Kolumne
... über DAnon

QAnon nennt sich eine Gruppe, die seit 2017 von den USA aus Verschwörungstheorien mit rechtsextremem Hintergrund im Internet verbreitet. Zentral ist die Behauptung, eine einflussreiche, weltweit agierende, satanistische Elite entführe Kinder, halte sie gefangen, foltere und ermorde sie, um aus ihrem Blut ein Verjüngungsserum zu gewinnen. Der US-Präsident Donald Trump bekämpfe diese Elite und einen vorgeblichen „DeepState“.

Diese Fiktion knüpft an die „Pizzagate“-Verschwörungstheorie von 2016 an, wonach hochrangige Politiker der Demokratischen Partei angeblich einen internationalen Kinderhändlerring zur Prostitution Minderjähriger betreiben.

Zentrale Behauptungen Qs lauten, Barack Obama, Hillary Clinton, George Soros und andere hochrangige Vertreter von Staat und Wirtschaft würden einen Putsch planen, um die USA in eine Diktatur zu verwandeln, und seien gleichzeitig in einen internationalen Kinderhändlerring verstrickt. Der Vorwurf des Kinderhandels durch angebliche Vertreter des „Deep State“ und Prominente ist ein ständig wiederkehrendes Motiv. Außer Ronald Reagan seien sämtliche US-Präsidenten seit Lyndon B Johnson kriminell, pädophil und satanistisch gewesen. Der Kinderhandel sei der Hauptzweck, zu dem die Verschwörer den Staat unterwanderten. Patriotische Militärs hätten den politischen Außenseiter Trump zum Präsidenten gemacht, damit er diesem Treiben ein Ende setze.

Bei QAnon handelt es sich um eine Verschwörungstheorie, die sich durch viel Opportunismus und ideologische Flexibilität auszeichnet. QAnon fungiert als Verbindungsglied zwischen Anhängern der Impfgegnerbewegung, von Donald Trump und prorussischen Demonstranten. QAnon ist zudem ein wichtiger Verbreiter von russischer Propaganda, die über QAnon in rechte westliche Medien findet.

QAnon wiederholt und modifiziert u. a. bekannte Verschwörungstheorien anderer Urheber und führt diese zusammen:
• Der Bankier J. P. Morgan habe 1912 die Titanic versenken lassen, um Konkurrenten aus dem Bankengewerbe aus dem Weg zu räumen und die Kontrolle über die US-Notenbank FED zu erlangen.
• Massaker wie das Schulmassaker von Parkland hätten nicht stattgefunden, sondern seien mit Schauspielern inszeniert worden, um einen Vorwand zur Einschränkung des Waffenbesitzes zu erhalten und die US-Bevölkerung zu entwaffnen, um sie wehrlos zu machen.
• Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel sei mit Adolf Hitler verwandt: „Folge der Blutlinie.“ Hitler sei wiederum nur eine Marionette derselben Mächte gewesen, die heute die Weltverschwörung anführten.
• QAnons Theorie eines „Deep State“ knüpft an die seit etwa 1990 verbreitete Verschwörungstheorie der „Neuen Weltordnung“ an und setzt deren missionarisches Feindbild fort: „Wir retten die Welt von der Philosophie der radikalen Linken, die dieses Land zerstören will.“
• Die Welt werde durch Illuminati kontrolliert.

QAnon enthält und vertritt einen ausgeprägten Antisemitismus: Schuld am angeblichen internationalen Kinderhändlerring und Hintermänner des Deep State seien „die Rotschilds und andere bekannte jüdische Investoren wie George Soros. Am Deep State sei die „globale Bankenelite“ beteiligt. Dies gilt als Codewort für Juden.

Besonders die Adrenochrom-These gilt als „Weiterentwicklung von Ritualmordlegenden“ des Mittelalters, wonach Juden das Blut von Christen trinken und die Weltherrschaft anstreben. Der Religionswissenschaftler Michael Blume sieht QAnon als Neuauflage des im „Hexenhammer“ von 1486 beschriebenen Verschwörungsmythos, wonach Juden und Hexen beim „Hexensabbat“ christliche Kinder töten, um aus ihrem Blut Hexensalbe herzustellen. Blume sagte im Oktober 2020 voraus, QAnon werde wie die meisten Verschwörungsmythen beim Antisemitismus landen, also Juden mit der fiktiven weltbeherrschenden Elite gleichsetzen. Auch Gebildete seien für diese Mythen und die dazugehörige „Tyrannophilie“ anfällig, die Sehnsucht nach einem befreienden Erlöser, wie gerade die deutsche Geschichte gezeigt habe.

Soweit zur Theorie, wie sie in einem gewissen elektronischen Weltnetz-Wörterbuch nachzulesen ist.

„Wäre so etwas auch bei uns in Deutschland möglich?“ frage ich mich manchmal. Daß ein amtierender oder abgewählter Bundespräsident, daß ein amtierender oder abgewählter Bundeskanzler oder ein anderes Regierungsmitglied solch hanebüchener Straftaten beschuldigt wird, wäre sofort als Verschwörungstheorie erkennbar. Ich habe die Hoffnung, daß unser Rechtssystem einen Unterlassungsanspruch bereithält, der es den Opfern dieser Verschwörungstheorien ermöglicht, dagegen anzugehen.

Die Meinungsfreiheit sowie der Freiheit der Kunst mögen verfassungsrechtlich hohe Güter sein, sie haben aber auch ihre Grenzen, wie wir seit Kant wissen. Nachweisbar falsche Fakten werden nicht dadurch wahr, daß ich sie mantramäßig immer wiederhole.

(fiktiver Teil)

Wie könnte DAnon, der deutsche Ableger von QAnon, aussehen? Fragen wir Habakuk Nelkenblüh, unseren noch amtierenden Regierungschef. „Ohne die Partei der Gottlosen wäre ich immer noch vollgültiger Regierungschef,“ behauptet der Politiker, der der Neopaganen Union angehört und bislang einer Koalitionsregierung aus Neopaganen, Theosophen, Anthroposophen, Rosenkreuzern und Illuminaten vorstand. Seit die Gottlosen die Koalition platzen ließen, hat die Regierung ihre Mehrheit im Parlament verloren.

„Wir anderen Koalitionspartner gehören einer Buchreligion an. Wir haben eine Orientierung im Leben, wissen, was richtig und falsch, gut und schlecht ist. Den Gottlosen fehlt diese Orientierung. Sie haben keinen Kompaß im Leben. Die Gottlosen sind sprunghaft, unzuverlässig, der Grund allen Übels in unserem Land.“

Sie merken es, liebe Leser: Selbstkritik kommt hier nicht vor. Wer nicht glaubt, ist der Feind, der alles falsch macht.
„Mir ist diese Kanzlerschaft gestohlen worden.“ Dies ist Nelkenblühs zentrale Aussage, fast schon Glaubensgrundsatz und Lebensinhalt. Nach seinen Worten gilt es nun, „die Regierungsgeschäfte zurückzuerobern. „Ich stehe erst am Anfang meiner Mission und habe noch viel vor, viel zu erledigen.“

Was er damit meint, möchte Nelkenblüh an dieser Stelle noch nicht verraten. Lassen wir uns also überraschen, was unsere weiteren Recherchen zu Tage bringen werden.

Bürgerreporter:in:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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