Inner Schaule am 18.6. 1946

Inner Schaule am 18.Juni 1946

Et was en Dag wie jede annere, wie seiten inne Klasse an usen Dischen, kippelen
mit den Steulen, wat wie ja eigendlich nich dröften, denn dat herr sienen Grund. Use nieen Steule herrn inne Beine Gummiproppen damit se den Fautbotten nich kaputt maken. Kippeln wie aber lange genauch, denne broken de Proppen af un wie mössten de Steule inne Stunne repariern, wobie wie natürlich keinen Unnericht moken bruken. Dat was beter as Büffeln.
Ik kann mick nich mehr rechte besinnen, wat wie grade forn Fach leeren, ick glöbe et was Musik. Alle hören usen Lehrer mucksmüseken tau, denn wer störe, de mosste Strafarbeit moken oder ne Stunne nasitten.

Urplötzlich fung et unner den Fautbotten an tau grummeln un rumoren as wie bien Erdbeben, oder was de Krieg wer utebroken, was ja noch nich altaulange her. Keiner wuste wat los was, un de Lehrer raup luthals, „alle rut, alle rut na butten!“ Wie stürmten mit Gekreische na de Dör rut. Ick snappe noch hille mienen Tornister un den von mienen Fründ, de sienen liggen elaten härre, un rennen mit den annern de Treppe runner, den langen Flur endal na en Utgang tau. Vor de Dör kammen alle int stocken, denn de annern Klassen wolln ok na butten.
Butten annekomen hörn wie denn ein Zischen un Bullern, doch keiner wusste wat et wesen könne. Ick hebbe mick noch mal ummekeken un sach bien Kalischachte ne lange Füersäule mit dustern Qualm naen Hewen upgahn.

Ick renne un renne wie ick noch nie nich erannt bin, herr Sietenstiche, aber holt nich an. Bie min Fründ hebbe ick sien Tornister innen Flur esmetten un bin wier elopen bet na Hus, dat würn vonne Schaule immerhen anderthalf Kilometer.
Tauhus stunden miene Öllern mit de Flüchtlinge, de bi üsch wohnen, vorr de Husdör un keiken allesamt in Richtung Kalischach, wo et immer noch qualme.
Mien Vader, de as Lockführer uppen Schacht arbeie, meine: „Da is bestimmt wat von de Munition explodiert“, de ja immer noch innen Schachte vonner Munitionsanstalt lagere.
So isset denn ok ewesen, dat ganze Pulver (11000 t) wat unner Dage elagert was, is explodiert un hat den Förderturm und dat Gebäude utenanner eretten.
Dabie sünd leider ok 83 Berglüe umt Leben ekomen.

Üsch aber seit de Schreck von düssen Dage noch lange inne Knoken, un in mien ganzen Leben bin ick nie wedder sau lange elopen.

Bürgerreporter:in:

Günther Jatzkowski aus Burgdorf

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