Eine Geschichtsstunde zu 785 Jahre Peterswörth - Dr. Alfred Spiegel sprach im Bürgersaal
Es waren wechselhafte Jahrhunderte die die Peterswörther seit der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes in einer päpstlichen Urkunde aus dem Jahr 1225 erlebten. Zu einer Geschichtsstunde im Zeitraffer konnte Walter Kaminski, Vorsitzender des Peterswörther Sprachrohrs, anlässlich 785 Jahre Peterswörth den Historiker und Vorsitzenden des Historischen Bürgervereins Gundelfingen Dr. Alfred Spiegel als Referenten im Bürgersaal begrüßen. Dr. Spiegel ging vor über 60 Zuhörer auf die Entstehung der Gemeinde Peterswörth, deren historisch-politischen Entwicklung und die Besitzverhältnisse ein, blickte dann auf den Alltag der Menschen im Laufe der Jahrhunderte zurück und beschäftigte sich abschließend mit der Frage des Wandels und der Kontinuität.
Von zwei Mansen, darunter verstand man bäuerliche Siedlerstellen, in „Werde“ war in der ersten Urkunde die Rede. Etwa 50 Jahre später findet man im bayerischen Herzogsurbar, dass der bayerische Herzog als Vogt des Klosters Echenbrunn von „Werd“ diverse Abgaben darunter 20 Lämmer und Käse erhob. Der Name des Ortes weist auf seine Lage am Wasser hin, dies zeigt, so Spiegel, dass Peterswörth von Anfang an mit Fischfang zu tun hatte. Wahrscheinlich war Peterswörth eine Halbinsel inmitten reicher Fischwasser. Im Laufe der Jahrhunderte wurde aus „Werd“ über „Santpeterswerd“ und „Peterswerd“ (1473) das heutige Peterswörth.
Das Kloster Echenbrunn war, so ist der ersten urkundlichen Erwähnung zu entnehmen, obrigkeitliche Instanz und Grundherrschaft. So mussten die Peterswörther den Befehlen und Anweisungen der Äbte Folge leisten, Abgaben und Frondienste erbracht werden. Wie hart die Sitten der damaligen Zeit waren, veranschaulichte Dr. Spiegel am Beispiel des Hans Kummer aus Peterswörth. Der konnte seine Schuld in Höhe von 32 böhmischen Gulden nicht begleichen. Abt Johann von Echenbrunn zog dessen Besitz 5 Joch Acker und 2 ½ Tagwerk Wiese komplett ein. Seit dem späten Mittelalter waren die Herzöge von Bayern die eigentliche Obrigkeit. Einen Einschnitt brachte das Jahr 1505 Peterswörth kam zum Kurfürstentum Pfalz-Neuburg und unter Pfalzgraf Ottheinrich wurde die evangelische Religion eingeführt, was zu einigen Verwerfungen führte. 1837 kam Peterswörth zum Kreis „Schwaben und Neuburg“, seit 1862 war dann das Bezirksamt Dillingen die rechtlich zuständige Behörde und bis 1978 blieb Peterswörth selbstständige Gemeinde.
Ausführlich ging Dr. Spiegel auf den Alltag der Menschen auf dem Land ein. Und widmete sich einem zentralen Thema, der Sozialgeschichte. In einem von Land- und Forstwirtschaft geprägten Gebiet, waren die Menschen ständig von der Natur, der Witterung und dem Klima abhängig. Die Lage an der Donau hatte gravierende Auswirkungen auf den Alltag. Der ungebändigte Fluss mit seinen zahlreichen Windungen, Nebenläufen und Altwässern trat immer wieder über die Ufer und zerstörte Felder und Wohnraum. Aber auch in Überschwemmungsfreien Zeiten war der Alltag der Bauern hart und karg. Ackerbau wurde in der damals üblichen Dreifelderwirtschaft betrieben. Das tägliche Essen war einfach und bestand aus Fladenbrot, Rüben, Kohl und Hülsenfrüchten. Fleisch gab es von den selbst geschlachteten Tieren nur an Festtagen.
Feste zu feiern verstanden die Bauern aber auch, Dr. Spiegel wies auf die zahlreichen religiösen Feiertage hin, die wie aber auch persönliche Anlässe z.B. Taufen vom ganzen Dorf miterlebt und mitgefeiert wurden.
