„Investieren und Sparen sind keine Gegensätze“

Landrat Rößle setzt auch in seinem Haus auf Ausbildung | Foto: LRA Donau-Ries
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  • Landrat Rößle setzt auch in seinem Haus auf Ausbildung
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myheimat: Herr Rößle, am 2. März 2008 sind Landratswahlen im Donau-Ries. Sie streben eine zweite Amtsperiode an. Wenn Sie auf die abgelaufenen 6 Jahre zurückblicken: Mit welchen Entwicklungen sind Sie zufrieden? Welche Defizite sind in den nächsten Jahren noch zu beheben?
Rößle: Die Entwicklung des Landkreises Donau-Ries hat in den vergangenen Jahren einen positiven Verlauf genommen. Stichpunktartig möchte ich nur auf die allerwichtigsten eingehen: Über 20 Mio. Euro in den Aus- und Umbau unsere weiterführenden Schulen und damit in die Bildung unserer jungen Menschen investiert, Ausbau des Wirtschaftsstandorts Donau-Ries durch die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, Ausbau und Weiterentwicklung des Technologie Centrums Westbayern in Nördlingen, Bestellung eines Wirtschaftsreferenten im Landratsamt, Gründung des Wirtschaftsforums Donau-Ries e.V., enge Zusammenarbeit mit der IHK, der Handwerkskammer u. a. öffentlichen Institutionen und Einrichtungen. Es freut mich besonders, dass aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung die Arbeitslosenzahlen zurückgegangen sind und wieder mehr Menschen Beschäftigung finden. Als Anlauf- und Beratungsstelle für unsere Familien im Landkreis wurde die Stelle eines Familienbeauftragten geschaffen. Auch die Einführung der Schulsozialarbeit an den beiden Hauptschulen in Donauwörth und Nördlingen war wichtig, die wir in diesem Jahr auf die Hauptschulen in Rain und Oettingen ausdehnen werden. Zu nennen ist auch die Gründung unseres gemeinsamen Kommunalunternehmens, unter dessen Dach nun die Kliniken und Alten- und Pflegeheime des Landkreises sowie das Stiftungskrankenhaus und das Altenpflegezentrum Nördlingen zusammengeführt wurden. Ein Schwerpunktthema der nächsten Jahre wird der sich heute schon in einigen Bereichen abzeichnende Fachkräftemangel sein. In diesem Zusammenhang gilt es, durch attraktive Lebens- und Arbeitsbedingungen unsere jungen Arbeitskräfte und Familien hier in unserem Landkreis zu halten und dadurch gleichzeitig ein Abwandern in die Ballungsräume zu verhindern. Es gilt die Schulsozialarbeit sowie die Jugendarbeit weiter auszubauen um damit gleichzeitig auch Präventionsarbeit gegen Drogen und Gewalt zu leisten. Ebenso sind aufgrund des sich abzeichnenden Klimawandels die Themen Energieeinsparung und regenerative Energien in den nächsten Jahren von großer Bedeutung. Aufgrund des demografischen Wandels unserer Gesellschaft müssen wir auch verstärkt passende Angebote für die immer größer werdende Zahl der älteren Menschen finden.

myheimat: Sie sehen sich – wie Sie in unserem letzten Interview betonten -, als Chef eines modernen, kundenorientierten Dienstleistungsunternehmens. In dieser Eigenschaft tragen Sie die Verantwortung für 1.300 Mitarbeiter. Immer wieder wird von Gewerkschaften moniert, dass zu viele Betriebe ihrer Ausbildungsverpflichtung nicht nachkommen. Wie viele Auszubildende sind beim Landratsamt Donau-Ries zurzeit beschäftigt?
Rößle: Derzeit durchlaufen sieben Azubis die Ausbildung zum/zur Verwaltungsfachangestellten. Zusätzlich befinden sich zwei in Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation und eine junge Dame wird zur Kauffrau für Tourismus und Freizeit ausgebildet. Des Weiteren absolvieren vier Jugendliche die Ausbildung zum Straßenwärter. Im Seniorenheim in Rain werden derzeit drei Schüler und im Bürgerheim Nördlingen ein Schüler zur/m Altenpfleger/in ausgebildet. Sage und schreibe 51 Schüler bildet aktuell die Donau-Ries Klinik in Donauwörth zur/zum Gesundheits- und Krankenpfleger/in aus. Einen Schüler für den Ausbildungsbereich Kauffrau/mann im Gesundheitswesen sowie einen Schüler im Bereich Elektroniker/in Gebäude- und Energietechnik kann die Klinik in Nördlingen vorweisen.

