Orcas, Delphine, Seehunde: Teneriffa - zu Besuch im Loro Parque / Loro Park
"Der obligatorische Besuch auf den Kanarischen Inseln", oder, wie es im Original heißt: El "must" de Canarias.
So wirbt der Loro Parque, einer der größten Steuerzahler auf den Kanarischen Inseln, flächendeckend auf Teneriffa. Die Werbung grüßt von Taxi-Türen, von Abfalleimern und von riesigen Plakatflächen. Allüberall, natürlich auch in Prospekten, die auf der ganzen Insel zu haben sind.
Wer dermaßen wirbt, hat sicherlich auch etwas zu bieten. Wenn es auch eine lautstarke Gruppe von Gegnern gibt, die sich vor allem an den Lebensbedingungen der Orcas und Delphine Freizeitparks dieser Art stößt: Siehe Links unten. Doch der Loro Parque besteht ja nicht nur aus Orca- und Delphinshow:
Am 17. Dezember 1972 wurde der "Loro Parque" speziell für Papageien gegründet und hat sich über die Jahre in eine der herausragendsten Attraktionen der Kanarischen Inseln, mit bis jetzt mehr als 44 Millionen Besuchern entwickelt. Der Loro Parque befindet sich im Orotavatal an der Nordküste Teneriffas und ist das ganze Jahr über von einem frühlingshaften Klima begünstigt.
Anfänglich umfassten die Installationen eine Gesamtfläche von 13.000 Quadratmetern, in dem sich die natürlichen Lebensräume der Tiere widerspiegelten. Heute ist die Fläche des Parks mit 135.000 Quadratmetern 10 mal so groß und enthält die weltweit größte und artenreichste Papageien-Genreserve mit knapp 4.000 Exemplaren aus 350 Arten und Unterarten.
Wir besteigen den "Loro Parque Express", der uns kostenfrei vom Zentrum Puerto de la Cruz zum Park bringt. Kleine Stadtrundfahrt eingeschlossen, denn die Fahrt zieht sich lange, und wer nahe der "Lok" sitzt, dem kann es schon mal schlecht werden durch die Abgase, die diese in die Luft abgibt. Als wir die Kernstadt verlassen, fahren wir noch eine Zeit lang an hübschen schwarzen Stränden vorbei.
Kurz nach dem Kassenhäuschen fallen uns die Häuser nach Thai-Art auf, die an einem Teich stehen, der von Kois nur so wimmelt. Was Thailand mit Papageien zu tun hat, wird nicht so direkt erklärt. Nur die (vorher schon oder erst nach dem Bau) enge Verbindung zum thailändischen Königshaus wird immer wieder gerne hervorgehoben.
Wir haben uns die Zeiten eingeprägt, zu denen die Orcas und Delphine ihre Kunststücke vorführen. Da wir recht früh dran sind, ist bis zur ersten "Show" noch genügend Zeit, und wir begeben uns zum Gebäude, der mit "Planet Penguin" bezeichnet ist.
Auf dem Weg dorthin kommen wir bei der Villa Gorilla vorbei. Hier können auf 13.000 Quadratmetern in einem natürlichen Lebensraum Gorillas beobachtet werden. Uns imponiert vor allem ein nahezu reglos da sitzender Gorilla, der maximal einmal den Kopf bewegt. Aber er gibt uns Stoff zum Nachdenken über die Zukunft der stattlichen Tiere in ihrer Heimat. Der hier in einer reinen Männergruppe gehaltene "Westliche Flachlandgorilla" (Gorilla gorilla gorilla), ist in der Natur vom Aussterben bedroht.
Angekommen auf dem "Planet Penguin" gehen wir durch den Eistunnel am Eingang des Pinguinariums und stellen uns auf ein Laufband, das uns rund um ein mit Glas abgetrenntes Gelände führt. Hier wurde ein Eisberg errichtet, auf dem über 200 Pinguine leben. Es schneit tatsächlich aus mehreren Löchern in der Decke! Königs-, Zügel- und Felsenpinguine leben im Pinguinariums in angepassten Temperatur- und Lichtverhältnissen ihres ursprünglichen antarktischen Lebensraums.
Es wird Zeit für die erste Show: Im Delfinarium erwarten uns nicht nur zahlreiche Menschen, sondern auch die Trainer, die uns zusammen mit den Delphinen zahlreiche Kunststücke vorführen. Flipper, den wir als Kinder im Fernsehen geliebt haben, at his best.
