G e d i c h t
"Herbstgefühl ..." - Emanuel Geibel (1815 - 1884)
O wär' es bloß der Wange Pracht,
die mit den Jahren flieht!
Doch das ist's, was mich traurig macht,
dass auch das Herz verblüht;
Dass, wie der Jugend Ruf verhallt
und wie der Blick sich trübt,
die Brust, die einst so heiß gewallt,
vergisst, wie sie geliebt.
Ob von der Lippe dann auch kühn
sich Witz und Scherz ergießt,
's ist nur ein heuchlerisches Grün,
das über Gräbern sprießt.
Die Nacht kommt, mit der Nacht der Schmerz,
der eitle Flimmer bricht;
Nach Tränen sehnt sich unser Herz
und findet Tränen nicht.
Wir sind so arm, wir sind so müd,
warum, wir wissen's kaum;
Wir fühlen nur, das Herz verblüht
und alles Glück ist Traum.
In schönem Ritual, lieber Eugen, beende ich den Tag mit einem Trakl-Vers! ;-))
St.-Peters-Friedhof > Georg Trakl
Ringsum ist Felseneinsamkeit.
Des Todes bleiche Blumen schauern
Auf Gräbern, die im Dunkel trauern –
Doch diese Trauer hat kein Leid.
Der Himmel lächelt still herab
In diesen traumverschlossenen Garten,
Wo stille Pilger seiner warten.
Es wacht das Kreuz auf jedem Grab.
Die Kirche ragt wie ein Gebet
Vor einem Bilde ewiger Gnaden,
Manch Licht brennt unter den Arkaden,
Das stumm für arme Seelen fleht –
Indes die Bäume blüh'n zur Nacht,
Daß sich des Todes Antlitz hülle
In ihrer Schönheit schimmernde Fülle,
Die Tote tiefer träumen macht.
*
Herzliche Grüße zur Nacht,
Romi