Europa-Tournee der Comedian Harmonists
Vor 75 Jahren versucht das Ensemble unter neuer Besetzung ein Revival

Nýtt útvarpsblað, 17. Oktober 1948. | Foto: Sammlung Matthias Blazek
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1948 war das Jahr der Währungsreform und das Vorjahr der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. In jenem Jahr, als weite Teile Europas deutliche Spuren vom schrecklichen Zweiten Weltkrieg aufwiesen, war über die glorreiche Zeit der Comedian Harmonists Gras gewachsen. Das famose Sextett war in der Öffentlichkeit aktuell kein Thema mehr.

Schicksalhaft war es, wie die Gruppe wegen der zunehmenden Repressalien durch die Nationalsozialisten zur Trennung gezwungen worden war. 1934 wurden die letzten Konzerte der Comedian Harmonists auf deutschem Boden veranstaltet, ein Jahr später traten zwei im Stil angelehnte neue Ensembles auf den Plan, das Meistersextett und die Comedy Harmonists.
Zwei Jahre nach Kriegsausbruch war es auch für diese beiden Formationen endgültig vorbei. Sie alle überlebten letztendlich den Zweiten Weltkrieg.
Dem früheren Comedian-Harmonists-Sänger Erich A. Collin war es zu verdanken, dass es ein kurzes, aber intensives und erfolgreiches Band-Intermezzo in den Jahren 1947 bis 1949 gab. Collin, geboren zu Berlin am 26. August 1899 als Sohn eines Kinderarztes unter dem Namen Max Adolf Erich Abraham-Collin, hatte ab 1909 das Mommsen-Gymnasium an der Wormser Straße in Berlin-Schöneberg besucht, wo ihn vor allem Musik und Kunst interessierten. Regelmäßig sang er bei Schülerkonzerten, er nahm privaten Violin- und später auch Gesangsunterricht.
Nach dem Kriegseinsatz im Ersten Weltkrieg nahm er zunächst eine Banklehre auf, dann ein Medizinstudium an den Universitäten Berlin und München. Im März 1929 löste er den 2. Tenor der „Melody Makers“, Walter Nußbaum, ab. Die Combo benannte sich wenige Wochen später in „Comedian Harmonists“ um.
Ausgesprochen erfolgreiche Jahre schlossen sich an. Manche Evergreens erinnern noch heute an dieses außergewöhnliche musikalische Phänomen, das sich nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten dem Rassenwahn der neuen Machthaber beugen musste. Als die Comedian Harmonists „Mein kleiner grüner Kaktus“ aufnahmen und vortrugen, war der politische und gesellschaftliche Druck bereits unermesslich geworden. Erich A. Collin emigrierte 1935 nach Wien, fuhr zuvor aber noch nach Paris, um gemeinsam mit dem französischen Konzertagenten Wolf für die drei Exilanten die Comedian Harmonists als GmbH einzutragen. Das Unternehmen misslang am Ende.
Am 30. Juni 1931 hatte Collin in Frankfurt am Main die Deutsch-Französin Fernande Holzamer (1909–1995) geheiratet, mit der er eine Tochter (Eva Suzanne, 1932–1994) hatte.
Comedian-Harmonists-Biograph Peter Czada schreibt 1993: „Zur unbehelligten Ausreise nach Österreich verhalf eine Wiener Konzertagentur, die Collin von Berlin aus Anfang März 1935 angerufen und um einen Scheinvertrag für die Comedian Harmonists gebeten hatte.“ Erich A. Collin wirkte dann bei der Nachfolgegruppe Comedy Harmonists mit, feierte mit ihnen unter anderem große Konzerte in Neuseeland und Australien. Collin, zunächst 1935 nach Wien emigriert, ging nach Los Angeles und arbeitete dort als Verkäufer in einer Weinhandlung, die aber 1942 bankrottging.
Im Mai 1945 schwiegen an allen Fronten die Waffen, und Eric Collin, wie er sich nun schrieb, versuchte, den Traum eines Comebacks der Comedian Harmonists zu verwirklichen. Die amerikanischen Musiker Arthur Atkins (Bass), Jack Cathcart (Piano und Arrangements), Fred Bixler (Erster Tenor), Murray Pollack (Zweiter Tenor), Nicolai Shutorev (Buffo) konnte er für sein Projekt gewinnen und zudem eine Konzertreise durch Kalifornien und anschließend durch Skandinavien organisieren. Nicolai Shutorev starb im Verlaufe dieser Tour am 20. September 1948 im norwegischen Bergen an einem Magendurchbruch. Schon einen Tag später gab die „American Group“ ein Konzert in Stavanger in der Besetzung Collin (Bariton), Bixler, Pollack, Atkins und Cathcart. Wenige Tage später wirkte, nach vorheriger telegraphischer Anfrage, Comedian-Harmonists-Gründer Harry Frommermann alias Harry Frohman in der Formation mit.

