Wie viel Moral braucht der Mensch?
Gerade das Urteil im Fall Kachelmann spaltet im Moment die Nation. Auf der einen Seite die, Recht so, es gab keine Beweise, er musste frei kommen, auf der anderen Seite die Leute, die eher dem Opfer glaubten und anscheinend etwas mehr moralische Bedenken haben.
Doch wie sieht es aus mit der Moral im 21. Jahrhundert? Ist sie überhaupt noch zeitgemäß in einer Selbstbedienungsgesellschaft die uns Tag, täglich zeigt, dass anscheinend nur der (finanziell) erfolgreich ist, der für sich persönlich keine großen moralischen, sozialen Vorstellungen mehr hat.
Ob das nun in der Wirtschaft ist, Die Deutsche Bank fördert Unternehmen die geächtete Waffen bauen, im Sport, Blatter und die Korruptionsvorwürfe, oder in der Politik ist, ein mehrfach angeklagter Ministerpräsident wie Berlusconi regiert immer noch selbstherrlich, alles erweckt den Eindruck, Moral ist überholt. Haben ein humanistisches Weltbild, eine sozial verträgliche Ethik und eigene höhere Moralvorstellungen abgewirtschaftet, oder sollten wir uns einfach den „Vorbildern“ anpassen?
Alles um uns zeigt, um Geld und Macht zu erreichen, müssen wir uns von einigem (moralischen) Ballast verabschieden, Lug, Trug und Korruption sind immer noch bessere Garanten auf ein schöneres Leben. Und wenn wir erwischt werden, selbst dann passiert kaum etwas, schlimmstenfalls müssen wir uns mit dem ergaunerten Geld von der Macht verabschieden und den wohl verdienten Vorruhestand genießen. Erst kommt das Fressen, dann die Moral, das wusste schon Brecht.
Da erhebt sich schon die Frage, wollen wir das auch? Sicher, viele werden aufschreien und natürlich „Nein“ rufen, gerade auch Stimmen aus der Politik. Leider zeigen aber die tagtäglichen Meldungen, das reale Leben geht eben anders. Es ist ein Märchen daran zu glauben, mit harter Arbeit könnte man in Deutschland noch etwas werden. Gewinner in Nadelstreifen erbeuten das Geld anderer und damit auch ihr eigenes durch Rücksichtslosigkeit, Brutalität und dem Wegfall jeder sozialen Einstellung zu Mitarbeitern oder anders Denkenden.
Und diese Topleute werden natürlich von der Politik unterstützt, wenn alles nichts hilft eben durch Steuergelder. Das danken dann die Herren der Gesellschaft mit eigenen Boni-Zahlungen aus dem Steuersäckel. Inzwischen kann man getrost sagen, den reichsten 30 Prozent der Deutschen gehören 90 Prozent des Gesamtvermögens und diese Entwicklung wird sich in dieser Gesellschafts-- und Wirtschaftsform nicht ändern.
Und was machen wir? Wollen wir das ändern? Wenn man sich so umschaut, habe ich den Eindruck, irgendwie nicht. Während unsere Milliardäre zurück gezogen feiern, schaut sich das Hartz 4-Prekariat auf VOX an, wie Robert Geiss es auf Sylt, Kitzbühl und in Dubai krachen lässt. Aber zu einem Sozial-Aufstand oder gar einer arabische Revolution wird in Deutschland in absehbarer Zeit nicht kommen.
Vielleicht müssen wir erst von den Spaniern und Griechen lernen, die langsam verstehen, dass auch eine demokratisch gewählte Regierung so mit der eigenen Gewinnmaximierung beschäftigt sein kann, dass das Volk ignoriert wird.
Auch bei den nächsten Wahlen, bleibt ja jeder Politiker irgendwie trotzdem dabei.
Aber hier bei Griechen und Spaniern zeigt sich plötzlich eine neue, volkseigene Moral und soziale, gesellschaftliche Unterstützung der streitenden, arbeitslosen Jugend.
Ich würde mich freuen, wenn Teile diese neuen Moral und gesellschaftlichen Unterstützung auch irgendwann in den Köpfen einiger Deutscher ankommen, nur habe ich den Eindruck, das sich viele ärmere Deutsche mit ihrem Platz an Rand der Gesellschaft arrangieren und sich aufgeben.
Und die etwas besser verdienenden regen sich darüber auf, wenn die Hartzler dann 5 Euro mehr bekommen sollen. Neid, statt Moral und sozialer Verantwortung, ein typisch Deutsches Phänomen?
Ich weiß nicht wann die Götterdämmerung einer demokratischen Gesellschaft anbricht, wir haben bisher damit wenig Erfahrungen, aber wie es im Moment läuft, kann und darf es einfach nicht weiter gehen.
Das Desaster schön zusammengefasst... ;)
Das alles basiert auch sehr stark auf der "Arbeite und bete"-Konditionierung, der wir ewig ausgesetzt waren und sind (wobei egal ist, ob und welchen Gott oder Führer man dabei anbetet).
Damit hält man die Armen in Schach gegenüber den Reichen, weil man den Armen vorgaukelt, Arbeit sei etwas Gutes und sie wären die besseren Menschen und kämen ins Himmelreich, weil sie malochen - während die Reichen an sich böse seien und eher zu bedauern, weil sie ja ein sooo unerfülltes Leben führen und auch nicht in den HImmel kommen werden.
Neid ist eher gut (was ist an einem "Ich beneide dich um dein tolles Haus" schlimm?).
Missgunst ist böse ("Ich gönne dem das nicht!").
Aber m.E. basiert das auch alles eher auf Angst, die ständig geschürt wird. Angst vor angeblichem Luxusverlust, Wohlstandsniveauabsenkung, Bildungsnotstand der Kinder (weshalb man sie immer mehr dem Staat überlassen soll, weil der angeblich besser für die Kinder sorgt, aber eigentlich nur seine schmutzigen Finger nach ihnen ausstrecken will ;)) Usw.
Fazit: Alle ackern wie die Doofen, weil Nichtackern pfui ist.
Dass der Mensch dabei krank und bekloppt wird, ist nicht verwunderlich, denn es widerspricht seiner Natur, nach der er eigentlich Arbeit vermeiden muss.