Darf’s ein bisschen mehr sein?
Was passiert, wenn Pfadfinder einen Tag im Hochseilgarten verbringen, im Jugendtreff ein DJ-Workshop stattfindet oder der Kreisjugendring mit seinem Ferienprojekt "Mäkki" durch den Landkreis Donau-Ries zieht?
Alles klar, denken Sie, hier geht es um Jugendarbeit, um Spiel, Spaß und Freizeit? Vorsicht! Was auf den ersten Blick nach Vergnügen pur aussieht, greift in Wirklichkeit viel tiefer. Wer näher hinguckt, wird feststellen: Was hier passiert, hat auch viel mit Bildung von jungen Menschen zu tun.
Erleben und Ausprobieren
Eines vorneweg: Mit „Jugendarbeit“ ist hier nicht der Nebenjob zur Aufstockung des Taschengelds gemeint. Es geht vielmehr um die Angebote und Aktivitäten von Jugendgruppen und Jugendtreffs, Vereinen und Verbänden, von Kreisjugendring und Kommunaler Jugendarbeit.
„Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn wir unsere Schulbildung vergessen haben“ erkannte bereits Albert Einstein. Bildung in der Jugendarbeit heißt deshalb Erleben, Ausprobieren, Selbsterfahrung und Selbstentfaltung, im Gegensatz zur Schule, wo nach wie vor der Leitsatz „Bildung durch Wissen“ Vorrang hat. Bildung in der Jugendarbeit, das heißt auch: Wer mitmacht, macht das freiwillig; die Inhalte und Methoden sind an den Lebenswelten von Jugendlichen orientiert und – ganz wichtig - werden von diesen mit gestaltet.
Bildung in der Jugendarbeit ist so vielfältig wie die Jugendarbeit selbst: Sie findet bei Jugendfreizeiten statt, in der Gruppenarbeit oder im Jugendzentrum. Sie wird in Erlebnispädagogik verpackt, als Jugendkulturveranstaltung angeboten oder als internationale Jugendbegegnung. Es gibt spezielle Seminare und Bildungsmaßnahmen und es gibt Bildungsprozesse, die - gut versteckt - allein dadurch entstehen, dass Jugendliche zusammen mit anderen Jugendlichen etwas tun.
Wer weiß, was Jugendarbeit macht?
Gut und schön, aber wer weiß das eigentlich, außer professionellen Jugendbildungsexperten und Leitartikelschreibern? „Bildung“ hat sich in den letzten Jahren zum Mega-Thema der politischen Diskussion entwickelt. Es geht um Zukunftsfähigkeit, genau genommen um die Zukunft unserer Gesellschaft, denn: „Deutsche Schüler weltweit nur im Mittelfeld!“ lautete das niederschmetternde Ergebnis einer internationalen Studie. Es geht um Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen bei Jugendlichen. Gefragt sind „kommunikative Fähigkeiten, Verantwortungsbewusstsein, Eigeninitiative, Teamfähigkeit, Selbständigkeit und die Fähigkeit zu selbstbestimmten Lernen“. Alles Dinge, die jungen Menschen in der Jugendarbeit vermittelt werden und schon immer vermittelt wurden.
Dieses sogenannte nicht-formale und informelle Lernen wird nun als Ei des Kolumbus betrachtet, mit dem das formale Bildungssystem - sprich die Schule - erweitert und aufgewertet werden soll. Das ist schön, richtig und wichtig. Der Beitrag, den die Jugendarbeit zur Bildung von jungen Menschen leistet (oder zu leisten imstande wäre) wird dagegen kaum entsprechend wahr- und ernst genommen. Obwohl bereits vor einigen Jahren die damalige Bundesjugendministerin warnte: „Wenn wir uns nach der PISA-Studie ausschließlich auf die formale Bildung im schulischen Bereich hin orientieren, werden wir viele Kinder und Jugendliche nicht erreichen“.
Um es nochmals klar zu stellen: Die meisten Aktionen in der Jugendarbeit sind geplant und verfolgen ein Ziel. Und dieses Ziel beinhaltet oft das Wort „Bildung“. Die Bildungsarbeit in der Jugendarbeit ist - im Gegensatz zur Schule - oft „unsichtbar“, die Vermittlung geschieht durch scheinbar „spielerische“ Methoden, die Ergebnisse sind nicht unmittelbar „abprüfbar“. Nichtsdestotrotz werden die Ergebnisse erfreut zur Kenntnis genommen, auch wenn kaum jemand auf den Gedanken kommt, dass es sich dabei um Ergebnisse von Bildungsprozessen handelt.
Jugendbildung macht Arbeit
Wenn wir bei einem Ferienzeltlager Kinder mit Spaß und Freude beim Basteln, Werkeln oder Spielen sehen, dann vermuten wir nicht, dass hier gerade Bildung stattfindet. Und noch weniger machen wir uns Gedanken darüber, ob irgendwann vorher eine Betreuerschulung stattgefunden hat, ob für das Zeltlager ein pädagogisches Konzept entwickelt wurde, ob die Angebote und Methoden dem fachlichen Standard der Jugendarbeit entsprechen usw. Und doch passiert genau das Tag für Tag und Jahr für Jahr in der Jugendarbeit! Kein Zeltlager ohne Betreuerschulung, keine Gruppenstunde ohne qualifizierte Jugendleiter, kein Jugendzentrum ohne pädagogisches Konzept. „Jugendbildung ist schön, macht aber viel Arbeit“ wusste schon Karl Valentin (auch wenn er eigentlich die Kunst meinte).
Frischer Wind für die außerschulische Jugendbildung
Die Kommunale Jugendarbeit und der Kreisjugendring wollen die außerschulische Jugendbildung im Landkreis Donau-Ries voran bringen. „Wir sehen durchaus Nachholbedarf!“ konstatiert Jugendpflegerin Martina Dür. Zusammen mit ihrer Kollegin Yvonne Paetel und dem kommunalen Jugendpfleger Günter Katheder-Göllner hat sie ein Bündel von Zielen und Maßnahmen zusammengeschnürt. „Jetzt heißt es Ärmel hochkrempeln und die Sache anpacken.“
„Am Ende muss etwas bei den jungen Menschen in unserem Landkreis ankommen!“ betont Katheder-Göllner. Denn einen Fehler wollen die drei nicht begehen: Zuviel über die Sache reden und zu wenig dafür tun. Also sind in der nächsten Zeit eine Reihe von Aktivitäten geplant. Zuerst wird es darum gehen, Mitstreiter ins Boot zu holen und zu schauen, wer bereits was macht in der außerschulischen Jugendbildung. Ein regelmäßiges Forum für alle Anbieter und Interessierten soll zum Informations- und Erfahrungsaustausch dienen und Ausgangspunkt für gemeinsame Projekte und Angebote werden.
Das erste Treffen findet am 20. März 2007 in Donauwörth, am 18. Juni geht es weiter. Dann gibt es Gelegenheit, aus erster Hand etwas über „Jugend in Deutschland“ zu erfahren.
Bürgerreporter:in:Nicola Richter aus Donauwörth |
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