Mein Kampf mit dem Drachen: Ein Minisaurier im Portrait, von und mit Willi dem „Waldschrat“ und „Zootoca vivipara“ der Waldeidechse
Nun, da die Tage kürzer werden, die Fluginsekten bis auf wenige Arten verschwunden sind, und es mit Riesenschritten auf den nahenden Winter zugeht, erinnert man sich als Hobby – Naturfotograf an solche Kreaturen, die da noch kreuchen und fleuchen und somit an jene, die nicht minder beachtenswert sind.
Stellen sie doch im Mikrokosmos ihre Daseinsberechtigung als wertvolle Mitglieder zur Einbehaltung des biologischen Gleichgewichts in Form von Schädlingsvertilgung unter Beweis. Als „Schädlinge“ werden in diesem Fall Populationen von Organismen bezeichnet, denen eine außerordentliche Vermehrung innerhalb eines Sommers gelang. Dazu gehören Spinnen, Fliegen, Mücken, Ameisen, Heuschrecken, Zikaden und Läuse.
All diese Insekten bilden die Nahrungsgrundlage unserer kleinsten und wendigsten Echsenart; der Waldeidechse (Zootoca vivipara).
Ab dem späten Sommer und nun, im frühen Herbst, kann man, wenn man um die Lebensräume der Tiere weiß, mit ein wenig Geduld die Jungtiere bei der Jagd beobachten.
So machte ich mich an einem Sonntag um die Mittagszeit auf, um eben dies zu versuchen. Eine sonnenbeschienene Waldlichtung mit einigem Totholzvorkommen schien mir ein idealer Platz zu sein, um diese Minidrachen aufzuspüren. Bereits nach kurzer Zeit wurde ich durch Bewegungen der extrem flinken Gesellen im trockenen Gras auf ihre Anwesenheit aufmerksam. Als „Bühne“ für die Portraits der scheuen Echsen wählte ich einen vermoderten Baumstumpf, auf dem ich kurz zuvor schon ein Exemplar entdeckt hatte. Zu meinem Nachteil war dieser über und über mit verdorrten Gräsern und faulem Laub, sowie Brombeerzweigen bewuchert, sodass ich im „Ernstfall“ keine freie Sicht auf die kleinen Drachen hatte.
Wohl wissend, dass ich mit meiner „Säuberungsaktion“ des Baumstumpfes alles Leben im weiten Umkreis vertreiben würde, begann ich die Bühne herzurichten. Alsbald kauerte ich vor einem nicht allzu penibel von Unrat befreitem Holzklotz, der im Licht der Nachmittagssonne wie geschaffen für einen Fototermin mit unseren Waldreptilien war. Ein paar eingefangene Grashüpfer, die ich auf dem Stumpf absetzte, sollten mir die Warterei erleichtern. Freilich blieben sie dort nicht sitzen sondern hüpften gleich wieder weg. Doch sie hinterließen Duftstoffe, die sie, während ich sie fing, produzierten. Der Köder funktionierte bestens.
Bereits nach wenigen Minuten kam, angelockt vom Geruch gestresster Grashüpfer, der erste Drache zum Vorschein. Langsam und vorsichtig, sich Zentimeter für Zentimeter vorantastend, kamen kurze Zeit später immer mehr dieser herrlichen, wechselwarmen und scheuen Waldbewohner auf die „Bühne“. Sehr behutsam, mich in meinen Bewegungen nur sehr langsam mit dem Objektiv dem Baumstumpf nähernd, begann ich mit meinen Portraitaufnahmen, von denen Ihr hier einige sehen könnt.
Mein Tipp: Zur Nachahmung wärmstens empfohlen! Selbst mit einfachen Kompaktkameras lassen sich hier im „Liveviewmodus“ erstklassige Ergebnisse erzielen. Bitte nicht vergessen die Makrofunktion zu aktivieren. Geduld ist Ehrensache, Sportsgeist ebenfalls.
