Die Geschichte von Lea Teil 2
Lea.
Ich darf meine neue Familie sogar abschlabbern, das ist wunderbar. Sie
lehren mich freundlich, was ich tun darf und was nicht, passen gut auf
mich auf, geben mir herrliches Essen und viel, viel Liebe. Nichts will ich
mehr, als diesen wunderbaren Menschen gefallen und nichts ist schöner
als mit dem kleinen Mädchen herumzutollen und zu spielen.
Erster Besuch beim Tierarzt. Es war ein seltsamer Ort, mir schauderte.
Ich bekam einige Spritzen. Meine beste Freundin, das kleine Mädchen,
hielt mich sanft und sagte, es wäre ok, dann entspannte ich mich. Der
Tierarzt schien meinen geliebten Menschen traurige Worte zu sagen, sie
sahen ganz bestürzt aus. Ich hörte etwas von schweren Mängeln und
von Dysplasie E und von Herz zwei. Er sprach von wilden Züchtern und
dass meine Eltern nie gesundheitlich getestet worden seien. Ich habe
nichts von alledem begriffen aber es war furchtbar, meine Familie so
traurig zu sehen.
Jetzt bin ich sechs Monate alt. Meine gleichaltrigen Artgenossen sind
wild und stark, aber mir tut jede Bewegung weh. Die Schmerzen gehen
nie weg. Ausserdem kriege ich gleich Atemnot, wenn ich nur ein klein
wenig mit dem kleinen Mädchen spielen will. Ich möchte so gerne ein
kräftiger Hund sein, aber ich schaffe es einfach nicht. Vater und Mutter
sprechen über mich. Es bricht mir das Herz, alle so traurig zu sehen. In
der Zwischenzeit war ich oft beim Tierarzt und immer hiess es
“genetiasch” und “nichts zu machen”. Ich möchte draussen in der
warmen Sonne mit meiner Familie spielen, möchte rennen und Hüpfen.
Es geht nicht. Letzte Nacht war es schlimmer als eh und je. Ich konnte
nicht einmal mehr aufstehen um zu trinken und nur noch schreien vor
Schmerzen.
Sie tragen mich ins Auto. Alle weinen. Sie sind so seltsam, was ist los?
War ich böse? Sind sie am Ende böse auf mich? Nein, nein, sie
liebkosen mich ja so zärtlich. Ach wenn nur diese Schmerzen aufhörten!
Ich kann nicht mal die Tränen vom Gesicht des kleinen Mädchen
ablecken aber wenigstens erreiche ich seine Hand. Der Tisch beim
Tierarzt ist kalt. Ich habe Angst. Die Menschen weinen in mein Fell, ich
fühle, wie sehr sie mich lieben. Mit Mühe schaffe ich es, ihre Hand zu
lecken. Der Tierarzt nimmt sich heute viel Zeit und ist sehr freundlich,
und ich empfinde etwas weniger Schmerzen. Das kleine Mädchen hält
mich ganz sanft, ein kleiner Stich.... Gottseidank, der Schmerz geht
zurück. Ich fühle tiefen Frieden und Dankbarkeit. Ein Traum: ich sehe
meine Mama, meine Brüder und Schwestern auf einer grossen grünen
Wiese. Sie rufen mir zu, dass es dort keine Schmerzen gibt, nur Friede
und Glück. So sage ich meiner Menschenfamilie Aufwiedersehen auf die
einzige mir mögliche Weise: mit einem sanften Wedeln und einem
kleinen Schnuffeln. Viele glückliche Jahre Jahre wollte ich mit euch
verbringen, es hat nicht sein sollen. Statt dessen habe ich euch so viel
Kummer gemacht. Es tut mir leid, ich war halt nur eine Händlerware.
Lea
1999 J. Ellis - bewilligte Uebersetzung von E. Wittwer
Bürgerreporter:in:Josef Genswürger aus Augsburg |
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