Schutzengel, oder eine Stimme von "Drüben" ?
Gas!
Wenn meine Mutter nach dem Mittagessen zur Arbeit ging, musste ich die Küche aufräumen, Geschirr spülen, und den Herd saubermachen. Danach sollte ich nach draußen gehen.
Eines Tages, als meine Mutter schon gehen wollte, stutze sie und sagte:“ Hier riecht es doch nach Gas!“ Aber weil im Krieg die Gasleitungen zerstört wurden und die Gasversorgung eingestellt war, meinte sie, das wäre wohl doch nicht möglich. Sie ermahnte mich aber noch, mich mit der Arbeit zu beeilen, und so schnell wie möglich aus der Wohnung zu gehen.
Was niemand wissen konnte,: Die Gasleitungen waren repariert, und die Gasversorgung war wieder aufgenommen worden. Als die Soldaten in unserer Wohnung gekämpft hatten, war eine Gewehrkugel in die Leitung eingeschlagen, und aus diesem Loch strömte nun ständig Gas aus.
Ich wusste nicht, wie gefährlich Gas war und wie es riecht, und hatte die Ermahnung bald vergessen. Aber beim Geschirr spülen wurde ich immer müder und müder, und ganz taumelig. Als ich eine Schüssel ganz unten in den Schrank einräumen wollte kam ich nicht mehr hoch und blieb auf dem Boden liegen. Ich wollte nur noch schlafen und konnte meine Augen nicht mehr offen halten. Aber eine Stimme in mir drinnen rief mich fortwährend bei meinem Namen und ließ mich nicht in Ruhe, so dass ich ganz unwillig wurde. Ich war doch so müde, und hätte gar nicht mehr die Kraft gehabt aufzustehen.
Wie es kam, dass ich auf einmal trotzdem draußen war, ist mir ein großes Rätsel.
Als mein Vater an diesem Tag von der Arbeit nach Hause kam, roch er schon unten im Treppenhaus das Gas. Er fand unsere Wohnungstür sperrangelweit offen stehen, die Küche war nicht aufgeräumt, und von mir keine Spur. Er befürchtete schon das Schlimmste! Als ich dann plötzlich ahnungslos und wohlbehalten vor ihm stand, schlug seine Sorge in Zorn um.
„ Wo kommst du her, wo bist du gewesen?“ herrschte er mich an. „ Ich habe mir die größten Sorgen gemacht, und du stehst auf einmal da, als wäre nichts passiert!“
„ Ich weiß doch auch nicht was los war“, erwiderte ich. „ Ich war auf einmal so müde, lag auf dem Boden und wollte nur noch schlafen. Aber dann saß ich plötzlich unten im Hof auf der Bank. Aber wie ich dahin gekommen bin, dass weiß ich nicht.
Für mich ist es eine Tatsache, dass ich, nachdem ich das Bewusstsein verloren hatte, im Unterbewusstsein die Stimme, die mich kontinuierlich bei meinem Namen rief, weiterhin mental gehört habe. Und das eine überirdische Kraft mir die Fähigkeit verschaffte, mich wie in Trance aus der Wohnung zu entfernen, weil die Zeit zum Sterben für mich noch nicht gekommen war.
E. J.
Bürgerreporter:in:Elsbeth Jahns aus Bergkamen |
6 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.