Serie zur "Tourismusregion Geiseltal" - Etabliertenvorrechte und Tourismus in der Region

Ganz zum Schluss muss noch ein Thema angesprochen werden, was den Tourismusaufbau im Geiseltal nachhaltig negativ beeinflussen kann: Etabliertenvorrechte und Tourismus in der Region.

Argumente gibt es selten, dafür umso mehr Ressentiments gegen Touristen und Neubürger. Die Geisteshaltung erinnert teilweise an einen Diskriminierungsmechanismus, den eine Bielefelder Forschungsgruppe zum Thema „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ unter dem Stichwort „Etabliertenvorrechte“ beschreibt. Die Annahme, dass die Personen mehr zu sagen und größere Rechte haben müssten, die schon länger an einem Ort leben, ist dabei charakteristisch für dieses Denken. In unserer Region ist es offenbar leider weiter verbreitet und pflanzt sich fort.

In letzter Zeit werden in Foren, Diskussionen und am Stammtisch in unserer Region immer wieder Etabliertenvorrechte eingefordert, Neuzugezogene, sogenannte Neubürger, sollen erst mal den Ball flachhalten, bevor sie sich in der Region einmischen, so ist es dort zu hören. Was soll die Charakterisierung "Neubürger"? Soll damit ausgedrückt werden, dass neu zugezogene Bürger weniger Rechte haben, dass sie erst mal den Mund zu halten haben. - Ja, genau dies ist damit gemeint!

Diese Geisteshaltung erinnert teilweise an einen Diskriminierungsmechanismus, die Annahme, dass die Personen mehr zu sagen und größere Rechte haben müssten, die schon länger an einem Ort leben, ist dabei charakteristisch für dieses Denken.

Man sieht die Gefährdung, dass die sogenannte „alte Ordnung“ über den Haufen geworfen wird, da wird von den Neuen an gewachsenen Strukturen gezweifelt, oft mit einem anderen Wissen neu hinterfragt. Eigentlich genau das Zukunftspotenzial, das eine Region die mitten im Wandel steht benötigt.

Da stellt sich natürlich sofort auch die Frage, wenn man keine Fremden mag, will man denn eigentlich dann Touristen? Da werden den Ureinwohnern jetzt ja teilweise schon die Naherholungssuchenden aus den umliegenden Städten zu viel. Da wird mit Stolz in der Stimme davon geredet, dass man doch am Besten wieder den Stöpsel aus dem See ziehen solle.

Aber woher soll so eine Legitimation herrühren? Dieses stärkere Recht desjenigen, der länger an einem Ort ist, als ein anderer? Warum darf sich der Alte dem Neuen und das Alte dem Neuen gegenüber, noch mal durchsetzen? Die Werteordnung, die sich die Menschen geben, die in Deutschland miteinander wohnen, kennt kein stärkeres Recht des Alteingesessenen gegenüber dem Neuankömmling!

Aber da sind wir doch genau wieder an dem Punkt, es läuft rund um den See nach Jahren des Füllens immer noch kaum was richtig rund. Sind dann Personen, die über das benötigte Now How verfügen und bereit sind sich einzubringen nicht genau das, was benötigt wird? Da kommt dann aber sofort das Argument, die sind doch gar nicht von hier und können doch gar nicht wissen was hier so abgeht, die haben doch eigentlich kein Recht sich hier einzumischen.

Im Grunde soll für den Menschenschlag der Etablierten alles so weitergehen wie bisher. Aber ist nicht alles seit Jahren, Jahrzehnten schon im Wandel? Die Region hat die Wende hinter sich und die Aufgabe der Braunkohleförderung, die Sanierung der Braunkohleindustrie und jetzt den Wandel zu einer Tourismusregion.

Warum aber soll man sich einer öffnenden Entwicklung verweigern? Was ist schlecht an Entwicklung und wie kann man fordern, die alten Regeln gegenüber den Bedürfnissen der Neuen, des Neuen durchzusetzen, zu konservieren? Man ist keine Braunkohlenproduktionsregion mehr, alles geht in Richtung Tourismus. Für die Ansiedlung neuer Industrien gibt es nun wirklich keinen triftigen Grund mehr, aber für den Tourismus viele positive Gründe!

Offen werden für Neues und dem Auseinandersetzen damit ist angesagt. Fremdes Now How gezielt nutzen, anpassen wenn erforderlich, denn das Rad muss nicht neu erfunden werden.

Zur Erklärung: Etabliertenvorrechte umfassen die von Alteingesessenen, gleich welcher Herkunft, beanspruchten raum-zeitlichen Vorrangstellungen, die auf eine Unterminierung gleicher Rechte hinauslaufen und somit die Gleichwertigkeit unterschiedlicher Gruppen verletzen. Für 35,1 % der Befragten im Jahr 2007 sollten diejenigen, die schon immer hier leben, mehr Rechte haben als solche, die später zugezogen sind (2002: 40,9 %; 2004: 35,5 %). Und wer neu sei, solle sich erst mal mit Weniger zufriedengeben; 52,8 % vertreten eine solche Auffassung (2002: 57,8 %; 2004: 61,5 %). Aus Wickipedia.

Bürgerreporter:in:

Krohn Jürgen aus Braunsbedra

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