Der Süden zu Gast in Dillingen: Pippo Pollina aus Sizilien und Werner Schmidbauer & Martin Kälberer aus Bayerns Süden
Vom Süden in den Süden
Auch ins Nebelloch Dillingen kommen ab und zu südliche Gedanken. "Südlich" im Sinne von "positiv", wie einer der drei Protagonisten des Programms "Süden", Werner Schmidbauer, gleich anfangs verdeutlicht.
Vorstellungsbeginn 8 Uhr: Wir waren schon um 7 Uhr abends angetanzt, denn es gab keine Platzreservierungen, ein gravierender Mangel in der Organisation, wenn ich das hier mal so anführen darf. Denn der Stadtsaal in Dillingen ist alles andere als "Konzert-freundlich" oder "Theater-freundlich". Warum? Weil man spätestens ab Reihe 6 nur noch hört, aber (fast) nichts mehr sieht, außer man sitzt am Mittelgang. Der Saal ist eben eben, anstatt atriummäßig gestaltet, so dass die jeweils dahinter liegende Reihe etwas erhöht wäre und man deshalb über die Köpfe der vorher Sitzenden hinweg sähe anstatt permanent Hinterköpfe zu "bewundern". Für knapp 40 Euro pro Karte, zum Beispiel.
Augsburg und andere Städte können den "Süden" doch auch mit Platzreservierung anbieten, warum denn nicht auch Dillingen, die Perle des "schwäbischen Barocks"?
Full house
Die Zeit geht allerdings schnell vorbei, das Publikum kommt von nah und fern, doch es ist ein ziemlich anderes als bei den Theatervorstellungen des Kulturrings (dort gibt es Platzreservierungen!). Nachdem sich der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt hat und immer noch mehr Gäste herein strömen, wird die Empore geöffnet, wo man in der ersten Reihe wenigstens sieht, wenn auch winzige Gestalten. Wohl dem, der ein Opernglas oder einen Feldstecher dabei hat.
Zick-Zack-Tournee
Bis zum Beginn der Vorstellung lesen wir, dass das Trio sich durch mehrere Länder, recht sprunghaft oft, in einer rechten Ochsentour von einer Tournee bewegt.
Zick-zackiger geht es kaum, als Beispiel der Tourneeplan von letzter Woche:
Mo. 19.11.2012 A-Wien: Metropol
Mi. 21.11.2012 A-Vöcklabruck: Stadtsaal
Do. 22.11.2012 D-Deggendorf: Stadthalle
Fr. 23.11.2012 D-Dillingen/Donau: Stadtsaal
Sa. 24.11.2012 D-Ruhpolding: Kurhaus
Dass das Trio nach so vielem hin und her erschöpft und ausgelaugt ist, kann ich nicht feststellen. Eher kommen die drei recht ausgeruht herüber. Sie leiten jeden Musikbeitrag mit einer Geschichte ein, wobei sie sich gekonnt die Bälle zuspielen. Auch der Sizilianer Pippo Pollina trägt (natürlich auf deutsch) dazu bei, wobei mir aber machnmal die Zisch- oder Schmatz- Laute beim Beenden der Sätze schon arg laut in Ohren klingen.
Was aber nicht ausreichend herüber kommt, weil vermutlich das Mikro falsch eingestellt ist, sind die Gesangstexte unseres auf bairisch singenden Barden Werner Schmidbauer. Nicht nur mir sind sie teils unverständlich, wohl auch deshalb, weil der italienisch singende Pippo den Vorteil hat, dass die italienische Sprache am Vers-Ende auf einen Vokal ausläuft, während das Bairische, dessen sich Schmidbauer meistens bedient, oft auf Konsonanten endet.
Was dazu führt, dass manche gesungenen Sätze ohne Ende dastehen. Nicht aber in den moderierten Texten, da kommt alles laut und klar verständlich an.
So richtig südlich
Alle drei sind sie im tiefen Süden ihres Landes daheim: Pippo Pollina in Sizilien und Werner Schmidbauer & Martin Kälberer im bayerischen Voralpenland. Der eine kommt vom Meer, die anderen aus den Bergen.
Als Liedermacher und Cantautore hat jeder in seiner Heimat eine große und treue Fangemeinde. Im Gepäck haben sie Lieder, die bei einem kreativen Aufenthalt in Palermo entstanden sind, von dem ausführlich erzählt wird, und zusammen sorgen sie dafür, das aus diesem musikalischen Projekt eine einzigartige Klangreise in den Süden der Herzen der Zuhörer wird. Ureigene Musikstile vermischen und befruchten sich und die Liedtexte wechseln fließend, also auch inmitten von Liedern, vom Italienischen ins Bairische und zurück.
Vier Gitarren, einige Tasteninstrumente und reichlich Perkussion, letzteres meisterlich bedient von Martin Kälberer, sorgen für einen handwerklich ausgezeichnet ausgerollten Klangteppich. Wenn auch die italienisch und bairisch gesungenen Texte (oft) nicht das Verständniszentrum der Zuhörenden erreichen können, wichtig ist die musikalische Botschaft, die auch bei Nicht-Kennern dieser Musikrichtung Hochachtung hervorruft.
Stehen und klatschen
So viel Freude kommt bei den Besuchern auf, dass die Künstler noch eine halbe Stunde Zugaben anhängen "müssen". Und weil es nach diesem 3-Stunden-Mammutprogramm so schön war, erheben sich die Zuschauer klatschend, damit sie die altbekannte Art des positiven Zuspruchs, die "standing ovation", durchführen (vom Kabarettisten Urban Priol scherzhaft versprochen "Standing Ovulation"benannt).
Trotz einiger kleiner negativer Bemerkungen gehen wir begeistert aus dem Dillinger Stadtsaal. Und die Dillinger mussten versprechen, beim Tournee-Abschluss, dem "grande finale" in Verona 2013 ein Dabeisein zumindest zu erwägen. Wir wünschen dem Trio noch viel Erfolg bei "Süden".