynamischer auszusehen und ein wenig agiler zu fahren als die Mainstream-Version. Ein eigenständiger Charakter sei Pflicht! Wie exklusiv dieser ausfällt, ergründen wir auf einer Ausfahrt mit Michael Kelz in einem Vorserien-Fahrzeug.
Erster Eindruck: Das GLC Coupé baut mit 1.701 Millimeter deutliche 40 Millimeter niedriger als der “gewöhnliche” GLC SUV. In Folge sind die Seitenfenster (bei gleich hoher Bordkante) flacher, die Frontscheibe liegt etwas stärker geneigt, der Dachverlauf fällt nach hinten mehr ab, der Hecküberhang baut 75 Millimeter länger, um dem Wagen keinen Wasserfall-Abschluss zu geben. Das Heck mit eingezogenen C-Säulen, gewölbter Dachpartie und Scheibe darf als Schokoladenseite gelten. Doch die Schönheit hat ihren Preis. Sie führt zu 80 Litern weniger Kofferraumvolumen (hier 500 Liter) und zu dramatisch eingeschränkter Rücksicht. Aber auch zu geschmeidigen Rundungen für ein knackiges und weniger zerklüftetes Heck als am Konkurrenten BMW X4. Immerhin wird zur Verbesserung der Rücksicht serienmäßig eine Rückfahrkamera verbaut. Die gegenüber dem GLC SUV verschlankte Karosserie des GLC Coupé auf 20-Zoll-Mischbereifung (255/45 vorn, 285/40 hinten) verleiht dem Wagen eine erkennbar sportliche Note. Wenngleich die Klassifizierung des Viertürers als Coupé ein fragwürdiges Marketing-Idiom bleibt.
Wir steigen ein und nehmen 15 Millimeter weniger Kopffreiheit zur Kenntnis. Künftigen GLC Coupé Fahrern sei deshalb ein sportlicher Haarschnitt empfohlen. Hut-Träger sollten einen anderen Mercedes wählen. Auch wer gern ein Sonnendach zum Himmel öffnet, wird mit dem GLC Coupé nicht glücklich werden. Seine nach hinten fliehendes, relativ stark gewölbtes Dach lässt dessen Einbau nicht zu. Damit auch Mitfahrer bis 180 Zentimeter Körpermass im Fond sitzen können, ohne dass ihnen das Dach auf den Kopf “fällt”, sitzt man dort 10 Millimeter tiefer als im GLC SUV.
Hatte das Designteam um Gordon Wagener noch die Freiheit, viele Karosserieteile für die Eigenständigkeit des Coupé neu zu gestalten, durften die Entwickler von Fahrwerk und Antriebsstrang nur mit gebremstem Schaum an den sportlichen Ableger des Mittelklasse SUV gehen. Wie dieser baut das GLC Coupé auf die tragende Technik der Mercedes E-Klasse: Deren Vorderwagen, Bodengruppe und Fahrwerk bilden die sogenannte MRA (Mercedes Rearwheel Architecture). Die gesamte Elektrik mit Interieur-Baugruppen dagegen stammt aus der Mercedes C-Klasse. Somit ist auch das GLC Coupé für den Einbau des Hybrid-Antriebsstrangs vorbereitet, der schon heute im C350e arbeitet.
Wir sind unterwegs im GLC 300 Coupé, dessen aufgeladener 2,0-l-Vierzylinder 245 PS bereitstellt. Und Michael Kelz lässt es fliegen! Rasch wechselt das Neungang-Automatikgetriebe die Stufen und quittiert die Aktionen mit einem trockenen “Plopp”. Unter Last macht das Triebwerk unüberhörbar Druck. Nicht laut, aber bemüht kernig. Geht Kelz abrupt vom Gas, brabbelt es aus der Abgasanlage wie einst das “Backfire” von Sportmotoren. Ein Klappensystem intoniert die Sportlichkeit. Kelz ist gut gelaunt, zwingt das viertürige Coupé rasant in Kurven und weist auf die direkte, vollelektrische Lenkung hin. Sie sei schärfer justiert als im Mainstream-GLC, kommentiert er. Auch die nur im Coupé angebotenen Sportsitze fallen auf. Sie geben guten Seitenhalt, sind vielfach verstellbar. “Als Dauerfahrprogramm für das GLC Coupé haben wir die Sport-Abstimmung gewählt”, grenzt Kelz die Positionierung das Coupés gegenüber dem GLC SUV ab. Wie in allen Mercedes Pkw (außer den AMG-Modellen) schickt der permanente Allradantrieb auch hier 45 Prozent der verfügbaren Motorleistung nach vorn und 55 Prozent zur Hinterachse.
Grundsätzlich bietet auch das GLC Coupé die aus dem SUV bekannten Fahrdynamik-Modi Comfort, Sport und Sport Plus. Wobei in Comfort das frühe Hochschalten der Automatik, die Integration des Start-Stopp-Systems und der “Segelfunktion” zu einer besonders Sprit sparenden Fahrweise verhelfen. Andererseits sind die Kennlinien für Gasannahme, Schaltprogramm und Fahrwerksdämpfung in Sport Plus schärfer ausgelegt als im Schwestermodell. Übrigens wird nur in diesem die sportliche Fahrweise akustisch verstärkt untermalt.
Das etwas trockenere Einfedern des neuen GLC Coupé, das die Sportlichkeit stützt, geht aufs Konto des hier verbauten Dynamic Body Control Systems mit elektro-hydraulisch aktivierter Stahlfeder-Verstelldämpfung. Das aus dem GLC SUV bekannte Luftfeder-Fahrwerk Air Body Control für komfortbetontes Fahren wird nicht angeboten. Somit kann auch das nur damit mögliche Offroad-Paket nicht bestellt werden. Damit empfiehlt sich das GLC Coupé ausschließlich als Asphalt optimiertes Fahrzeug. Zur Markteinführung in wenigen Monaten bietet Mercedes das Coupé außerdem als GLC250 (Benziner) und GLC350 mit V6-Dieselaggregat an. Bis Ende 2016 werden ein 200er Benziner, die beiden Dieselvarianten GLC200 und GLC220 sowie der erwähnte GLC350efolgen.
Das Mercedes den Wasserstoffbetrieb von Pkw in Serie bringen wird, ist ein offenes Geheimnis. Der GLC SUV wird als einer der ersten Mercedes mit Strom erzeugender Brennstoffzelle vorfahren. Ob diese dann auch im sportlichen Schwestermodell GLC Coupé den Strom zum elektrischen Fahren liefern wird, möchte Keltz noch nicht bestätigen. Nur, dass genug Bauraum dafür vorgesehen sei. Wünschenswert wäre dieser Schritt. Denn eine attraktive Verpackung dürfte die Markt-Akzeptanz der mobilen Chemiefabrik zur Elektrizitätserzeugung beschleunigen und eine Alternative zu Elektrofahrzeugen mit schweren Batteriepacks eröffnen. So gesehen ist das neue Mercedes GLC Coupé mehr als eine SUV-Variante im Sport-Dress. Als konkurrenzfähig eingepreister Allradler mit Command-Sitzposition könnte er der noch immer zart keimenden Elektro-Mobilität ab 2017 einen Wachstumsschub verpassen.