Ruth Maria Kubitschek: Der indische Ring. Lesung im Gallussaal
Ruth Maria Kubitschek: „Der indische Ring“
Lesung im Gallussaal Donauwörth
Wer kennt sie nicht, die Grande Dame des deutschen Fernsehfilms, die renommierte Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek? „Kir Royal“, „Monaco Franze“ oder „Das Erbe der Guldenburgs“: ihre Rolle in diesen bekannten und beliebten Fernsehserien, die sich, listet man sie vollständig auf, wie die wichtigsten Stationen deutscher Fernsehgeschichte lesen, war stets signifikant, überragend und souverän: die Dame von Welt. Sie, der am Anfang ihrer Karriere ein Regisseur vorhersagte, mit d i e s e m Namen unmöglich reüssieren könne, errang im Olymp des Kinos und des Fernsehens Auszeichnungen und Preise, sämtliche Lorbeerkränze, wie sie ihrem Talent, ihrem Charme und ihrer charismatischen Persönlichkeit ohne Zweifel zustehen. Und sie, die sie inzwischen auch als Bestseller-Autorin und Malerin bekannt und beliebt ist, besuchte Donauwörth, wo sie in einer enthusiastisch aufgenommenen Lesung im Gallussaal u. a. ihren neuen Roman „Der indische Ring“ vorstellte.
Wie könnte es anders sein: diese Chance mit einem Interview, um das ich sie bat und das sie gerne gewährte, zu nützen, wollte ich nicht ignorieren. Vor ihrer Lesung, die Frau Ostermeyer (Buchhandlung Seitz-Auer) arrangiert hatte, und ihrem Besuch im Rathaus, wo sie sich ins Goldene Buch der Stadt eintrug, suchte ich sie auf.
WZ: „Frau Kubitschek, nach ihrem letzten Roman „Das Wunder der Liebe“, der zu einem Bestseller geworden ist, sind die Erwartungen Ihres Publikums an Ihr neues Buch „Der indische Ring“ sehr hoch. Was hat Sie motiviert, dieses Buch zu schreiben, was reizte Sie zu diesem im Titel bereits anklingenden Sujet?“
R. M. K.: „Zunächst Indien. Mich fasziniert diese Kultur, die ich bereits öfters besuchen durfte. Ja, die indische Kultur, die indische Weisheit, das Wissen, die Farbigkeit dieses Subkontinents. Und dann natürlich die Geschichte dieses Romans: die Anna gibt es wirklich, auch den Andreas, die Personen, die ich dann in völlig andere Situationen gesetzt habe.“
WZ: „Der Titel des Romans klingt nach Verheißung, nach einem Versprechen, lässt erahnen, dass im Roman auch Aspekte indischer Mentalität und Spiritualität anklingen ...“
R. M. K.: „Ja, stimmt; ich wollte vor allem jenes Indien auch den Menschen nahe bringen, mit all' seiner Spiritualität und Fremdartigkeit, jenes Indien, wo sich schon jetzt enorme Entwicklungen abspielen, und jenes Indien, von dem wir zweifellos noch viel hören werden ... [ ... ] Beispiel Bildung – da spielt sich viel ab, während wir Bildung doch stark vernachlässigen, geht Indien neue Wege, mit tollen Möglichkeiten in der Bildung. Und natürlich gibt es im Gegensatz dazu die Armut. Indien ist auch eine Kultur der Gegensätze.“
WZ: „Hermann Hesse beispielsweise schrieb, gleichfalls angeregt durch eine Indienreise, seinen „Siddhartha“, einen Roman, in dem die Wurzeln indischer Spiritualität in Gestalt des Bhuddha bzw. eben des Siddhartha reflektiert werden. Findet sich auch ein solcher Hauch beeindruckender Spiritualität in Ihrem Roman?“
R. M. K.: „Ja, besonders in dem Gespräch eines Tigers mit einem Menschen kommt das zum Ausdruck. Bei Hermann Hesses Siddhartha ist es das Gespräch des Siddhartha mit dem Fährmann. Da sagt der Fährmann: >Selbst wenn Du Dich für Deinen Sohn aufopfern würdest, selbst dann kannst Du die Erfahrung ihm nicht ersparen – er muss selbst seine Erfahrungen sammeln, daraus lernen, auch leiden und lernend seinen eigenen Weg finden.