Entdeckungsreise in einer 'Trutzburg' Gottes
Auf eine Entdeckungsreise in die Vergangenheit der Laurentiuskirche in Bieber begab ich mich am 03. Oktober 2017.
Das Dorf Bieber ist ein Ortsteil der Gemeinde Biebergemünd und liegt im Main-Kinzig-Kreis. Etwa 2.200 Menschen leben heute in dem an der Grenze zu Bayern liegenden Spessartdorf, in dem bis zum Jahre 1925 Eisenerz abgebaut wurde. Im Ortskern findet der Besucher drei Kirchen:
- die Untere ehemals reformierte Kirche, die am 30. August 1767 eingeweiht wurde,
- die Katholische Pfarrkirche Mariä Geburt, die am 08. September 1854 eingeweiht wurde
und
- die Laurentiuskirche !
Die Laurentiuskirche
Die Laurentiuskirche ist das älteste noch erhaltene Bauwerk des Ortes Bieber und gehört zum Biebergrund wie der kleine Fluß 'Bieber' und der Spessartwald. Durch die weit geöffnete Kirchentür kommt Herr Peter Nickel mit einem freundlichen Lächeln mir entgegen. Herr Peter Nickel ist der Ehrenvorsitzende des Geschichtsvereins Biebergemünd und für mich stets mein Ansprechpartner und mein 'Archiv'. Gemeinsam starten wir unsere Entdeckungsreise in die Vergangenheit der Laurentiuskirche mit dem Hinweis von Herrn Nickel: "...die ursprünglich im 12. Jahrhundert erbaute Wehrkirche wurde im Jahre 1636 von kroatischen Truppen zerstört und der Feuerschein war sicher weit hinab in den Biebergrund zu sehen. Das Feuer überstanden nur das Mauerwerk von Chor und Sakristei. ..."
Bereits beim ersten Blick in das Kircheninnere erkennt man, dass es derzeit nicht möglich ist, hier Gottesdienste abzuhalten, da die Kirchenbänke ausgebaut und die Sanierungsarbeiten in vollem Gange sind. Bei Grabungsarbeiten unter fachlicher Anleitung wurden Mauerfragmente der ursprünglichen Wehrkirche freigelegt, bei denen es sich um die rechte Grundmauer und das Fundament der südlichen Außenmauer handelte. Wie mir Herr Nickel erläuterte, haben freiwillige Helfer einen Sandsteinsockel angefertigt, die Grabungsstelle mit Schotter aufgefüllt und eine Splitt-Schicht erstellt. Die neuen Fußbodenplatten wurden darüber eingebaut und so können hier im Mittelteil die Bänke bald wieder eingebaut werden. Trotz aller Fortschritte wartet noch viel Arbeit auf die Mitglieder des Förderkreises "Laurentia", die eifrig mit vielen Aktivitäten Spenden sammeln, um die Kosten für die Sanierung aufzubringen und somit die Kirche vor dem Verfall zu bewahren und für die Nachkommen zu erhalten.
500 Jahre Reformation
Das Jahr 2017 steht ganz im Zeichen des 500. Jahrestages der Reformation, und aus diesem Anlass finden ungezählte Ausstellungen, Vorträge und Aktionen an den unterschiedlichsten Orten statt. Die Laurentiuskirche in Bieber ist ein sehr guter Ort für das Thema "500 Jahre Reformation und ihre Auswirkungen auf den Biebergrund". Dem Besucher werden die Zusammenhänge zwischen dem Konzil in Konstanz (1414-1418), dem Ablasshandel, den Erzbischöfen von Mainz, dem Bauernkrieg und dem Beginn der Reformation deutlich dargestellt. Einem jeden von uns ist Martin Luther als Reformator bekannt, aber sind es auch seine Wegbereiter wie z. Bsp. John Wyclif und Johannes Bugenhagen? Zu dieser Ausstellung hat der Geschichtsverein Biebergemünd e.V. in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirchengemeinde Bieber ein sehr ausführliches und interessantes Begleitheft veröffentlicht.
Auch wenn meine Entdeckungsreise hier zu Ende ist, so können Sie mit meinen Fotos Ihre eigene Entdeckungsreise starten oder auch persönlich die Laurentiuskirche in Bieber einmal besuchen.
John Wyclif - geb. spätestens in 1320 in der Grafschaft Yorkshire, England - gest. 1384 in Lutterworth, England
Wyclif studierte Theologie in Oxford und war dort ab 1371 als Dozent tätig. In Brügge nahm er 1374 an einer Friedenskonferenz der Kirche teil. Dort wurde er von der Geldgier der katholischen Amtsträger abgeschreckt und fing nun an, ausgehend von der Armutsidee, den katholischen Besitz abzulehnen. Wyclif verneinte den politischen Machtanspruch des Papstes. Des Weiteren kritisierte er das Zölibat und die vermeintlichen Bettelorden wie die Dominikaner. 1377 wird er von Papst Gregor XI. gebannt. Ab 1380 wurden seine Auffassungen radikaler und die Universität Oxford distanzierte sich von ihm. Wycliff übersetzte als erster die Bibel vom Lateinischen ins Englische. In 1384 starb er an einem Schlaganfall.
1418 wurden seine Gebeine exhumiert und verbrannt um dem Hass auf seine Lehre Ausdruck zu verleihen. (Quelle: Begleitheft des Geschichtsvereins e.V. Biebergemünd in
Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirchengemeinde Bieber)
Johannes Bugenhagen - geb. 1485 in Wollin, Pommern - gest. 1558 in Wittenberg, Sachsen-Anhalt. Bugenhagen studierte zuerst Literatur in Greifwald und nahm danach verschiedene Stellen an. 1520 erschien Luthers Schrift "Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche". Bugenhagen war zunächst entsetzt über die Schrift. Nach einiger Zeit schloss er sich doch diesem Gedankengut an und zog 1521 nach Wittenberg um dort Theologie zu studieren.
1522 heiratete er Walburga Rörer und 1523 übernahm er das Amt des Wittenberger Pfarrers. Somit begründete er das erste evangelische Pfarrhaus.
Wegen seines herausragenden Organisationstalentes führte er die Reformation 1528 in Braunschweig, 1529 in Hamburg, 1530 in Lübeck und Dänemark ein. Außerdem übersetzte er 1533 die Bibel in Plattdeutsch.
1558 starb Bugenhagen in Wittenberg. Sein Grabstein ist dort in der Stadtkirche zu finden.
(Quelle: Begleitheft des Geschichtsvereins e.V. Biebergemünd in
Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirchengemeinde Bieber)