myheimat: Kommen wir zu den einzelnen Politikfeldern und beginnen mit der Haushaltspolitik. Zins- und Tilgungsleistungen für Kredite schränken die Landkreise in ihrem finanzpolitischen Handlungsspielraum ein. Das heißt: Dem Landkreis stehen weniger Investitionsmittel zur Verfügung. Aus diesem Grund scheint das Ziel, keine Netto-Neuverschuldung mehr vorzunehmen, das Gebot der Stunde. Lässt sich dieses Ziel in den nächsten Haushaltsjahren erreichen?
Rößle: Wir haben bereits seit 2006 nicht nur einen ausgeglichenen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung, sondern konnten sogar in den letzten beiden Jahren 2,3 Mio. Schulden abbauen. Auch künftig wird es mein Ziel sein, keine neuen Schulden aufzunehmen und möglichst Sondertilgungen zu leisten. Derzeit stehen wir ja gerade in den Haushaltsberatungen und es sieht sehr gut aus, dass wir dies auch in diesem Jahr erreichen. Wenn wir diesen Kurs beibehalten, werden wir auch künftig den notwendigen Spielraum für anstehende Investitionen haben.

myheimat: Eine erfreuliche Entwicklung zeichnete sich im abgelaufenen Geschäftsjahr 2007 bei den Gewerbesteuereinnahmen ab. Viele Städte und Gemeinden profitieren von sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen. Über die Kreisumlage partizipiert auch der Landkreis an den gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen. Das weckt bei dem einen oder anderen Kreisrat doch sicherlich Begehrlichkeiten. Ist da an Sparen überhaupt noch zu denken?

Rößle: Sparen ist ein Thema, dem fraktionsübergreifend Bedeutung und Beachtung geschenkt wird. Dabei dürfen jedoch wichtige Aufgaben und Ziele nicht aus den Augen verloren und der Schwerpunkt nicht einseitig auf das Sparen gelegt werden. Investieren und Sparen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Dies werden wir auch künftig so halten, um damit unsere Aufgaben auch wirtschaftlich umsetzen zu können.

myheimat: Der Bund überträgt den Landkreisen häufig Aufgaben, ohne für die notwendige finanzielle Ausstattung zu sorgen, damit die Landkreise diese Aufgaben auch problemlos schultern können. Das Prinzip „Wer anschafft, muss auch bezahlen“ scheint doch immer wieder außer Kraft gesetzt zu werden. Sind Sie sauer auf den Bund?
Rößle: In Bayern gilt seit einigen Jahren das sog. Konnexitätsprinzip. Dies besagt, dass den Landkreisen für übertragene Aufgaben hierfür auch die notwendigen Finanzmittel bereitgestellt werden. Auch im Bezug auf den Bund hat sich eine Änderung in der Form ergeben, dass dieser keinen unmittelbaren Durchgriff mehr auf die Landkreise und die Kommunen nehmen kann. Ein Problem stellt in diesem Zusammenhang sicherlich noch die Kostenerstattung für die Abgaben der Grundsicherung dar. Hier hinkt die Erstattung des Bundes den Ausgaben des Landkreises hinterher.