Viel zu kurz ist die Show, schon strömt die Menge in eine noch größere Arena, um sich die OrcaOcean Show anzusehen, die gleich anschließend stattfindet. Weil die Orcas dazu angehalten wurden, am Beckenrand ihren massigen Körper ins Wasser platschen zu lassen, werden die Besucher gewarnt, sich ohne Regenkleidung auf dem ersten Drittel der Plätze niederzulassen. Das gehört aber zur Show, sich richtig nass machen zu lassen - natürlich erst nach dem Kauf einer Regenhülle.
Kameras sind immer dabei, die sowohl die Zuschauer als auch die Trainer und die Protagonisten, Orcas aus dem Freizeitpark SeaWorld (USA) und Morgan, ein Orca-Mädchen, auf den großen Bildschirm zu bringen, der das Vorführbecken dominiert.
Die Zuschauer haben sehr viel Spaß an der professionellen Vorführung der Kunststücke der großen Meerestiere. Hoffentlich denken einige von ihnen auch an die Geschichte dieses Teils des Loro Parque. Dietmar Bittrich schreibt in seinem amüsanten Anti-Reiseführer "Alle Orte, die man knicken kann", als Abschluss des Kapitels über Afrika im Kasten auf Seite 158 des rororo-Taschenbuches:
"Puerto de la Cruz, Teneriffa: Ein Vergnügungspark als Lieblingsort der Orcas. Die Schwertwale, die im Meer hunderte Meter tief tauchen müssen, bekommen ihr Futter im Loro Parque schon im Drei-Meter-Becken! Ohne Wellen, ohne Strömung, ohne Konkurrenz. Nur ein paar Kunststücke sind nötig."
Nett, und erst auf den zweiten Blick zynisch. Der Loro Parque stellt seine Philosophie folgendermaßen dar (nachzulesen auf der homepage):
Die Tiere hätten mit der Zeit eine sehr enge emotionale Bindung zu ihren Pflegern aufgebaut, mit denen sie täglich trainierten und spielten.
"Die spielerische Interaktion mit den Tieren ist neben den Übungen, die sie während der Shows durchführen, ein fundamentaler Bestandteil der Haltung und zielt darauf ab, die Tiere glücklich und gesund zu halten."
Ich selbst habe kein Studium hinter mir, das mich beurteilen lässt, ob die Orcas mit diesem System glücklich sind. Anfangs, nach der Umsiedlung aus den USA, hätten sie ja das Becken erst einmal verwüstet, und später einen Trainer getötet, wie berichtet wurde, aber wie es ihnen jetzt gerade geht, das kann ich nicht beurteilen. So wenig vermutlich wie der Leiter des Qualitäts- und Umweltmanagements der TUI, Dr. Harald Zeiss, der sich die Gegebenheiten angesehen hat und, wie man nachlesen kann, auf die Schnelle nichts daran auszusetzen hatte. Eine spätere genaue Inspektion vorbehalten. Also wirbt TUI weiterhin für den Loro Parque, während andere Reiseveranstalter (FTI) da schon kritischer sind.
Wir jedenfalls sind beeindruckt von der Show, die ruhig länger hätte dauern können. Nach einem Mittagsmahl auf der Terrasse eines der Restaurants in der Nähe sehen wir uns noch die Loro- und die Seelöwenshow an. Wie überall auf der Welt beeindruckt auch hier im Loro Parque das Aquarium und Haifischtunnel mit seinen verschiedenen Fisch- und Korallenarten. Besonders witzig die Gruppe von Haifischen, die es sich am Ende des Tunnels direkt über den Besuchern gemütlich machen.
Ein Highlight, ganz im Gegensatz zu den im "Dschungel" versteckten Papageienkäfigen, die wegen der Dichte der Gitter und der Dunkelheit in zahlreichen Käfigen kaum Gelegenheit zum Fotografieren bieten, begeistert uns die riesige Voliere, genannt "KATANDRA TREETOPS" , die am 24. September 2009 ihre Pforten öffnete. Katandra bedeutet Gesang der Vögel in der Sprache der australischen Ureinwohner und Treetops bezeichnet die Baumkronen. Katandra Treetops beherbergt hunderte von Vögeln verschiedener Arten und Unterarten, von denen wir in der Kürze der Zeit natürlich nur einige wenige genauer betrachten können.
In dieser Voliere reisen wir quasi nach Australien, finden zwischen Hängebrücken und verschlungenen Wegen einige hübsche Fotomotive der gar nicht scheuen Vögel und stehen Loris, Kakadus, Emus und vielen anderen Arten Auge in Auge gegenüber, inmitten einer bezaubernden Pflanzenwelt. Eine gelungene Attraktion!
