Exkursionsbericht: Von Einem der auszog, die „Nadel im Heuhaufen“ zu finden
Alle Jahre wieder…Faszination Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca).
Bereits im Hochsommer kann man die einzige Kleinlibellenart bewundern, die dazu in der Lage ist, einen ganzen Winter zu überstehen. Sie „fliegt“ vom Juli bis in den Mai des kommenden Jahres durch ihre immer seltener werdenden geeigneten Lebensräume.
Die Lebenserwartung einer „normalen“ Libelle beträgt als Fluginsekt durchschnittlich 40 bis 50 Tage. Die Gemeine Winterlibelle, die zur Familie der Teichjungfern zählt, bildet durch ihre ungewöhnlich lange Lebenserwartung von etwa 11 Monaten eine krasse Ausnahme.
Die Jungtiere paaren sich nicht, wie andere Kleinlibellen nach Erreichen der Geschlechtsreife, sondern erst im folgenden Frühjahr. Vorher suchen sie geschützte Quartiere abseits der Gewässer auf, wo sie überwintern. Meist sind dies flach bewachsene Waldlichtungen, wo sich die Tiere an Pflanzenstengeln oder an Baumrinde hängend, bei starkem Schneefall komplett zuschneien lassen. Kälte bis -30°C halten die Insekten ohne Probleme aus. Den Energieverbrauch auf ein absolutes Minimum reduziert, können sie sich so mehrere Monate lebensfähig halten.
Sympecma fusca ist nicht so farbenprächtig, wie ihre anderen Artgenossen aus der Familie der Kleinlibellen. Das hat seinen Grund. Die Art muss den kommenden Herbst und den Winter vor ihren Feinden gut getarnt verbringen.
Bei den ersten Anzeichen von Wärme geht sie auf die Jagd. Ab April sieht man sie dann, bedingt durch die Überwinterung als Fluginsekt, als Erste ihrer Gattung wieder an ihren angestammten Gewässern.
Die Gemeine Winterlibelle ist in Deutschland in ihrem Bestand als gefährdet eingestuft.
Als nunmehr erwachsenes Tier hat sie sich in ihrem Aussehen derart verändert, sodass man sie gut von den Jungtieren unterscheiden kann. Fertig ausgefärbt, ist sie dunkler geworden. Die Augen weisen nun einen deutlichen blauen Schimmer auf. In dürren Gräsern ist sie dadurch hervorragend getarnt und sehr schwer zu entdecken.
Sobald im April die Sonne scheint und die Temperaturen 14°C erreichen, beginnt ihre Paarungszeit.
Nachdem die Tiere in der wärmenden Sonne ihre Flugmuskulatur aufgeheizt haben, gehen sie auf Partnersuche. Schon bald sieht man die ersten Paarungsräder.
Beim genauen Hinsehen erkennt man bei den einzelnen Winterlibellen, dass sie Ihre Flügel immer nur zu einer Seite des Hinterleibs anlegen. Dies ist immer die zur Sonne abgewandte Seite. Dadurch bilden sie ein kleines Sonnensegel, womit sie ihren Körper optimal aufwärmen können. Dieses Verhalten ist nur bei den Winterlibellen zu beobachten.
Nach der Paarung erfolgt die Eiablage. Das Pärchen fliegt in Tandemformation zu Wasseroberfläche. Dort angekommen sticht das Weibchen seine Eier in abgestorbenes Substrat von Gräsern, während es von dem Männchen bewacht wird. Droht Gefahr durch Frösche oder andere Feinde, zieht das Männchen sein Weibchen im Schlepptau blitzschnell aus der Gefahrenzone heraus.
Mit einer Körpergröße von 35 - 38 mm erreicht die Gemeine Winterlibelle Dimensionen, die etwa dem eines Streichholzes entsprechen.
Die dem Bericht beigefügten Aufnahmen verdeutlichen den ungeheuren Tarneffekt auf eindrucksvolle Weise.
Um derartige Bilder zu erstellen bedurfte es mehrerer, stundenlanger Begehungen gewässernaher Wildwiesen von der Größe eines Fußballfeldes, die über Jahre verteilt, jeweils vom Frühjahr bis in den Spätsommer reichten. Da die Libelle nicht sehr flugfreudig ist, gestaltete sich manche Suche nach ihr als ein nahe der Frustration angesiedeltes Geduldspiel und war nicht immer von Erfolg gekrönt.
Die hier gezeigten Aufnahmen stammen aus den letzten vier Jahren!
Ich hoffe, der Ausflug in das Leben der Winterlibelle hat Euch ein wenig Spaß gemacht?
Wie immer bedanke ich mich im Voraus für Eure netten Kommentare.
Weiterführende und mannigfaltige Infos über viele Arten von Groß- und Kleinlibellen, sowie zahlreiche Szenen vom „Volk der Gräser“ steht auf http://waldschrat-online.de/ für Euch bereit.
Naturfreundschaftliche Grüße,
Willi, der „Waldschrat“
Unglaublich was Du alles entdeckst, aber Du hast auch einen besonderen Blick dafür.
Minus 30°, ... die Tierchen sind doch ziemlich "robust"!
Man lernt eben nie aus und dazu noch die tollen Fotos, wirklich interessant!
Gerhard, hat Dein Kommentar einen "tieferen" Sinn? ;-)
Viele Grüße
Lisa