Interview mit "Mr. Kindertag", Felix Späth, zum Schwäbischwerder Kindertag

Menschen einer Stadt:
Interview mit “Mr. Kindertag”, Felix Späth, zum Schwäbischwerder Kindertag, einem Fest für Kinder und die ganze Familie

Einmal Kaiser sein! Einmal König oder Königin, heldenhaft Ritter mit Rüstung, Schwert und Schild, auf einer prachtvollen Kutsche, mit Helm, Kettenhemd und Lanze auf einer stolzen Burg, ein Kindertraum: Zum Schwäbischwerder Kindertag in Donauwörth dürfen Kinder ihn leben und spielen! Ein besonderes Fest für Kinder stellt der historisch bis ins frühe 17. Jahrhundert zurückweisende Kindertag dar, an dem über 1000 kleine Helden und Heldinnen in ganz unterschiedliche Rollen schlüpfen, um Stadt- und Reichsgeschichte Donauwörths in szenischen Bildern vor die Augen eines entzückten Publikums zu führen, ein bunter, wechselvoller Zeitenstrom, der zuerst im Heilig-Kreuz-Garten zum Historienspiel hervorsprudelt, zusammen- und auseinanderströmt, sich entfaltet, um anschließend durch die festlich geschmückte Altstadt zu fließen.
Wer kennt nicht den Schwäbischwerder Kindertag in Donauwörth? Gab es ihn nicht schon immer? Welche Idee steckt dahinter? Wann hat alles angefangen? Wolfgang Leitner sprach für die WZ mit “Mr. Kindertag”, Felix Späth, in dessen Händen die Fäden des facettenreichen Kinder-Zauber-Spiels der Geschichte organisatorisch seit den Anfängen in unseren Tagen zusammenlaufen.

WZ: “Mr. Kindertag - mit diesem sympathischen Attribut wies Oberbürgermeister Armin Neudert in seiner Begrüßungsrede vor drei Wochen auf Sie als beauftragten Organisationsleiter hin, mit dem wir alle den Schwäbischwerder Kindertag assoziieren - wie sehen die Anfänge dieses besonderen Kinderfestes aus?”

F. S.: “Angefangen hat der Schwäbischwerder Kindertag ja schon im frühen 17. Jahrhundert, ein Schuljahresabschlussfest, als "Ruethenfest", z. B. auch in Ravensburg, Dinkelsbühl, Landsberg ... “

WZ: “Das heißt, die Kinder haben feierlich ihren Lehrern die Ruten gebracht, mit denen sie im Schuljahr zuweilen bestraft wurden?”

F. S.: “Genau so ist es! Nun, ja die Verhältnisse waren ja damals ganz anders, die Kinder haben da eine Breze bekommen, vielleicht noch eine Wurst dazu, die Lehrer ebenso, dazu noch so manches, was sie eben im Schuljahr brauchten ... tja, und die Kinder haben tatsächlich ihre Ruten geschnitten, als Tatzenstecken für das kommende Schuljahr.
Nach dem Krieg gab es dann das Kinderfest mit jährlich wechselnden Themen, Blumenkinder, gekleidet in der Tracht verschiedener Berufe. In den 70er Jahren noch waren die Eltern, die Mütter, gehalten, immer wieder Kleider zu nähen, die gesellschaftliche Stimmung änderte sich. 1977 setzten sich die damaligen Rektoren Michael Veh und Hans Baur und Bürgermeister Dr. Alfred Böswald zusammen und entwarfen die Grundzüge des heutigen Kindertages als historisches Kinderfest.
In historisch stimmigen Gewändern sollte künftig die ereignisreiche Geschichte durch die Kinder dargestellt werden. Cassianeum und Kloster Heilig-Kreuz erklärten sich bereit, den Heilig-Kreuz-Garten für dieses Fest zu öffnen. Viele Hände helfen seither mit, den Schwäbischwerder Kindertag (wie er seit 1981 offiziell heißt), vorzubereiten, Spiele und Aktionen vorzubereiten, das Historienspiel mit dem Prolog des Herolds, dem Dank der Kinder, der Segensworte und nachher dem großen Festzug durch die Stadt.”

WZ: “1977 war die große 1000-Jahre-Brückenstadt-Feier? Die City-Initiative gab es noch nicht? Sie waren im Rathaus mit dem Sachbereich “Schule" betraut?”

F. S.: “Ja, dort lag ursprünglich mein Aufgabengebiet, der Kindertag ist mir seither über die dreißig Jahre geblieben ... . Der Katholische Frauenbund war sehr aktiv, ein Nähgruppe um Rosemarie Fritz, die sich um die historischen Gewänder kümmerte, zusammen mit der damaligen Stadtarchivarin, Frau Dr. Großmann, da wurden auch schon einmal an die 100 Kostüme genäht in einem Jahr, der Fundus wuchs, parallel dazu baute Hans Baur in seiner Freizeit die Gebäude-Modelle des Tanzhauses, Färbertörle, das Jotha-Werk spendete die passenden Fahrgestelle.”

