G e d i c h t
"Herbstschau ..." - Anna Dix (1874 - 1947)
Nun hält mein Auge herbstlich stille Schau,
der Baum vor meinem Fenster steht entlaubt,
in meine Kammer blickt des Himmels Blau.
Zur Sommerzeit ist mir sein Glanz verhüllt,
der dunkle Rahmen von der reichen Pracht
der dichten Blätter, goldig grün, gefüllt.
Ihr still Verbleichen sah ich jüngst mit Schmerz,
sie sind verweht. Sei mir gesegnet, Herbst!
Der Himmel schaut aufs neu' in Aug' und Herz!
In schönem Ritual, lieber Eugen, beende ich den Tag mit einem Trakl-Vers! ;-))
Der Herbst des Einsamen > Georg Trakl
Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle,
Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle;
Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen.
Und hier und dort ein Kreuz auf ödem Hügel;
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert übern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruhige Gebärde.
Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel
Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde.
Bald nisten Sterne in des Müden Brauen;
In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden.
Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.
*
Herzliche Grüße zur Nacht,
Romi