Burgdorf: Ratsfrau klagt gegen Grünen-Vorsitzenden
Hannoversche Allgemeine, Dienstag 20.12.2016
Der Vorsitzende der Burgdorfer Grünen, Harald Baumgarten, und die Ratsfrau Christine Gross (Die Linke) haben sich vor dem Arbeitsgericht getroffen. Der Grüne hatte die von ihm beschäftigte Linke nach deren Wahl in den Rat gekündigt. Die eingereichte Kündigungsschutzklage endete mit einem Vergleich.
Die am 28. September ausgesprochene Kündigung erfolgte fristgerecht zum 31. Oktober. Baumgarten stellte seine Mitarbeiterin im Verkauf zudem mit sofortiger Wirkung frei. Weil seine Firma Baumgarten Büromarkt weniger als elf Mitarbeiter beschäftigt, wäre daran juristisch nichts auszusetzen gewesen. Wenn es sich bei Gross um eine normale Arbeitnehmerin gehandelt hätte.
Eine solche ist Gross aber nicht. Die Ratsfrau der Partei Die Linke war wenige Tage vor der Kündigung in den Rat gewählt worden. Nach Paragraf 54, Absatz 2, des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes genießt sie seither einen Sonderkündigungsschutz: "Es ist unzulässig, Abgeordnete wegen ihrer Mitgliedschaft aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zu entlassen oder ihnen zu kündigen", heißt es dort.
Unter Berufung auf den Sonderstatus und mit der Unterstützung eines vom DGB gestellten Rechtsbeistands setzte Gross sich vor dem Arbeitsgericht gegen die Entlassung zur Wehr. Mit dem geschlossenen Vergleich erzielte die Kommunalpolitikerin einen Teilerfolg: Baumgarten muss sie zwar nicht länger beschäftigen. Sie erhält aber eine Abfindung in Höhe von 1000 Euro brutto.
Bemerkenswert ist der Arbeitsrechtsstreit, weil Baumgarten, der sich im Gericht als "Hobbypolitiker" beschrieb, die Linke-Ratsfrau im Februar 2015 aus eigenem Antrieb und im Wissen um deren kommunalpolitische Ambitionen zum Mindestlohn eingestellt hatte. Lokalpolitische Prominenz im Verkaufsraum seines Ladengeschäfts für Schulranzen, Rücksäcke und Büroartikel könnte wirtschaftlich von Vorteil sein, stellte der Unternehmer gegenüber dieser Zeitung sein Kalkül dar. Im übrigen bestritt er im Gerichtssaal, dass das von Gross errungene poltische Mandat Anlass gegeben hätte für die Kündigung. Vielmehr habe eine Rolle gespielt, dass die gelernte Bäckereinfachverkäuferin ihn als Chef nicht hinreichend akzeptiert habe.
Das freilich sieht die Ratsfrau anders. Ihr Chef habe sie seit dem Frühjahr wiederholt genötigt, zu Wahlkampfzwecken im Internet gepostete Haltungen ihrer Partei zu löschen. Er habe sie somit bei der politischen Arbeit behindert, um sie nach ihrer Wahl zu kündigen. Baumgarten räumte auf Nachfrage ein, Gross zum Löschen von Internetinhalten der Linken aufgefordert zu haben. Allerdings nicht aus politischen Gründen, sondern weil Gross dort seine Kunden wie Stadtsparkasse und Stadtwerke angegangen sei. Pikant ist: Baumgarten kandidierte für die Grünen selbst für den Rat, bekam aber nicht genügend Stimmen.
Gross ist jetzt arbeitssuchend. Ihr früherer Arbeitgeber verpflichtete sich in der von Arbeitsrichter Thomas Bödecker am Montagvormittag geleiteten Güteverhandlung dazu, seiner Exmitarbeiterin ein Arbeitszeugnis auszustellen. Gross darf den Entwurf selbst schreiben, Baumgarten das Vorformulierte nur noch unterschreiben.
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