Bach's Weihnachtsoratorium als Donauwörther Erstaufführung
Was für das 50-köpfige Chorprojekt des Donauwörther Kirchenchores und Gästen zunächst verhalten, konzentriert und angespannt begann, endete mit stehendem Beifall, Jubelrufen, eingeforderter Zugabe und gewaltigem Applaus. Eine unwahrscheinliche Anerkennung für mehr als ein halbes Jahr Probenarbeit! Der Kantor der Christuskirche Hans-Georg Stapff hat zusammen mit dem Oettinger Bachorchester unter Leitung von Günter Simon und mit Stefan Schneider als Evangelist sowie den Solisten Michaela Zeitz, Karin Benedikter und Manuel Kundinger ein Werk in Donauwörth nicht nur einstudiert, sondern erstmals auch aufgeführt – und war damit eigentlich seiner Zeit voraus.
Das sechsteilige Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach, von dem die Kantaten eins bis drei zur Aufführung kamen, ist eigentlich den Weihnachtsfeiertagen und der Zeit bis Heilig Drei König vorbehalten. Der Zeitbruch zur Aufführung am dritten Adventsamstag tat dem jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil, in der bereits aufgebauten Weihnachtskrippe der Kirche fehlte zwar noch die Heilige Familie, aber alles deutete schon auf Weihnachten hin und so war das Konzert auch als Hinführung zum größten Geschehen des Christentums zu verstehen. Den Beteiligten jedenfalls ist das außergewöhnlich und eindrucksvoll gelungen.
Kantor Hans-Georg Stapff zitierte in seiner Begrüßung einen Bibeltext zur Erklärung des Oratoriums, mit dem dann musikalisch folgenden Ergebnis, dass das eigentliche Zusammenkommen von Mensch und Gott in Bethlehem stattfinde. Die Geburt Jesu war Inhalt der ersten Kantate, wobei der feierliche Eingangschor „Jauchzet, frohlocket“ die adventliche Erwartung ausdrückte. Die bekannten Texte der Heilsgeschichte brachte Stefan Schneider erstmals als Evangelist in der Christuskirche den aufmerksamen Zuhörern in solistischem Sprachgesang näher, der das Leistungsspektrum seiner Tenorstimme und die bisherige gesangliche Ausbildung unterstrich. Die Ausdrucksstärke in der Alt-Arie von Karin Benedikter „Bereite dich Zion“ und den weiteren Solopartien fügte sich dem an. Auch wenn der Choral „Wie soll ich dich empfangen“ melodisch (O Haupt voll Blut und Wunden) in die Karwoche zu führen schien, brachte das Rezitativ des Evangelisten das Geschehen doch wieder auf den Weg zur Krippe. Die Satzbearbeitungen für Sopran und Bass (u.a. „Er ist auf Erden kommen“) wurden von Michaela Zeitz und Manuel Kundinger vortrefflich umgesetzt. Festliche Orchestermusik, Dirigent Hans Georg Stapff mit exakter Taktgebung und der Bassist in dessen Arie „Großer Herr, o starker König“ wirkten exzellent zusammen.
Die zweite Kantate widmete sich der Verkündigung der Geburt Jesu durch die Engel an die Hirten auf dem Felde. Bei der musikalischen Illustration standen Streichinstrumente und Oboen feierlich im Vordergrund, weil Pauken und Trompeten in diesem Satz zwischen Engeln und Hirten „störend“ gewirkt hätten. So nahmen die Instrumente den Hirten die Furcht nach des Engelswort „Fürchtet euch nicht“ und ließen die Hirten schnellen Schrittes zur Krippe eilen. Chor und Choräle, die Rezitative des Evangelisten, Sopran und Bass-Duett und Alt-Arie im Wechselgesang mündeten im großen Chorsatz „Ehre sei Gott in der Höhe“, dem große Lobgesang, der den Friede auf Erden vermittelt und in dem alle Chorstimmen den Anforderungen gerecht wurden.
Zwar beschließt die dritte Kantate erst die Hälfte des Gesamt-Oratoriums, bildet aber in sich einen Abschnitt, welcher der Dauer des Konzertes auch guttat und die Anbetung der Hirten schilderte. Ganz und gar nicht zu den gesanglichen Passagen, sondern in faszinierendem Gegensatz dazu stand der Text des Eingangschores „Mächtiger Herrscher, … lass dir die matten Gesänge gefallen“. Nachdem die Engel „gen Himmel gefahren“ waren, machen sich die Hirten auf den Weg nach Bethlehem. Die Hirten erreichen schließlich melodisch den Stall, finden Maria, Joseph und das Kind und verbreiten die alles erlösende Kunde, Maria aber behielt alle diese Worte in ihrem Herzen.
Das ganze Instrumentarium in der Besetzung mit Streichern, Flöten, Oboen, Orgel, Trompeten und Pauken und der vierstimmige Chor vermittelten musikalisch Freude auf die bevorstehende Geburt Christi. Die Kontraste zwischen Chor und Solisten bereicherten in diesem grandiosen Werk, das vermutlich eine Donauwörther Uraufführung erlebte. Mit dem großen Chor, "Jauchzet, frohlocket" inszenierten die Mitwirkenden eine für Oratorien nicht zu erwartende Zugabe, und setzten damit einen glänzenden Schlusspunkt, erkennbar losgelöst von den Anspannungen zu Konzertbeginn. Vorzüglicher Chor, gefühlvolles Orchester, ein ausgezeichneter Evangelist und hervorragende Soloprotagonisten unter der Gesamtleitung von Kantor Hans-Georg Stapff bildeten in dem barocken Chorwerk ein verschmolzenes Ganzes. Unheimlich begeisternder Schlussapplaus belohnte die Aufführenden reichlich.
Bürgerreporter:in:Walter Ernst aus Tapfheim |
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