So ist das halt, in der Natur: Du bist da draußen, am liebsten allein, ungestört und konzentriert. Dir fallen Geschichten ein, die Du als Kind gelesen hast: Deutsche Heldensagen, von dem Kampf Siegfrieds mit Fafnir, dem „Lindwurm“, dem Bewacher des Nibelungenhortes, den der Zwergenkönig Alberich sein Eigen nannte und der schließlich von Ohm Hagen von Tronje im Rhein versenkt wurde. Nur mit einem Unterschied: Die kleinen Drachen die Du zu dokumentieren versuchst, spucken kein Feuer und sind dermaßen klein, harmlos uns so gut getarnt, dass Du sie leicht übersiehst. Auf diese Weise kommst Du schließlich zu dem Titel: „Mein Kampf mit dem Drachen“. Versucht es bei Gelegenheit einfach mal.
Artenprofil: Waldeidechse (Zootoca vivipara):
Die Waldeidechse hat eine Gesamtlänge von maximal 18 Zentimeter. Davon entfallen bis zu sechs Zentimeter auf Kopf und Rumpf. Der kräftige Schwanz erreicht das 1,25- bis zweifache der Kopf-Rumpf-Länge. Die Tiere sind recht schlank, kurzbeinig und weisen einen ziemlich abgeflachten Kopf auf – bei den Weibchen noch mehr als bei den Männchen. Das sogenannte „Halsband“ ist stark gezahnt und die im Querverlauf nur 25 bis 37 Rückenschuppen sind sehr rau. Die Grundfärbung ist braun. Dazu zeigen viele Tiere einen dunklen, in Einzelflecke aufgelösten „Aalstrich“ auf dem Rücken, dunkle Seiten sowie helle, strichförmige Flecken auf der Oberseite. Die Kehle ist weißlich oder bläulich, der Bauch hell- oder dunkelgelb; bei Männchen zur Paarungszeit orange oder seltener rötlich und dann oft mit dunklen Flecken übersät. Die Jungen sind sehr dunkel und bronzefarben gezeichnet. Sie messen nach ihrer Geburt circa 30 bis 40 Millimeter.
Als Lebensraum werden Moore, Heiden, Grasfluren, Wildwiesen und Waldflächen besiedelt. Dabei werden vegetationsreiche Böschungen und Lichtungen mit ausreichend Sonneneinwirkung bevorzugt. Bei Gefahr flieht sie auch ins Wasser und durchschwimmt dieses. Die Waldeidechse ist tagaktiv und meist standorttreu. Gelegentlich kommt es aber vor, dass sich sogenannte „Pioniere“ zum Abwandern entschließen. Sie sind dafür verantwortlich, dass auch neuer Lebensraum besiedelt wird. Die Weibchen können sich in kurzer Zeit mit mehreren Männchen paaren. Die Jungen, die dann zeitgleich zur Welt kommen, haben manchmal unterschiedliche Väter. Waldeidechsen sind in der Regel lebendgebärend. Die zwei bis 12 Junge pro Weibchen sind bei der Geburt dann noch von einer weichen Eihaut umhüllt, aus der sie sich nach einigen Minuten oder Stunden befreien. Seltener durchstoßen sie diese schon innerhalb des Mutterleibs.
Die Geburt erfolgt nach etwa zwei Monaten Tragzeit. Die Jungen sind vom ersten Tag an auf sich allein gestellt und lernen durch Probieren, ungeeignete von genießbarer Beute zu unterscheiden. Geschlechtsreif werden die Tiere mit etwa zwei Jahren.
Die Waldeidechsen gehören ihrerseits zum Beutespektrum von Schlangen (vor allem der Kreuzotter und Schlingnatter), verschiedenen Greifvögeln, Mardern und Wildschweinen – letztere wühlen die Waldeidechsen auch aus ihren Winterquartieren. Jungtiere werden manchmal von großen Laufkäfern ergriffen und gefressen. In der Nähe menschlicher Siedlungen dezimieren freigehende und streunende Hauskatzen die Bestände der Eidechsen.
Die Art steht in Deutschland per Gesetz unter strengem Naturschutz.
Ich hoffe, dieser Ausflug zu dem Baumstumpf im Wald hat wieder ein wenig für Kurzweil sorgen können. Weitere Infos über unsere heimischen Reptilien findet Ihr unter http://waldschrat-online.de/Terrarium.html Wie immer freue ich mich über Eure Kommentare zu diesem Beitrag.
Herzlichst Euer
Willi, der „Waldschrat“
Bürgerreporter:in:H. - Willi Wünsch aus Bergheim |
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