Natürlich gibt es in diesem kombinierten Zoo und botanischen Garten noch viel mehr zu sehen, aber das überschreitet den Rahmen dieses Kurzberichtes bei weitem. Nur ein Tipp dazu: Man sollte einen ganzen Tag für den Besuch des Loro Parque einplanen, und jede Menge freien Platz auf dem Speicherchip seiner Digitalkamera bereitstellen.
Zum Abschluss noch ein neuer Aspekt, der einem bei diesem Freizeitpark nicht sofort in den Sinn kommen mag: Man gründete die "Loro Parque Fundación", eine international agierende Stiftung, die darauf abzielt die Gesellschaft zum Natur- und Umweltschutz aufzurufen. Ein schlauer Schachzug. Damit stellt sich der Park nicht mehr direkt als gewinnorientiertes Unternehmen dar, sondern eine gemeinnützige Stiftung. Wer also gesellschaftlichen Druck (wegen Orcas und Delphinen) aufbauen will, muss nun gegen eine Stiftung ankämpfen (Weichziel), nicht gegen einen großen Freizeitpark (Hartziel). Natürlich muss der Park Gewinne erwirtschaften, aber er hat schon mal die Papageiensammlung an die Stiftung übereignet.
Zudem übernimmt der Park die Verwaltungskosten der Stiftung, die jährlich ca. 1.500.000 US Dollar erreichen, und somit kann 100% des Einkommens in die Schutzprojekte fließen. Zu diesem Zweck investiert der Loro Parque jedes Jahr fast 2.500.000 US Dollar in den Naturschutz. Derzeit fördert die Loro Parque Fundación 36 aktive Artenschutz-Projekte, zusätzlich zu den erzieherischen Projekten, die die Nutzung der neuesten Technologien mit didaktischen Aktivitäten in den Schulen kombinieren.
Daumen hoch also für den Loro Parque und die Loro Parque Stiftung. Bei den Orcas und Delphinen gibt es offenbar, wenn man sich im Internet umhört, noch Handlungsbedarf.
Noch ein Hinweis für Behinderte: Fast alle Attraktionen sind mit dem Rollstuhl zugänglich. Rollstühle werden Ihnen auf Hinterlegung einer Kaution von 30 € oder eines Ausweises gratis zur Verfügung gestellt. Wer (noch) keinen Rollstuhl braucht, aber gehbehindert ist, kann sich relativ barrierefrei bewegen. Außer der Vogelvoliere, wo man Treppen steigen muss, und dem Orca-"Stadion", wo man sich in die oberen Reihen flüchten muss, um nicht nass zu werden, ist mir nichts aufgefallen, was einen Besuch stark behindern würde.
Voll von Eindrücken quetschen wir uns in die Waggons des "Loro Parque Express", der uns schnell und sicher ins Zentrum von Puerto de la Cruz zurück bringt.
PS: Wer Delphine und Wale gerne in natura begegnen will, muss nur über die Flanke des Vulkans nach Los Gigantes fahren. Ein Bericht von einer "Whale Watching Tour" findet sich hier:
Wale und Delphine vor Teneriffa: Mit dem Boot vor Los Gigantes auf Walbeobachtung:
http://www.myheimat.de/dillingen/freizeit/wale-und...
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Der Loro Parque dreisprachig im Internet:
http://www.loroparque.com/
auch im Gesichtsbuch:
http://www.facebook.com/loroparque
Die Gegner des Parks:
Wal- und Delfinschutz-Forum stellt nach tödlichem Unfall Strafanzeige gegen Loro Park http://www.pressmap.de/wal-und-delfinschutz-forum-...
Über Glück oder Unglück für die Meerestiere im Loro Parque:
http://www.forumteneriffa.de/teneriffa_forum/umfra...
Tod von Orca-Trainern und Delfinschutz lässt FTI Touristik nicht kalt:
http://reisephreak.jimdo.com/2013/11/22/tod-von-or...
The business of captivity - story about the past - truth about the present shown with the sample of Morgan
http://ow.ly/rgwEq
Free Morgan Foundation
http://ow.ly/rgwVi
Wale und Delfine: Darf man “die Menschen des Meeres” gefangenhalten? http://ow.ly/rgGvv
Kompliment Wolfgang, Du hast sorgfältig recherchiert und interessant geschrieben. Auf die Problematik mit den Orcas und anderen Meeresbewohnern in Gefangenschaft kann man nicht genug hinweisen: "Free Willy!"