WZ: “Was mir in diesem Jahr besonders gut gefiel, war die dramaturgisch perfekte, spannende und kurzweilige Präsentation, moderiert von Wolfgang Schiffelholz, Theater Donauwörth. Wie beispielsweise die Kinder sehr diszipliniert die ja sehr komplexen historischen Szenen spielen, Epochen, die einerseits detailliert, aber eben nicht langweilig darstellen, überzeugend, unterhaltsam der Tanz der Fischer, die Besetzung der Stadt durch Schwedenkönig Gustav Adolf - woher kommen die Texte?”

F. S.: “Hans Baur kommentierte ursprünglich, oft sehr spontan, eingesponnen in viele unterhaltsame Anekdoten, das historische Spiel; später konzipierte Alfred Böswald ein Textbuch, zu dem ich selber dann entsprechend die Bühnenhandlung der Kinder durch passende Regieanweisungen gestaltete.
Übrigens: Die Modell-Stadt ist maßstabsgetreu der alten Reichsstadt nachgebaut. Für die Schwedenkanone fuhren wir ins Museum nach Ingolstadt, holten uns eine Genehmigung, diese nachbauen zu dürfen - und sie funktioniert auch ... wiederum half uns das Jotha-Werk.”

WZ: “Über dreißig Jahre: Prominente Namen fallen mir zu den Schirmherrn des Festes ein, von Dr. h. c. Franz Josef Strauß (1982), die Kinderbuchautoren Otfried Preußler (1989) und Ali Mitgutsch (2006), Gustl Bayrhammer (1992), Barbara Wussow (2000), Carolin Reiber (1996), aber auch Pater Andreas Steiner, Provinzial der Herz-Jesu-Missionare und last but not least: Pater Anton Karg, Superior, und ehemals Direktor der Realschule Heilig-Kreuz, der in diesem Jahr erneut mit dem ihm eigenen Schwung seine Verbundenheit mit Donauwörth durch die Schirmherrschaft bekräftigte ... .”

F. S.: “Ja, heuer ist der Schwäbischwerder Kindertag auf eine konzeptionell neue Grundlage gestellt worden: >Volksfest< soll es bewusst k e i n e s sein, vielmehr Donauwörther machen für Donauwörther ein Fest, so sind viele Vereine, Einrichtungen und heimische Gruppen eingebunden, der Kleine Ritter (Familie Kastl), die FFW Zirgesheim, ein Schmied, Bogenschützen, Theaterverein Donauwörth, Rotes Kreuz, Schützen- und Trachtenverein, die Pfadfinder, Elternbeiräte und viele, viele mehr. Es ist auch kein Mittelalter-Spektakel, sondern in zwölf szenischen Bildern wird möglichst die ganze Stadtgeschichte dargestellt, von den Anfängen bis zur Gegenwart, die ganze spektrale Vielfalt der Gesellschaft im Wandel der Zeit soll einbezogen werden. Als ein Bezugspunkt der Biergarten, Musik, die Spielestationen, vielleicht können da die Zünfte noch stärker präsent sein - alles aber o h n e Strom: es soll kein Musikfestival sein, dezent Musik zur Umrahmung, Raum für Unterhaltung, Spiele, gemütliches Beisammensein, abwechslungsreich für alle, die aktiv sein wollen, mit einem Aktionsprogramm, aber zu allererst: die Kinder und die Familien, kein kommerzielles Entertainement, von außen her bestellt, mit einem Schwerpunkt am Samstag, da die ganze Familie aktiv ist, Ringe werfen, Bogenschießen, Papa mit Sohn, vielleicht Opa und Oma dazu, alle zusammen.” WZ: “Ja, das wurde angenommen, Familien zogen los, es wurde gespielt, überall rührte sich etwas, Langeweile konnte keine Minute aufkommen ... .” F. S.: “So könnte der Schwäbischwerder Kindertag 2008 mit einem Bild umschrieben werden: Das Bäumchen ist gepflanzt, jetzt kann es tiefer und tiefer wurzeln!” WZ: “Vielen Dank, Herr Späth, Mr. Kindertag, für dieses Gespräch! Und weiterhin eine so geschickte Organisationshand für das Fest der Kinder und Familien!” Foto: Felix Späth (rechts im Bild) am Samstag nach der Eröffnung des Schwäbischwerder Kinderfestes gemeinsam mit dem Schirmherrn des Kindertages 2008, Pater Anton Karg, und Ulrike Heinzl, die an “Mr. Kindertags” Seite mitwirkt.

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Leitner aus Donauwörth

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