Zum dritten Mal in Karl Küchlins Varieté

Anfang Februar 1949 kamen zum dritten Mal die Comedian Harmonists in Karl Küchlins Varieté in der Basler Steinenvorstadt. Die Setlist der Comedian Harmonists im Klubhaus Stockerstrasse, Zürich, am 5. und 6. Februar 1949 präsentiert einige Überraschungen:
Voilà les gars de la marine
In einem kühlen Grunde
Holiday for Strings
The Donkey Serenade
Begin the Beguine
Kleiner Faun
Himmelsflug
Die Birke
J‘attendrai
Il y a de la joie
La Danza
Granada
Persischer Markt
Auf Wiedersehen (irgendwann in Zürich)
Am 1. März 1949 trat das Ensemble im Restaurant Elite, Biel/Bienne (Schweiz), auf. Tags darauf, am 2. März 1949, konnte man es im Théâtre de La Chaux-de-Fonds (Schweiz) bestaunen. Setlist: Voila les gars de la marine, La Berceuse, Old Man River und weitere. Am 3. März traten die Sänger schließlich im Salle de la Rotonde, Neuchâtel (Schweiz), unter anderem mit diesen Liedern auf:
Sur un marché Persan
Voila les gars de la marine
Sérénade à la mule
Old Man River
Begin the Beguine (und weiteren) 
Es überrascht nicht wirklich, dass ein Tonmitschnitt eines dieser Events die Jahrzehnte überlebt hat. Ein Konzert aus Oslo am 26. September 1948 wurde für den norwegischen Rundfunk aufgezeichnet.
Die amerikanische Nachfolgegruppe hatte dennoch nur kurzen Bestand. 1949 wurde dann auch ihr Ende besiegelt. Eric Collin war nach der Tournee mit der „amerikanischen Gruppe“ nach Los Angeles zurückgekehrt. Er gab den Traum eines Comebacks der Comedian Harmonists nie ganz auf, wie geschilderte Versuche aus dem Jahr 1955 belegen.
Von dieser amerikanischen Gruppe existieren nur sechs kommerziell gemachte Plattenaufnahmen, die am 8. Februar 1949 für das Schweizer Label Le Chant du Monde/Tell Record in Basel entstanden sind. Es handelt sich um diese Aufnahmen, die auf drei Schellackplatten veröffentlicht wurden:
„Y’a d’la Joie“ (Text und Musik: Charles Trenet, Arrangement: Bert Reisfeld)/„Tout le long des Rues“ (Text: Jacques Larue, Melodie: Norbert Glanzberg, aus dem Film „Le chanteur inconnu“)
„La Danza“ (Text: Carlo Pepoli, Melodie: Gioachino Rossini)/„The Birch Tree“ (Russisch gesungen, Arrangement: Bert Reisfeld).
„The Donkey Serenade“ (Text: Otto Harbach, Bob Wright, Chet Forrest, Melodie: Rudolf Friml, Herbert Stothart, aus dem Film „The Firefly“)/„You and the Night and the Music“ (Text: Howard Dietz, Melodie: Arthur Schwartz, aus dem Musical „Revenge with music“)
Eric Collin starb am 29. April 1961 mit 62 Jahren in Los Angeles unerwartet während einer harmlos erscheinenden Blinddarmoperation an Herzversagen. Sein Grab befindet sich auf dem Hollywood Memorial Cemetery in Los Angeles. Er war damit der Erste der ursprünglichen Comedian Harmonists, der starb.
Die übrigen Mitglieder seiner amerikanischen Gruppe lebten damals noch, und zwar: Arthur Atkins (1912–1972), Jack Cathcart (1912–1989), Fred Bixler (?), Murray Pollack (1918–1979), Nicolai Shutorev (1914–1948) und Harry M. Frohman (1906–1975).

Literatur
Matthias Blazek: Ein merkwürdiges Ensemble – Comedian Harmonists 1928–1935. Stuttgart: ibidem-Verlag 2024.
Eberhard Fechner. Chronist des Alltäglichen. Hrsg. von Rolf Aurich und Torsten Musial. München: edition text + kritik 2019.

Labelabbildungen von Andreas Schmauder auf comedian-harmonists.net

Bürgerreporter:in:

Matthias Blazek aus Adelheidsdorf

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