Burgdorf / Marktstraße 6 – Gasthaus Kelle 1972/2020
Haus Tappe / Gasthaus Kelle
Das Haus Marktstraße Nr. 6 fällt beim großen Brand von 1809 den Flammen zum Opfer. Das Nachbarhaus Nr. 5, durch eine schmale Gasse getrennt, wird von den Flammen verschont. Der Eigentümer des Grundstücks Marktstraße 6, der Seilermeister Johann Friedrich Kelle, beginnt schon 1810 mit dem Wiederaufbau seines Hauses. Er errichtet ein zweigeschossiges Fachwerkhaus mit einem Erker im Dachgeschoss.
Um 1835 wird in dem Haus eine „Schankwirthschaft“ eingerichtet. Das ist einem Protokoll des Magistrats vom 05. 10. 1855 zu entnehmen. Es heißt dort, dass der Seilermeister und Gastwirt Conrad Kelle mitteilt, sein Vater sei gestorben; er habe das Haus geerbt und bitte nun, ihm die Konzession zum Betrieb einer Schankwirtschaft, die seit rund 20 Jahren bestehe, zu übertragen.Conrad Kelle stirbt 1898. Sein Sohn, der Kaufmann und Gastwirt Hugo Kelle, führt das Gasthaus, das auch über einen Ausspann verfügt, weiter. 1910 erhält er vom Magistrat die Erlaubnis, die Rohdesche Lohgerberei hinter seinem Haus zu Wohnungen auszubauen.
In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ist das Gasthaus Kelle ein beliebter Treffpunkt von Bürgern aus dem Landkreis Burgdorf, die etwas bei den hiesigen Behörden zu erledigen haben. Auch die Beamten des Landkreises sind oft hier anzutreffen. Manches Dienstgeschäft soll – so erzählen alte Burgdorfer – nicht im Landratsamt, sondern bei Hugo Kelle abgewickelt worden sein.1937 findet sich in den Akten ein Schriftwechsel zwischen der Stadt und den Günther Wagner Pelikan-Werken in Hannover. Die Stadt beanstandet, dass zwei Pelikan-Werbeschilder ohne Genehmigung am Gasthaus Kelle angebracht worden sind. Die Pelikan-Werke begründen, warum eine Genehmigung nicht erforderlich ist. Die Stadt zieht daraufhin ihre Einwendungen zurück.Gastwirt Hugo Kelle stirbt 1944 im Alter von 78 Jahren. Sein 1906 geborener Sohn Hugo überlebt ihn nur um ein Jahr. Nach dem Tod der Mutter Helene im Jahre 1949 übernimmt Leni Kelle, die später Walter Gieseke heiratet, das Gasthaus.
Bis 1956 ist das Fachwerk des Hauses auch im Erdgeschoss sichtbar. Bei einem Umbau in diesem Jahr wird das neben dem Eingang vorhandene kleine Schaufenster entfernt. Es entstehen zwei offene durch eine Säule getrennte Eingänge, die auch die bisher in den Bürgersteig hineinreichenden Stufen aufnehmen. Die breitere Haustür schließt sich an. Ein Zementputz mit Quaderstruktur verdeckt das Fachwerk im Erdgeschoss. Das Gasthaus Kelle bekommt sein heutiges Gesicht. Leni Gieseke verpachtet die Gaststätte 1966 an die Wittinger Brauerei. Sie stirbt 1983. Neue Eigentümerin wird ihre Nichte, die Kauffrau Inge Tappe aus Burgdorf, der das Haus auch jetzt noch gehört.
Seit März 1991 ist die traditionsreiche Gaststätte geschlossen. Das denkmalgeschützte Haus ist im Rahmen der Altstadt-Erneuerung saniert worden. Die Säule am Eingang wich 2 kleineren Säulen an den Seiten. Im Haus befinden sich nun mehrere Wohnungen, zudem nutzt ein Telefonanbieter die Geschäftsräume im Erdgeschoss.
Textquelle: Heinz Neumann (Burgdorfer Stadtchronist)
Gut recherchiert. Als ehemaliger Taxifahrer kennt man natürlich das Gasthaus Kelle und gegenüber den Mond. Das war Burgdorfer Gemütlichkeit. Wie sagt man: vorbei ist vorbei. Die Kneipenkultur in Burgdorf ist sowieso am Absinken. War besser früher.