Aktuelle Diskussion: Atomenergie - eine gefährliche Illusion
Atomenergie - eine gefährliche Illusion:
Diskussion der Grünen Donau-Ries mit MdL Christine Kamm in Donauwörth
Welche Bedeutung kann der Atomenergie in Deutschland zukommen? Ist eine “Renaissance der Atomenergie” in Anbetracht des Klimawandels und des Energiebedarfs Deutschlands verantwortbar?
Christine Kamm, Landtagsabgeordnete der Grünen aus Augsburg, referierte und diskutierte in Donauwörth über Bedeutung und Risiken der Atomkraft.
435 Atomreaktoren existieren aktuell weltweit, 29 Atommeiler befinden sich zur Zeit im Bau, davon mehrheitlich in Asien, während 8 Atommeiler 2006 stillgelegt worden sind. In den USA wird seit 30 Jahren (!) kein einziges Atomkraftwerk mehr gebaut.
Wie wichtig ist denn Atomenergie tatsächlich? Und vor allem: Wie wird die Sicherheit des AKWs u n d der Entsorgung der radioaktiven Abfälle gewährleistet? Bis heute existiert noch kein einziges Endlager: Alle bislang anfallenden radioaktiven Abfälle, von schwach- bis hochradioaktiv, müssen provisorisch gelagert werden. 400 Tonnen hochradioaktiven Atommülls der abgebrannten Brennelemente aus den Atomreaktoren entstehen jedes Jahr in Deutschland an 12 Standorten mit 17 Reaktoren.
Wiegt denn das oftmals beschworene Argument, deutsche Reaktortechnik sei die sicherste der Welt, so wenig? Tatsächlich mag die den AKWs zugrundeliegende Technologie noch so ausgereift und sicher sich darstellen: Es sind Menschen, die AKWs bedienen und warten, und Menschen kümmern sich um die doch relativ komplexen Prozesse im AKW.
Warum kommt es immer wieder zu “kleinen” Störfällen? Der Super-GAU in Tschernobyl April 1986 zeigte der Weltöffentlichkeit auf drastischste und dramatischte Weise, wie hilf- und schutzlos die betroffene Bevölkerung die Katastrophe eines GAUs ertragen und erleiden musste. Nachdem Reaktor 4 in Tschernobyl explodiert war, breitete sich eine riesige Wolke des Fallouts über zunächst Russland, Polen und Skandinavien aus. Im schwedischen AKW Forsmark wurde automatisch Alarm ausgelöst - aufgrund einer kritisch hohen Radioaktivität. So erst erfuhr die Weltöffentlichkeit von Tschernobyl, drei Tage später, denn in Forsmark war Radioaktivität aus Tschernobyl niedergegangen, nicht etwa dort selbst ein GAU passiert.
Insbesondere an den Beispielen des Zwischenlagers Gorleben (seit 1983 als solches genehmigt) und am Forschungsbergwerk Asse (Niedersachsen), ein ehemaliges Salzbergwerk, das als Prototyp eines Endlagers getestet wurde, zeigte Christine Kamm in ihrem ausführlichen Referat, zu dem vor allem Grünen-PolitikerInnen aus dem Landkreis, Marianne und Nico Ach sowie Albert Riedelsheimer aus Donauwörth gekommen waren, wie wenig Atomenergie auch heute noch als sichere Energiequelle uns dienen kann, weder im Betrieb der AKWs noch mit Blick auf die jährlich anfallenden radioaktiven Abfälle.
Im Dezember 2007 wurde durch das Bundesamt für Strahlenschutz eine Studie veröffentlicht, die einen signifikanten Zusammenhang zwischen Wohnortnähe und der Wahrscheinlichkeit einer Leukämieerkrankung bei Kindern unter fünf Jahren darlegt: Je näher jemand an einem AKW wohnt, desto wahrscheinlicher ist eine solche Erkrankung.
Zweifellos sollte in der politischen Diskussion keine emotional aufgeputschte Hysterie provoziert, sondern vernünftig anhand zu wägender Argumente diskutiert werden. Umgekehrt aber erscheint wohl ein Plädoyer für eine längere Laufzeit bundesdeutscher AKWs nur dann als sinnvoll, wenn Sachverhalte wie die bis heute nicht geklärte Endlagerung des Atommülls und die nicht von der Hand zu weisende, wachsende Probabilität menschlichen Versagens bei einer längeren Laufzeit der AKWs nicht einfach unverantwortbarer Ignoranz zum Opfer fallen.
Durch die Landtagswahl am 28. September in Bayern wird die seit dem 2000 beschlossenen, sukzessiven Atomausstieg stiller gewordene Diskussion neu fokussiert, zumal sich in der CSU die Stimmen derer mehren, die eine Laufzeitverlängerung befürworten oder gar weitere AKWs begrüßen würden. Wer sich für Atomenergie in einem Energiemix plus Energiesparen ausspricht, wird wohl auch erklären müssen, w i e die bis heute nicht zu beherrschenden Risiken der Atomenergie (Nutzung und Endlagerung) einer auf adäquater Sicherheit angewiesenen Bevölkerung gegenüber minimiert werden können. Ansonsten wird auf eine Illusion gebaut, die zugleich immense Chancen der erneuerbaren Energien ignoriert und ablehnt, eine Illusion, die Unverzichtbarkeit beschwört, während ökonomisch und ökologisch Atomenergie längst als eine absurde Illusion entlarvt ist.-
Foto: Diskussion: “Welche Risiken stecken in der Atomenergie?” Christine Kamm, MdL der Grünen aus Augsburg, referierte und diskutierte in der Stauferstube (Donauwörth): Atomenergie ist bis heute keine verantwortbare Energiequelle, denn ihre Nutzung und die bis heute weltweit ungelöste Frage der Endlagerung radioaktiven Abfalls erweist sie als unkalkulierbares Risiko für Mensch und Natur. Gerade die Endlagerung könnte die Atomenergie zu einem nicht zu stopfenden Millardengrab für den Staat (sprich: Steuerzahler) werden lassen. Von wegen finanzierbare Energieversorgung.-
Christine Kamm mit Albert Riedelsheimer, Ursula Kneißl-Eder, Rudi Koukol, Andrea Eireiner (Bild von rechts nach links).
Das Thema ist ein zweischneidiges Schwert, die eine Seite heißt „ Fluch“ die andere „ Nutzen“. Bei aller Diskussion , es bleibt halt eine Waffe!
Gruß Stephan