< Auch in meinem Buch geht es um das Loslassen, das Loslassen der Mutter (Anna) von ihrem Sohn. Irgendwann muss eine Mutter loslassen von ihren Kindern, irgendwann gehen sie ihren eigenen Weg, und das ist immer ein schwieriger Prozess. Und dann geht es auch darum, dass wir z. B. die Natur und die Tierwelt auf einem anderen geistigen Niveau sehen, nur weil die Natur eben nicht mit menschlichen Worten redet und spricht.- WZ: „Wie sehr hat Sie diese Loslösung der Mutter von ihrem Sohn bewegt, innerlich beschäftigt?“ R. M. K.: „Ja, sicher. Wobei ich selber habe bei meinem Sohn das ziemlich bald kapiert, dass er sein eigenes Leben leben muss; anders als bei Anna: Anna findet eigentlich erst ziemlich spät zu dieser Einsicht, und sie müsste im Grunde erkennen: Du hast dein eigenes Leben vernachlässigt, du hast für und durch deinen Sohn gelebt, und es fällt dir schwer, ihn loszulassen. Aber wenn man den Mut findet, loszulassen, dann bedeutet das auch ein Stück Freiheit, das man gewinnt. Ich kenne viele Frauen wie Anna, sie identifizieren sich mit ihrem Sohn, mit ihren Kindern – und können nicht, wenn es Zeit ist, loslassen. Sie nennen es >Liebe<, das ist aber keine Liebe, das ist besitzergreifend ... .“ WZ: „Es ist auch eine Projektion, eine Identifikation, die den Sohn gefangen nimmt? Die ihn einschränkt, einsperrt?“ R. M. K.: „Es geht um Liebe, ja, aber Liebe ist in keinem Fall besitzergreifend, sondern vielmehr immer auch ein Loslassen.“ WZ: „Wobei es eigentlich zwei Prozesse sind, die parallel laufen: die Mutter lässt ihren Sohn los, der Sohn nähert sich seiner Frau, und das Stück, das die Mutter loslässt, ist frei, frei für diese neue Liebe, diese neue Gemeinschaft der Zukunft, die um diesen Freiraum des Sohnes wachsen kann. Es geht also auch um diesen typischen, ja archtypischen Konflikt zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter, der wohl nicht selten auf diesem Nicht-los-lassen-können der Mutter beruht ...“ R. M. K.: „Besonders in Indien sind die Schwiegermütter fast schon „berüchtigt“: sie erziehen förmlich ihre Schwiegertöchter, kommen oftmals in das Haus des Ehepaars, versuchen, ihre Schwiegertochter nach ihren eigenen Idealvorstellungen zu formen.“ WZ: „Wir sind als Europäer geschockt, solche rigiden und starren Strukturen im Sozialen vorzufinden, wie sie in Indien wohl in vielerlei Hinsicht existieren ...“ R. M. K.: „Aber gerade diese starren Strukturen beginnen aufzubrechen, und aufgeklärte, gebildete Frauen spielen dabei eine wichtige Rolle. Da beobachte ich eine wirkliche „Aufklärungswelle“, die gerade von Frauen getragen und vorangebracht wird.“ WZ: „Auf Ihrer Homepage fand ich ein beeindruckendes Grußwort. Dort sprechen Sie von einem langen und beschwerlichen >Weg nach innen<. Wie könnte man diesen Weg hin zu Spiritualität beschreiben?“ R. M. K.: „Als ein Sich-besinnen auf die eigenen Kräfte, auf die eigenen Wurzeln, auch auf die Schöpferkraft, auf Kreativität ... das geht nur in der Stille, nicht gerade im Lärm und im Treiben der Welt. Ich habe mich auch bewusst etwas zurückgezogen, ich habe meine schöpferische Mitte gesucht, habe an mir gearbeitet. Schreiben und Malen sind mir wichtig geworden, ohne dass ich auf meine Arbeit als Schauspielerin verzichten wollte. Das sind zwei Seiten, und beide sind mir wichtig. Ich brauchte einen Gegenpol zu meiner Schauspielerei, um mich nicht zerbrechen zu lassen, in dieser >Tretmühle<, in diesem harten Beruf. Es ist wirklich ein Sich-gegenseitig-befruchten, Schreiben und Malen einerseits und andererseits meine Arbeit als Schauspielerin.“ WZ: „Frau Kubitschek, ich bedanke mich für dieses Gespräch.“ [Gekürzte Fassung des Interviews mit Ruth Maria Kubitschek, am 14. November 2006 durchgeführt von Wolfgang Leitner, Gasthof Goldener Hirsch]
Bürgerreporter:in:Wolfgang Leitner aus Donauwörth |
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