myheimat: Auch was die Hartz IV-Kosten anbelangt, sind die Landkreise nicht zu beneiden. Stiehlt sich der Bund hier nicht unverantwortlich aus der Verantwortung?
Rößle: Einnahmen aus Hartz IV werden primär zuerst auf die Ausgaben des Bundes angerechnet, so dass eine Anrechnung auf die Landkreiskosten erst im Nachrang erfolgt. Daneben hat der Bund seine Beteiligung an den Kosten der Unterkunft ab diesem Jahr weiter abgesenkt, was zu einer weiteren Einnahmereduzierung bei uns im Landkreis führen wird. Dennoch entwickelt sich die finanzielle Situation im Bereich Hartz IV insgesamt positiv, weil es gelingt, immer wieder Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit in reguläre Beschäftigungsverhältnisse überzuleiten.

myheimat: Als Sachaufwandsträger verschiedener Schulen hat der Landkreis Donau-Ries eine besondere gesellschafts- und bildungspolitische Verantwortung. Wie viele Finanzmittel wollen Sie für den Bereich Bildung in den nächsten Jahren bereit stellen?
Rößle: Vor dem Hintergrund, dass wir in den vergangenen Jahren – u. a. auch im Rahmen des Bundesförderprogramms Investition, Zukunft, Bildung, Betreuung (IZBB) - über 20 Mio. Euro in unsere weiterführenden Schulen und damit in die Bildung investiert haben, ist es auch künftig meine Absicht, weiterhin die notwendigen finanziellen Mittel für unsere Schulen bereitzustellen. Wenn ich mir die anstehenden Bauprogramme an den Gymnasien Donauwörth, Nördlingen, Oettingen, an der Realschule Rain und an den beiden Berufsschulen in Donauwörth und Nördlingen ansehe, denke ich, dass wir in der nächsten Periode fast noch einmal die gleiche Summe in die Hand nehmen müssen.

myheimat: Lassen Sie uns ein wenig über Wirtschaftsförderung und Standortpolitik sprechen. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Technologie Centrum Westbayern?

Rößle: Das Technologie Centrum Westbayern in Nördlingen hat sich in den vergangenen Jahren fest in unserer Region etabliert. Zahlreiche Firmen nutzen das TCW zur Existenzgründung und damit zum Aufbau ihres Unternehmens. Daneben arbeitet das TCW auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung mit vielen Firmen eng zusammen. Derzeit laufen die Vorbereitungen für eine Außenstelle der Fachhochschule Augsburg an unserem TCW. Damit würde unser Landkreis erstmalig über einen eigenen Fachhochschulzugang verfügen. Im Sommer diesen Jahres eröffnen wir eine Außenstelle unseres TCW im Hubschraubertechnologiepark der Firma Eurocopter in Donauwörth, um hier vor allem im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik sowie bei den Faserverbundwerkstoffen Projektarbeit zu leisten.

myheimat: Nennen Sie drei konkrete Projekte, die Sie in Ihrer nächsten Amtsperiode verwirklichen wollen!
Rößle: Drei wichtige Projekte werden sein: Die bereits erwähnte Errichtung unserer Außenstelle des TCW im Hubschraubertechnologiepark in Donauwörth und die Errichtung einer Außenstelle der FH Augsburg mit gleichzeitiger Stiftungsprofessur am TCW in Nördlingen. Zweitens: Investitionen an unseren weiterführenden Schulen, insbesondere der Neubau einer Turnhalle am Gymnasium in Oettingen und die Erweiterung der Realschule in Rain. Drittens: Aufgrund der guten finanziellen Entwicklung weiterhin Schuldenabbau, um neue Freiräume zu schaffen.

myheimat: Nach all den politischen Gesprächsgegenständen noch eine private Frage zum Abschluss: Bei welcher Tätigkeit können Sie am besten entspannen?
Rößle: Ich entspanne mich vor allem beim Sport, insbesondere beim Joggen und Fußballspielen. Aber auch bei einer gemütlichen Tasse Kaffee mit meiner Frau, bei einem Familienspiel mit den Kindern oder bei einem Spaziergang mit unserem Hund schalte ich ab und tanke neue Kraft.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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