Menschen einer Stadt: Interview mit den Donauwörther Fischerstechern
MENSCHEN EINER STADT:
Von Teamgeist, Fairness, Sportlichkeit und einem pulsierenden Vereinsleben
Interview mit den Donauwörther Fischerstechern
Alle zwei Jahre findet in Donauwörth das traditionelle Inselfest mit einem Turnier der Fischerstecher statt, die ursprünglich dieses Sommerfest mit dem Stechen auf der Wörnitz initiiert haben. Auch heuer wieder sicherten sich die Donauwörther Fischerstecher den ersten Platz. Den gleichfalls inzwischen sehr beliebten Ritterturnieren nachempfunden, stellt das spannende Stechen eine historisch begründete Attraktion dar - als Sport wie auch als historisch-kultureller Event mit großer Inselparty.
Was motiviert den Freundeskreis zu diesem doch ungewöhnlichen Hobby? In diesem Jahr traten auch die “Wörnitzpiraten”, eine Jugendgruppe des Vereins, am Freitag an - und gewannen im örtlichen Turnier prompt.
In ihrem Vereinsstadl bei der Stadtmühle besuchte sie Wolfgang Leitner und sprach mit ihnen über ihre außergewöhnliche Passion, der für alle mehr als nur ein Sport ist ... .
WZ: “Ob Zillenfahrten auf der Wörnitz zur feierlichen Eröffnung der Tourismus-Saison mit Maimarkt, ob Turniere während des Inselfestes oder auswärts - seit Jahren gehören die Fischerstecher zu Donauwörth - fast wie ein lebendiges Wahrzeichen der Stadt: Wann hat das alles angefangen?”
Peter Heckmeier, Vorsitzender des Vereins (P. H.): “Gegründet wurde unser Verein 1983, 1985 fand dann das erste Turnier nach 135 Jahren Pause (zuletzt also davor 1850) wieder statt. Unter Alt-Oberbürgermeister Alfred Böswald wurde damals der Verein mit Unterstützung der Stadt neu ins Leben gerufen.”
WZ: “Anders als z. B. Fußball oder Tennis gehört das Fischerstechen zweifellos zu den weniger bekannten Sportarten. Welche Regeln gibt es?”
P. H.: “Das Reglement ist ziemlich kompliziert; auf dem Flyer zum Inselfest ist es beschrieben. Grundsätzlich gilt: Wer ins Wasser fällt oder seinen Standplatz in der Zille (das ist das Fischerstecher-Boot) verlässt oder seine Lanze verliert, ist besiegt. Passiert das aber beiden Stechern, bleibt die Runde unentschieden. Es kommt relativ oft vor, dass beide Gegner ins Wasser fallen ...”
WZ: “Zwar ist die Lanze vorne abgepolstert und die Stecher können auch ein 'Wams' tragen, dennoch wirkt der Kampf, schaut man ihn sich auf den Fotos eines Wettkampfes genauer an, ziemlich martialisch ...”
P. H.: “Blessuren kommen vor, auch mal ein Knochenbruch; zimperlich darf ein Fischerstecher nicht sein, das ist klar. Aber Fairness und Ritterlichkeit sind bei uns nicht nur historisch zu sehen, sondern werden in jedem Kampf beachtet. Allerdings kann es eben schon passieren, dass die Lanze des Gegners unabsichtlich zu hoch trifft, etwa am Kehlkopf ...”
WZ: “Seit Jahren treffen sich verschiedene Vereine, so auch beim Inselfest, Teams aus Dießen am Ammersee, Ingolstadt, Laufen a. d. Salach, Lauingen, Neuburg, Oberndorf (Österreich), Stepperg; umgekehrt besuchen die Donauwörther in der Saison auch ihre Freunde zu den Turnieren. Darin liegt wohl auch ein Grund, da man untereinander befreundet ist, dass vorsätzliche Unfairness kaum vorkommt?”
P. H.: “Nein, gar nicht. Jeder weiß um die nicht ganz auszuschließenden Gefahren. Wenn der Wettkampf vorbei ist, dann gehen wir jedes Mal als Freunde, da ist kein Groll - wegen einer Niederlage oder ähnliches.”
WZ: “Wie sieht der Alltag im Verein aus? Die Frauen stehen augenscheinlich ganz hinter ihren Männern. Wird es nicht langweilig, wenn frau nicht selber im Turnier engagiert ist?”
Nicole Heckmeier: “Nein, überhaupt nicht! Es macht auch uns immer Spaß!”
P. H.: “Vor dem Turnier z. B. reinigen wir den entsprechenden Wörnitzabschnitt von Schrott oder anderem Unrat. Ich bin gespannt, was wir diesmal da rausholen ... . Tja, und dann während des Inselfestes kümmern wir uns um den Bierverkauf, Ausschank, Bedienen u. ä. Die Saison hat begonnen: Am 12. Juli sind wir in Steppberg, am 10. August gibt es eine “Piratenschlacht” in Oberndorf an der Salzach (Österreich). Langeweile kennen wir nicht ... . Ach ja, und jeden Donnerstag treffen wir uns hier im Stadl.”
WZ: “Und Training? Zum letzten Inselfest durfte ich beim Übungsstechen auf dem Riedlinger Baggersee dabei sein - zum ersten Mal mit dem jüngsten Donauwörther Fischerstecher, der schon emsig den großen nacheiferte ... . Was bedeutet Ihnen im Verein am meisten?”
Fritz Scherer, Leonhard Reiter, P. H.: “Die Kameradschaft, natürlich der spannende Wettkampf ... Es ist aber auch die Begegnung mit den anderen Teams, “Völkerverständigung”, das gesellige Beisammensein ...”
WZ: “Dann bedanke ich mich für dieses Gespräch und wünsche viel Erfolg auf den kommenden Turnieren und Wettkämpfen, tja - und auch besonders dem Nachwuchs, den Wörnitzpiraten viel Glück und eine gute Zeit!”
Foto: Auf dem Balkon des Vereinsstadls der Donauwörther Fischerstecher bei der Stadtmühle: Scherer Fritz, Bechtel Wolfgang, Reiter Leonhard, Markl Roland, Bechtel Heiko, Heckmeier Peter, Vorsitzender, und Lang Regina mit Sohn Moritz. “Stark sind wir als Team!”
Bürgerreporter:in:Wolfgang Leitner aus Donauwörth |
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