Sturmwache an der Wettmarer Bockwindmühle - regelmäßige Kontrolle eines kulturhistorischen Denkmals
Kaum ist das Sturmtief „Felix“ nach Osten abgezogen, da kündigt sich schon das Sturmtief „Hermann“ an. Für die Mühle des Heimatvereins Wettmar zieht damit eine mögliche Gefahr herauf, die Windmühlen seit Beginn ihrer Entstehung grundsätzlich bedroht hat.
Sturmschäden gehören zur Geschichte der Windmüllerei und man erinnert sich vielleicht an den Orkan Kyrill, der im Januar 2007 Jahrhundertschäden verursachte und manche Windmühle zum Einsturz brachte oder wir denken an das spektakuläre Ereignis vor etwas über einem Jahr, als ein Orkan in Greetsiel von einer der Zwillingsmühlen die Mühlenkappe mit Flügelwerk herunter riss.
Um möglichen Schäden vorzubeugen, aber auch zur normalen regelmäßigen Kontrolle und Wartung sind vor zwei Jahren innerhalb der Müllergruppe des Heimatvereins vier Teams à drei Müller (inkl. Müllerin) gebildet worden, die als sogenannte Sturmwache abwechselnd über das ganze Jahr hinweg jeweils für vierzehn Tage diese Kontrollaufgabe übernehmen.
Das bedeutet für das Team, täglich bei der Mühle vorbei zu schauen. Nach außen – sichtbar für die Öffentlichkeit – wird signalisiert, das der Eigentümer bzw. die Betreiber ein ständiges Auge auf ihr restauriertes funktionierendes Denkmal haben, nach innen, dass „rund um die Uhr“ eine konkrete Verantwortung für die Mühle wahrgenommen wird.
Zu den Aufgaben der Sturmwache gehört ein Kontrollgang über das Gelände und ein Durchgang durch die Mühle. Hierbei ist vor allem die Überprüfung der Sicherungseinrichtungen wichtig (Bremse, Sturmbalken, „blockierender“ Mahlgang, Stellung der Jalousieflügel, sichere Abstützung des Steerts = Balken zum Drehen der Mühle durch den „Schrick“ = Stützkreuz), damit sich die Mühle nicht von selbst in Bewegung setzen kann. Außerdem muss durch die Teams aus Wartungsgründen die Flügelstellung bei längerem Stillstand verändert werden. Das alles wird dokumentiert im sog. Betriebsbuch.
Sehr wichtig ist jedoch noch die Stellung der Windmühle zum Wind: Die Bockwindmühle, die als ganze auf dem Bock gedreht wird, muss immer mit dem Flügelkreuz zum Wind stehen. Die Müller würden sagen, der Wind muss von „hinten“ kommen, weil für sie die Eingangsseite zur Mühle „vorn“ ist. Wenn also der Wind von „hinten“ auf die Flügel strömt, wird sie „vorn“, auf der Eingangsseite, optimal durch den Steert abgestützt. Böen von der Seite könnten ihr gefährlich werden und Wind von „vorn“, könnte die Bandbremse am großen Kammrad außer Kraft setzen.
Die Wetterkundigkeit der Müller war früher für den Erhalt der Windmühlen lebenswichtig. Der Blick in die Wolken oder zum Horizont lieferte Entscheidungsgründe beim Mahlen. Das ist auch heute im Prinzip nicht anders, aber neben dem Blick zum Himmel und einem professionellen Windsack auf dem Mühlengelände stehen auch die Wetterinformationen des Internets ständig auf dem PC oder Handy zur Verfügung. Dort lässt sich dann schon tagelang voraus absehen, ob man die Mühle im Schweiße seines Angesichts mit der Steertwinde drehen muss oder noch einige Tage etwa in der Hauptwindrichtung Südwest stehen lassen kann. Die beste Hilfe der Müller ist in diesem Falle die Website „Windfinder“, die aktuelle Wetter- und Winddaten für Segler, Surfer und andere bereit stellt.
Da die einzelnen Sturmwachen teils aus Pensionären und aus aktiven Arbeitnehmern bestehen, leistet das Internet darüber hinaus per SMS oder als App-Mitteilung auch hier als Kommunikationsmittel seinen Beitrag zur Erfüllung der gemeinsamen Aufgaben während der Sturmwachen-Zeit.
Bürgerreporter:in:Reinhard Tegtmeier-Blanck aus Wedemark |
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