Politische Ereignisse erschütterten den ohnehin nicht gerade einfachen Alltag der Menschen auf dem Land. So war Peterswörth im Rahmen der Belagerung Gundelfingens 1462 besonders betroffen. Die Belagerer hielten sich bei den Bauern schadlos und raubten Vieh, Getreide, Most und Bier. Ein schmerzhafter Einschnitt war der deutsche Bauernkrieg 1525. Das Heer des Schwäbischen Bundes, das die Bauern gnadenlos bekämpfte, war im Frühsommer 1525 in Peterswörth stationiert. Auch der 30 jährige Krieg machte vor Peterswörth nicht Halt. 1620 bezogen bayerische Truppen Feldlager und viele Peterswörther Bürger starben entweder durch Drangsalierung der Truppen oder im Pestjahr 1628/1629.
Bis weit ins 20. Jahrhundert war die Kirche mit ihren Gottesdiensten Mittelpunkt nicht nur des religiösen Lebens, sondern auch sozialer Treffpunkt und verbindliche Institution im Dorf. Das erste Gotteshaus war wohl eine kleine Kirche und stand nicht am Ort der jetzigen Kirche, sondern näher am Hauptarm der Donau. Die Kirche wurde, wie überliefert ist, ein Opfer der Donaufluten.
Das religiöse Leben in Peterswörth wurde durch die zwei Religionswechsel im 16. und 17. Jahrhundert nachhaltig beeinflusst. 1818 wurde Peterswörth kirchlich von Echenbrunn getrennt, Gundelfingen zugeordnet und 1843 auf wiederholten Antrag der Gemeinde Peterswörth zur selbständigen Pfarrei ernannt. Kirche war damals gesellschaftlicher Brennpunkt und von hohem Erlebniswert. Heute, so Dr. Spiegel, würde man sagen, die Kirchenfeste hatten Eventcharakter. Die Kirchenrechnungen der Pfarrei St. Peter und Paul geben dazu beachtliche Hinweise. Umgänge, Prozessionen und Wallfahrten spielten im katholischen Leben seit dem Spätmittelalter in Peterswörth eine wichtige Rolle. Bis heute erhalten hat sich die Fronleichnamsprozession, die seit dem 16. Jahrhundert urkundlich belegt ist. Die kirchlichen Feste waren ein wichtiger Bestandteil des örtlichen Brauchtums, der Zusammengehörigkeit der Bewohner, eine Abwechslung und Höhepunkt im Alltag, betonte Dr. Spiegel. Für uns in der heutigen Mediengesellschaft unvorstellbar, doch diese Religiosität und das damit verbundene Brauchtum gaben den Menschen Halt und Vertrauen,
Vom Fischerdorf zur ländlichen Wohngemeinde mit diesem Thema beschäftigt sich Dr. Spiegel im letzten Teil seines spannenden, einen tiefen grundlegenden geschichtlichen Einblick vermittelnden Vortrags von Dr. Spiegel.
So entwickelte sich die Einwohnerzahl vom Jahr 1495 mit etwa 50 auf ca. 430 im Jahr 1887 bis 1973 die Einwohnerzahl auf 490 anwuchs. Heute leben 740 Einwohner in 256 Gebäuden in Peterswörth. Die wirtschaftliche Struktur des Ortes veränderte sich im Laufe der Jahrhunderte. So ging die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ständig zurück. Die Zahl der Pendler nimmt zu, vor allem ins nahe Gundelfingen und nach Günzburg. Peterswörth wandelte sich vom reinen Bauerndorf zur ländlichen Wohngemeinde. Doch trotz dieser einschneidenden Veränderung und eines damit einhergehenden Umgestaltungsprozesses hat Peterswörth seine innere Identität bewahrt, attestierte Dr. Spiegel den Peterswörthern. Denn auch nach der Eingemeindung blieb das innerörtliche Leben mit vielen Vereinen, und somit eine Verwurzelung mit der Heimat bestehen. Peterswörth wurde nicht eine gleichförmige Schlafstätte.
Für den Historiker Dr. Spiegel eine bemerkenswerte Tatsache, die es, und dazu ermunterte Dr. Spiegel die Zuhörer abschließend, „machen Sie weiter so, vergessen sie die Geschichte nicht, seien sie ein bisschen Stolz auf ihr Peterswörth, dann können sie in 15 Jahre das 800 jährige gebührend feiern.“
Bei einem gemeinsamen mittelalterlichen Mahl zubereitet vom Hotel Gasthof Sonne in Echenbrunn gab es noch genügend Zeit, um über die Ortsgeschichte zu reden.