400 Jahre Kreuz- und Fahnengefecht Ausstellung im Haus der Stadtgeschichte
Geschichte, auch die große Weltgeschichte, geschieht immer an einem Ort; wie ein Ereignis einen Wendepunkt in der Geschichte Europas und insbesondere des christlich-religiösen Europas darstellen kann, wird anschaulich und auch für den Laien - trotz komplexer historischer Zusammenhänge, anschaulich aufgezeigt.
Kreuz- und Fahnengefecht 1606:
Eröffnung der Ausstellung im Haus der Stadtgeschichte im Rieder Tor
Durch einen ökumenischen Wortgottesdienst im Donauwörther Münster und einer Veranstaltung im Zeughaus sowie im Rieder Tor wurde am Dienstag vergangener Woche in Donauwörth an ein tragisches Ereignis erinnert, durch das die damals (noch) freie Reichsstadt Geschichte schrieb: durch das sog. Kreuz- und Fahnengefecht.
Christen beider Konfessionen fanden sich in der Donauwörther Stadtpfarrkirche ein, um des verhängnisvollen Ereignisses vor 400 Jahren zu gedenken. Dekan Reinhard Freund und Pater Marcus Klemens zelebrierten gemeinsam den von der evangelisch-lutherischen und katholischen Gemeinde gestalteten Gottesdienst, der musikalisch vom Crescendo- und Posaunenchor umrahmt wurde.
Dekan Freund unterstrich in seiner Predigt, dass jenes historische Ereignis, das „kein Jubeltag, sondern ein schwarzer Tag“ werden sollte, dennoch eine ungebrochen aktuelle Bedeutung für uns habe, obgleich wohl viele nur mit „Kopfschütteln“ in die Geschichte zurückblicken können. Denn jene Intoleranz, die am Markustag des 25. April 1606 in den handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen den katholischen Prozessionsteilnehmern und den protestantischen Angreifern zum Ausdruck komme, zeige sich auch heute noch in Fremdenfeindlichkeit oder allgemein, wenn das Anderssein eines Menschen Menschen provoziert, aggressiv zu agieren.
Viele „kleine Schritte hinter Jesus her“ führten dazu, zu lernen, worauf Toleranz und Friedfertigkeit beruhen: Dialog- und Konfliktfähigkeit. Kirchengeschichte zeige, wie immer wieder an die Stelle wahrhaft christlichen Dienens Herrschaftsansprüche getreten sind, die mit Schwertern durchgesetzt werden sollten, anstatt „Schwerter zu Pflugscharen“ zu machen.
Bereits seit 1573 kam es immer wieder zwischen den Benediktinern von Heilig Kreuz und dem Rat der Reichsstadt zum Streit um den Prozessionsweg: Sollte die Prozession über die Reichsstraße oder über die Kronengasse gehen? Durften die Fahnen in die Innenstadt? Durfte die Prozession mit lautem Beten und Gesang geschehen oder sollte sie nur im stillen Gebet ablaufen? Zum verhängnisvollen Eklat kam es, als im Jahr 1606 die Bittprozession von Auchsesheim nach Donauwörth zurückkehrte: am Donautor sollten alle Nicht-Donauwörther umkehren – der Konflikt mündete diesmal in eine folgenschwere Prügelei.
In der Folge verlor Donauwörth den Status der freien Reichsstadt und fiel an Bayern, das die Stadt mit einem 6000 Mann starkem Heer besetzte. Die Reichsacht, die durch den Kaiser verhängt worden war, blieb bis 1609. Zudem wurden die Kosten des Besatzungsheeres Donauwörth zur Last gelegt. Die Kluft zwischen Protestanten und Katholiken verlief nun so tief, das der Reichstag zu Regensburg 1608 ergebnislos aufgelöst wurde. Zehn Jahre später tobte der Dreißigjährige Krieg, in dem sich militärisch die Spannungen zwischen katholischen und protestantischen Staaten Europas entluden.
Oberbürgermeister Armin Neudert empfing anschließend im Zeughaus, wo Dr. Ottmar Seuffert ausführlich auf das historische Ereignis, seine Folgen und Auswirkungen sowie dessen Präsentation im Haus der Stadtgeschichte anhand einer Leinwandprojektion darlegte: Im Rahmen einer Sonderausstellung (vom 26. April bis 31. August) können dort historische Dokumente und Exponate angesehen werden, die die Ereignisse rund um das Kreuz- und Fahnengefecht veranschaulichen. Schulklassen und nach Bedarf bietet sich die Chance einer Führung (Tel.: 0906 / 789 – 181 oder – 180).
Die historische Relevanz des Ausstellungsthemas wie auch die didaktische und spannende Eloquenz Dr. Seufferts, mit dem es ihm gelingt, den Verlauf der Ereignisse anschaulich und subtil zu vergegenwärtigen, stellt zweifellos einen sehr guten Grund dar für Schulklassen und auch für sonst historisch Bildungshungrige, die Chance zu ergreifen, um einem Stück Stadtgeschichte, die sich als zentraler Bestandteil europäischer Geschichte erweist, und damit die Ausstellung tiefer kennenzulernen. Eine Exkursion zum Rieder Tor ins Haus der Stadtgeschichte ist außer Frage sehr lohnenswert.-
Bürgerreporter:in:Wolfgang Leitner aus Donauwörth |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.