"Killerspiele im Kinderzimmer"
Über die schöne, neue Welt der Virtualität
Vortrag im Gymnasium Donauwörth
Wie Eltern und Erzieher den neuen Herausforderungen begegnen können
Assoziieren wir nicht alle spontan mit Computerspielen emotionale Abstumpfung, Amoklauf, Sucht, Isolation - variierend, aber meist doch mit negativen Bildern und Inhalten? Zweifellos hat die digitale Welt längst auch die Kinderzimmer erreicht, sei es durch PC, Playstation, DS oder früher Gameboy: Kinder gelangen immer früher vielfältig in Kontakt mit der digitalen Kommunikation, was zuweilen einfach unter "Age Compression" subsummiert und abgehakt wird.
Viele Eltern lässt dieses Phänomen, dass Kinder immer schneller sich der Erwachsenenwelt annähern, gerade durch oft zweifelhafte Computerspiele, nicht kalt. Thomas Feibel, der den Kindersoftwarepreis TOMMI ins Leben rief, setzt sich mit dieser Thematik vielfältig auseinander, sei es in Fachbüchern oder durch Tests für die PS2, die XBox u. ä. oder eben durch Vorträge im ganzen Land.
"Sag' mal, hast du auch dieses Computerspiel, das man bei dem Amokläufer aus XX. fand?" So sollte nicht die erste Frage lauten, wenn Eltern merken, dass sie eigentlich nicht wissen, was Sohnemann oder Töchterlein so alles mit dem Nintendo spielt. Und doch ist es d e r entscheidende Punkt: Als Vater oder Mutter im Gespräch bleiben mit den Kindern, den Heranwachsenden - das setzt allerdings ein Minimum an Wissen voraus.
Im Gespräch bleiben. Das ist gar nicht so leicht! Nicht nur dass Kinder sich rasant entwickeln - auch ein riesiger Berg neuen Wissens wartet auf den, der pädagogisch verantwortlich handeln will, denn digitale Kommunikation entwickelt sich rasch: Was lernten wir doch im ersten EDV-Kurs? Und was lernen Kinder spätestens in der 5. Klasse? Dazwischen liegen Welten.
Gewiss, das revolutionäre Tempo, mit dem sich bislang die digitale Datenwelt weiterentwickelt hat, wird auf Dauer nicht so bleiben; die Kluft aber, die zwischen vielen Kindern und ihren Eltern schon aufklafft, weil letztere es versäumten, "am Ball zu bleiben", ist nicht selten riesig.
Computerspiel ist nicht gleich Killerspiel: Thomas Feibel wies legitimerweise darauf hin, dass das negative Image der Computerspiele und des Internets so nicht gerechtfertigt ist. Er hält auch dagegen, dass einfach durch Zensur die Spreu vom Weizen getrennt werden solle: Ein Verbot durch den Staat hat nicht selten schon das Gegenteil dessen bewirkt, worauf es abzielte. Eine strikte "Prohibition" jugendgefährdender Computerspiele würde wohl auch hierzulande lediglich den Schwarzmarkt kräftig anschüren.
Gewalt in den Medien bleibt auch keineswegs auf das Internet und die Spielsoftware beschränkt: Wir Erwachsenen sind z u e r s t gefragt, denn wie gehen w i r denn mit Gewalt auch in den Medien um? So mancher genießt sein Abendbrot zur Tagesschau, während dort hungernde Kinder, Kriegsopfer oder nicht minder emotional erschütternde Bilder der Gewalt und des Verbrechens gezeigt werden. Nur jemand, der authentisch durch Charakter und Verhalten handelt, kann überzeugend seinen Kindern vorleben, was er von ihnen erwartet.
Jene Kultur isolierender Sprachlosigkeit zwischen den Generationen, die erst ein Winnenden möglich gemacht hat, lässt sich nicht allein durch Computerspiele erklären: Das Phänomen einer sich verändernden Kommunikation beschränkt sich auch nicht darauf, dass Kinder heutzutage sich auch online im Chat treffen.
Prinzipiell ist ein pädagogisch verantwortlicher Erwachsener herausgefordert, seine Kinder auf ihrem Weg auch zu führen, zu begleiten, d. h. Interesse an dem zeigen, was Kinder interessiert. Früher setzten sich die Eltern eben zu ein paar Runden Monopoly oder Risiko zusammen mit ihren Kindern - warum nicht auch an den PC? Sich erst einmal z e i g e n lassen, was Simone da schon kann, was Klaus im Downloadcenter macht oder warum Scribblenauts so beliebt ist, Ice Age 3 ein dinomäßiges Vergnügen bereitet: Ja, so manches Familienleben könnte sogar wieder Schwung und neuen Elan bekommen, wenn Papa und Mama auch einmal wieder Zeit fänden und sich einfach mal zeigen ließen, was so faszinierend ist für ihre Kinder im Internet oder an der Spielekonsole ... .
Dann, wenn nämlich nicht nur Verbote kommen, sondern die Kinder und Jugendlichen spüren, dass die Eltern sich für sie interessieren, mit ihnen spielen, sich Zeit nehmen, dann kommen die Generationen wieder ganz natürlich in ein Gespräch - nicht nur vor dem Gabentisch zu Weihnachten, sondern das ganze Jahr über. Das könnte ein echtes Abenteuer werden, ein Abenteuer, Erziehung genannt, nicht rudimentär verkürzt, sondern voller Leben und Aufgaben.
Foto: Thomas Feibel, Medienexperte aus Berlin (www.feibel.de), referierte im Gymnasium Donauwörth in der Reihe Herbstzeitlese der Stadtbibliothek (in Kooperation mit der VHS und des Elternbeirats): Wie können Eltern und Erzieher auf die Herausforderung der beliebten Computerspiele im Kinderzimmer reagieren?
Bürgerreporter:in:Wolfgang Leitner aus Donauwörth |
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