Ein kleines Geheimnis am Straßburger Münster... und seine Enthüllung
Das Straßburger Münster wird gerade 1000 Jahre alt - und birgt so manches Geheimnis... Jetzt möchte ich die geneigten Leser nicht länger warten lassen - was hat es auf sich mit diesem einen Geheimnis - und was ist die Geschichte dahinter?
Neben dem besonders geformten Nebeneingang des Straßburger Münster bemerkt der aufmerksame Besucher ein schlichtes Stück Metall das in die Wand eingelassen wurde.
Es hat jedoch keine statische oder künstlerische Bedeutung - soviel sei zunächst verraten.
Es ergeben sich dabei folgende Fragen:
- welche Bedeutung hat(te) dieser Eingang (das Satellitenbild mit dem Ortspfeil könnte einen Hinweis geben...)
und
- welche Bedeutung hat dieser Metallbeschlag?
Dieser Seiteneingang liegt auf der Südseite des Münster
das traditionell in West-Ost-Richtung erbaut ist; gegenüber diesem Seiteneingang befinden sich auf der anderen Seite eines Vorplatzes die sog. "Bauhütten oder auch Logenhäuser (von "Loggia" - Hütte). Sie waren die Werkstätten der Steinmetze, der Dombaumeister, ihrer Gesellen und Lehrlinge, sie wahrten die Geheimnisse ihrer Kunst. Zutritt hatten nur Steinmetze die sich durch Geheimzeichen ausweisen mußten.
Zwei Logenhäuser weil es eine kirchliche und später auch eine "profane" Bauhütte gab - zuerst oblag der Dombau der hohen Geistlichkeit, später jedoch übernahmen weltliche Baumeister die Oberaufsicht über die Baustelle - einem von ihnen, Erwin von Steinbach hat man bei Baden-Baden ein Denkmal gesetzt.
Zwischen diesen Häusern gibt es einen gemeinsamen Sitzungssaal in dem einige der bedeutenden Dombaumeister in Stein gemeisselt versammelt sind - darunter unschwer erkennbar auch ein Orientale - ein Zeichen dafür daß nicht nur Mathematik, Geometrie, Architektur als die Grundlagen der Dombaukunst sondern auch Dombaumeister aus dem Morgenland kamen - was Manchem heute zu Denken geben sollte...!
Auf dem Vorplatz findet sich ein steinernes Denkmal für diejenigen deren Geist und deren Kraft diesen und andere Prachtbauten erst entstehen ließen (etwas das ich an anderen Bauwerken dieser Art vermisse); hier auch zu sehen die Vielzahl der Steinmetzzeichen die sich überall am und im Münster wiederfinden. Mit diesem Zeichen markierten die Steinmetze ihre fertig bearbeiteten Blöcke, denn danach und nach der Größe und Beschaffenheit wurden sie entlohnt.
Die Bauhandwerker hatten also ihren eigenen Eingang zum Münster
, und neben diesem ist eben dieser Beschlag eingelassen.
Damals gab es noch keine universell gültigen Maße; die Dombauer (sie unterlagen übrigens nicht dem Zunftzwang) kamen aus verschiedenen Gegenden und Ländern.
Ergo mußte man sich auf der Baustelle auf ein Grundmaß einigen - in diesem Fall war es ein "Fuss". Jeder Handwerker hatte also einen Maßstab den er anhand dieses "Urmaß" anfertigte - doch die Einteilung war für einige Arbeiten zu grob. Daher sind auf dem Maßstab "unseres" Steinmetzmeisters Dietmar Wolf noch weitere Einteilungen zu sehen - die Daumen- und Handbreite, die Palme - der Abstand der äusseren, gespreizten Finger - und eben der Fuß.
Daher heißt etwas das gut gelungen ist "Es hat Hand und Fuß"!
Am und im Münster selbst finden sich ebenfalls Symbole der Steinmetze
... so die Figur des Dombaumeisters, des obersten Chef auf der Baustelle. Erkennbar an der Schriftrolle und - an seiner Kopfbedeckung ... denn allein er hatte "den Hut auf"!
Was jedoch sollten an solch einem sakralen Bau die zahlreichen Tiere? Auch sie haben eine bestimmte Bedeutung; so stellen sie z.B. bestimmte Rangstufen der Steinmetze dar - und die damit verbundenen Begriffe benutzen wir zum Teil noch heute - ohne es zu wissen.
Auf alle möchte ich nicht eingehen - nur soviel: Besonders die Anzahl der Hunde fällt auf - es handelt sich jedoch nicht um Wachhunde oder um eine besondere Tierliebe, nein: der Hund ist das tierische Zeichen - des Meisters!
Auch die Redensart "Ich lass mich doch nicht zum Affen machen!" hat ursprünglich nichts mit "äffischem Gehabe" zu tun - sondern der Affe als Symbol der Weisheit war das Tier des obersten Dombaumeisters... wer sich zum Affen machen ließ übernahm die Verantwortung für etwas für das er garnicht verantwortlich war...
Bis Ende diesen Jahres gibt es in Straßburg Führungen durch einen erfahrenen Steinmetzmeister der den Besuchern in einer gut zweistündigen Tour ums und im Münster diese und viele andere Geheimnisse und Hintergründe rund um den Bau des imposanten Straßburger Münsters interessant und unterhaltsam erklärt. (Informationen über das Touristikbüro Kehl)
Das alte geistliche Logenhaus ist als Museum eingerichtet; hier können Interessierte einen grundlegenden Einblick in die Geschichte der Entstehung des Straßburger Münster nehmen - bevor sie bei hoffentlich gutem Wetter von der Besucherplattform aus einen wunderbaren Blick über Straßburg, und die rheinische Tiefebene vom Schwarzwald bis zu den Vogesen genießen kann.
Ein interessanter Bericht über die Entstehung des Straßburger Münster findet sich hier:
http://www.badische-zeitung.de/strassburg/jahrtaus...
Und wußten Sie schon daß es natürlich auch in diesem Jahr in Straßburg ein Steinmetzfestival gab?
http://www.stein-festival.de/de/1_information/1.ph...
P.S. - Für einen Straßburgbesuch von mh- Mitusern stehe ich selbst auch gern für einen kleine Stadtführung zur Verfügung.
Zur Vorweihnachtszeit ist es übrigens am Schönsten - Straßburg hat zehn(!) Weihnachtsmärkte! Nur - das Wochenende sollte man meiden wenn es geht...
Nein, das ist es nicht... das Urmeter wurde erst 1793 in Frankreich erstmals eingeführt.
Das gezeigte Maß ist wesentlich kleiner - und viel älter.