Menschen einer Stadt: Claudia Wolfinger, die neue Leiterin der Arbeitsagentur Donauwörth
Die Agentur für Arbeit Donauwörth betreut mit ihrem Service eine Region, die mit ihren Geschäftsstellen in Donauwörth (Zirgesheimer Straße), Nördlingen (Bürgermeister Reiger Straße) und Dillingen (Rosenstraße) für keine “Brennpunktregion” zuständig ist. Im Gegenteil: Reinhold Demel, der rund 28 Monate die Agenturen Augsburg und Donauwörth zugleich führte, überließ seiner Nachfolgerin Claudia Wolfinger Anfang des Jahres eine Agentur, “die im Moment noch recht gut dasteht”.
Welche Zielsetzungen verfolgt die neue Leiterin in Donauwörth in Anbetracht der sich ausweitenden Wirtschaftskrise? Welche Akzente will sie setzen?
Für die WochenZeitung sprach mit ihr Wolfgang Leitner über die gegenwärtige Situation am Arbeitsmarkt, Tendenzen und Strategien wie auch über Akzente, die in Anbetracht der sich auswachsenden Wirtschaftskrise zu setzen sind.
WZ: “Wie würden Sie, Frau Wolfinger, die gegenwärtige Arbeitsmarktsituation bei uns beschreiben?”
Claudia Wolfinger [C. W.]: “Zur Zeit haben wir die niedrigste Arbeitslosenquote in ganz Deutschland, die bei 3,1% liegt, auch im Vergleich zum Vorjahreswert [Ende Januar] liegen wir niedriger. Aber es wäre sicher nicht richtig, wenn wir nur Sonnenschein beschreiben wollten, sondern es gibt auch Anzeichen dafür, dass - um im Bild zu bleiben - Eintrübungen stattfinden - aber Gottseidank noch nicht in dem Ausmaß wie anderswo.”
WZ: “Also zwar >Tornado-Warnung< bei uns, aber viele halten sich auch zurück, was mittelfristige Prognosen anbetrifft, z. B. auch deshalb da keiner weiß, wie sich die weltweit im Umfang von 2 Billionen Euro (nach Expertenmeinung) eingeschätzte faulen Aktienwerte zukünftig noch auswirken werden: Löst sich dieses astronomische Kapitalblase langsam auf oder wird es eher spontan zu weiteren >Explosionen< in der Finanzwelt führen.- Vor kurzem sagten Sie, es müsse eigentlich durch Deutschland ein “Bildungsruck” gehen: was meinten Sie damit?” C. W.: “Es ist kein Geheimnis, dass wir ungeachtet der aktuellen Wirtschaftskrise auch vor einer demografischen Herausforderung stehen. Die Zeit der geburtenstarken Jahrgänge geht zu Ende, und wenn ich an dieser Stelle den Spruch zitieren darf: “Vor der Krise ist n a c h der Krise!” Wenn wir jetzt nicht Maßnahmen treffen, die geeignet sind, dieser demografische Problematik entgegen zu wirken, dann kehrt sie wohl nach der aktuellen der Wirtschaftskrise verschlimmert zurück. Denn so optimistisch bin ich, zu sagen, dass ein Aufschwung wiederkommen wird. Konkret an einem Beispiel: Im Jahr 2050 werden wir im Vergleich zu heute nur halb so viele Menschen im Alter zwischen 40 und 45 Jahren im Arbeitsmarkt haben. Das sind Menschen, die jetzt in die Schule gehen. Ob jemand ein hochqualifizierter Arbeitnehmer wird, ob er ein guter Facharbeiter wird oder mit geringen Qualifikationen in den Arbeitsmarkt gehen wird, das entscheidet sich ja nicht erst mit 20 oder 25 Jahren, sondern im Grunde im Kindergarten bzw. in den ersten Schuljahren, denn da müssen die Weichen gestellt werden, dass jemand gerne lernt, dass ein gutes Bildungsangebot besteht - eine Aufgabe, die sich nicht die BA allein stellen kann, wir sind ja leider zu oft ein “Reparaturbetrieb”, es ist eine Aufgabe unserer Gesellschaft! Und das ist eine Aufgabe, die jetzt zu leisten ist, denn uns bleibt bis zu dieser demografischen Zäsur nicht mehr viel Zeit. WZ: “Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ...” C. W.: “Ja, das fängt mit den Kindergärten an, das geht über die Schulen, Berufsberatung, wir müssen dafür sorgen, dass Jugendliche sich mit ihren Berufschancen, ihren beruflichen Perspektiven frühzeitig auseinandersetzen, da wirkt dann die BA mit.” WZ: “W a n n hat denn ein Jugendlicher gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt?” C. W.: “In den letzten Jahren und Jahrzehnten war es durchaus so, dass jemand mit einem guten Schulabschluss, einer abgeschlossenen Ausbildung auch gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hatte, so er denn eine Arbeitsstelle suchte. Das Problem lag und liegt auch heute noch darin, dass viele keinen Schulabschluss oder mit schlechten Noten in den Kernfächern oder mit einer abgebrochenen Ausbildung bzw. Studium auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen suchten.” WZ: “Es galt und gilt also die Formel: Mit einem guten Zeugnis sind gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt?” C. W.: “Ja, gleich ob Haupt- oder Realschule oder Gymnasium, wenn jemand - vor allem in den Kernfächern Mathe, Deutsch, Englisch - einen guten Schulabschluss mitbringt, dann hat er gute Chancen, denn auch die Betriebe sehen darauf und lassen dies uns wissen, dass die beruflichen Anforderungen auf guten schulischen Leistungen aufbauen müssen. Weiterhin zählen Motivation und soziale Kompetenzen wie Zuverlässigkeit, Disziplin, Teamgeist etc. Je besser also der Schulabschluss - das gilt auch gerade 2009 - desto besser sind die Chancen auf dem Arbeitsmarkt unf für eine erfolgreiche berufliche Karriere. Ein “Bildungsruck” müsste also dahin führen, dass mit dem Wissen um adäquate Rahmenbedingungen rechtzeitig dafür gesorgt wird, dass Kinder und Jugendliche adäquat am Bildungsleben teilnehmen.” WZ: “Welche Akzente möchten Sie als Leiterin der Agentur in Donauwörth setzen?” C. W.: “Da möchte ich drei Aspekte hervorheben: das eine ist biografisch bedingt, denn ich komme aus der Sozialwissenschaft und da ist mir insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit ein wichtiges Anliegen, ja ein Herzensanliegen. Zweitens wir möchten ein zuverlässiger Partner in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise sein, Arbeitnehmern und Arbeitgebern, auch wenn wir relativ in Donauwörth noch gut dastehen. Wir möchten ermuntern, diese Zeit jetzt, z. B. auch im Rahmen von Kurzarbeit, zu nutzen, mit Weiterbildungsangeboten, individuell für den Arbeitnehmern, auch innerbetrieblich, Qualifizierungsmaßnahmen, und Kurzarbeit ist ein Thema, wir haben relativ viele Kurzarbeiter. Ja, wir wollen ein verlässlicher Partner sein - für beide Seiten - um durch diese Wirtschaftskrise zu kommen.” WZ: “Ihnen und Ihrem Team, Frau Wolfinger, alles Gute für Ihre Arbeit, vielen Dank für dieses Interview.” Kurzvita: Claudia Wolfinger Mit Jahresbeginn 2009 trat Frau Claudia Wolfinger ihre neue Aufgabe als Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur in Donauwörth an. Wolfinger ist gebürtige Nürnbergerin, 44 Jahre alt und verheiratet und wohnt derzeit in Schwabach. Nach dem Studium der Sozialwissenschaften begann sie 1992 ihre Laufbahn bei der Bundesagentur für Arbeit im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Dort war sie schwerpunktmäßig mit den Themen Jugendarbeitslosigkeit und Evaluation arbeitsmarktpolitischer Programme befasst. Nebenberuflich war sie in dieser Zeit als Gutachterin/ Expertin u.a. für die ILO (Internationale Arbeitsorganisation) und das CEDEFOP (Europäische Zentrum zur Förderung) der Berufsbildung tätig. 1997 wechselte sie in die Zentrale und hatte dort verschiedene Aufgaben als Referentin in den Bereichen Arbeitsmarktpolitik, Förderung und Controlling inne. 2003 verantwortete Wolfinger in leitender Funktion den Bereich „Förderung und Unterstützung“- in den letzten Jahren war sie Chefin der Berufsberatung. Foto: Claudia Wolfinger, neue Leiterin seit Jahresbeginn in der Agentur für Arbeit Donauwörth, im Interview: “Wir wollen als verlässlicher Partner wirken - für Arbeitnehmer wie auch für Arbeitgeber - in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise.” Auch die Zeit der Krise muss genützt werden, um den Herausforderungen n a c h der Krise gewachsen zu sein.
Es ist in meinen Augen nicht nur der Bildungsruck, der durch Deutschland gehen muß, es ist auch der Ruck durch die Arbeitgeber und Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen und auch investieren sollten.
Was nützt dem Jugendlichen eine top Bildung, wenn keine Arbeitsplätze da sind und auch keine auf Dauer geschaffen werden.