Exkursionsbericht: Bemerkungen über eine „Urlaubsbekanntschaft“: Die Frühe Heidelibelle (Sympetrum fonscolombii) auf Mallorca
Es gehört schon eine gesunde Portion Enthusiasmus, Forschergeist und ein wenig Verrücktheit dazu, sich in ein Flugzeug zu setzten um in eine Gegend zu fliegen, wo man als Hobbyfotograf und –forscher ein etwa 5,5 Zentimeter großes Insekt auch nur vermutet. Wer uns kennt, kann sich sicherlich denken, dass es sich bei dem Objekt der Begierde um eine Libellenart handelt. (Den neu hinzu gekommenen Usern empfehlen wir unsere bisherigen Exkursionsberichte.) Nun, mit diesen vorgenannten Eigenschaften ging das „Team Waldschrat“, Heide & Willi, dieses Projekt recht zuversichtlich an.
Organisatorisch waren wir optimal vorbereitet. Unser Basislager richteten wir auf einem erstklassigen Anwesen ein: Einer Finca mit dem klangvollen Namen „Es Rafal Podent“, was auf Deutsch in etwa für „Großes Gut“ steht. Malerisch in einer Hügellandschaft gelegen, hatte unser deutsch – mallorquinisches Bergführerpaar sie für uns reserviert. Sie begrüßten uns bereits kurz nach unserer Ankunft mit „Buenos Dias, Waldschrate“. Zu den beiden später mehr.
Erste, von dort auf eigene Faust unternommene Expeditionen in die Feuchtgebiete und ins Gebirge Mallorcas, brachten zwar vielerlei Bildmaterial über den Mikrokosmos der größten Insel der Balearen zusammen, doch das Wesentliche was wir zu finden hofften, nämlich die Frühe Heidelibelle, blieb uns verborgen.
Bei der weiteren, intensiven Suche nach unserem Primärziel, der extrem seltenen Lebensform Sympetrum fonscolombii, konnten wir uns letztendlich auf das Beste verlassen, was die Insel zu bieten hat: Das „Beste“ bestand neben unserer Ausrüstung dieses Mal aus eben dem schon erwähnten deutschstämmigen, auf der Insel lebenden und daher ortskundigen Ehepaar Inge und Heinrich Fasel, welche auf Mallorca Bergtouren organisieren. Eine uns gewidmete, exklusive Exkursion führte schließlich zum Erfolg und zum Nachweis einiger weniger Exemplare der Frühen Heidelibelle auf den Balearen. Die Tiere zeigten sich sehr flugfreudig mit dem Hang zu einer großen Fluchtdistanz. Das heißt, dass sie schon aufflogen, sobald man sich ihnen bis auf wenige Meter näherte. Ihr Verhalten zeigte, wie sonst üblich, keinerlei Feindseligkeit untereinander. Mit anderen Worten: Sie hatten mit der Fortpflanzung wenig im Sinn. Dies wunderte uns auch nicht, da es im weiten Umkreis keinerlei Süßwasser vorkommen gab. Letztendlich kamen wir zu dem Schluss, dass die Tiere vom Spanischen oder Südfranzösischen Festland in Richtung Afrika unterwegs sein mussten und hier auf der Insel zwecks Jagd Station machten. Eine bemerkenswerte Leistung für ein Insekt mit einer Lebenserwartung von etwa 45Tagen!
An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei den Beiden bedanken:
Liebe Inge, lieber Heinz, noch einmal ganz herzlichen Dank für Eure Führung durch das Buschwerk von Sa Coma und Canyamel. Stellen, direkt am Meer, wo wir die „Frühe“ nie vermutet, und daher auch nie dort gesucht hätten. Ihr wart einfach großartig und genial, von Eurem Frühstück ganz zu schweigen! Wir wünschen Euch noch unendlich viel Spaß und Erfolg bei Euren Unternehmungen unter anderem im Bezug auf den „Virus Odonata“!
Für Interessierte, hier die Homepage der Beiden: Wir können sie wirklich empfehlen: http://www.bergwelt-mallorca.de/
Unsere Aktivitäten blieben mit den Tagen nicht unbeobachtet. Fragenden Gesichtern gegenüberstehend, mussten wir uns schließlich „outen“. Sogar Juan, der Bewirtschafter der Finca und ein überaus netter Gastgeber, zeigte sich sehr begeistert über unsere Arbeit und die Artenvielfalt, die wir alleine auf seinem Anwesen ablichteten. Aufnahmen von Schädlingen und auch Nützlingen in seinen Zitrusfruchthainen gaben ihm wertvolle Informationen. Dennoch, so gab er uns zu verstehen, wolle er von seinem biologischen Anbauprogramm nicht abweichen.
Kurz vor unserer Abreise wurden wir gebeten noch einen Vortrag über Insektenkunde im kleinen Personenkreis zu halten, was wir auch gerne taten. Abgesehen von der Tatsache, dass man die „Waldschrate“ - dank Internet - bereits vor unserer Ankunft auf Mallorca kannte, hatten wir viel Freude, trafen sehr nette Menschen und nahmen schöne Erinnerungen und Dokumentationen mit nach Hause.
Fazit: Mission successfully terminated; Mission erfolgreich abgeschlossen. Wir kommen wieder!
Zum Artenprofil der Frühen Heidelibelle (Sympetrum fonscolombii):
Der Brustabschnitt der Männchen ist wie ihr Hinterleib rot und besitzt seitliche helle Streifen. Die Weibchen sind auch im Erwachsenenstadium meist cremefarbenen bis bräunlich gefärbt. Die Männchen haben besonders im Bereich um den Flügelansatz eine ausgeprägte rote Flügeladerung, die bis zur Mitte der Flügel reicht. Im Flügel der Weibchen findet sich am Ansatz ein gelber Basalfleck. Die Flügelmale sind verglichen mit anderen Heidelibellen recht groß und bleiben im Unterschied zu diesen auch im Alter ockerfarben. Sie sind schwarz umrandet. Die Flügeladerung direkt am Flügelmal ist schwarz.
Ein deutliches Unterscheidungsmerkmal dieser Art gegenüber anderen Heidelibellen findet man in den Augenpartien. Die untere Augenhälfte beider Geschlechter setzt sich farblich deutlich ab und zeigt kräftige, himmelblaue Töne. Keine andere Heidelibelle hat solche Augen.
Erwachsene Tiere der Frühen Heidelibelle sind in Südeuropa von Mai bis Oktober zu beobachten. Diese verglichen mit anderen Heidelibellen sehr frühe Flugzeit verschaffte der Art ihren deutschen Namen. In sehr warmen Teilen Südeuropas oder in Afrika kann die Frühe Heidelibelle, dank mehrerer überlappender Generationen, sogar während des ganzen Jahres als Fluginsekt gefunden werden.
Die Frühe Heidelibelle ist als typische permanente Wanderlibelle in weiten Teilen Afrikas und Südeuropas zu finden. Somit hat sie, was ihre Lebensweise betrifft, mit den anderen Heidelibellenarten wenig gemein.
Die Frage, ob die Frühe Heidelibelle überhaupt als Larve in Deutschland überwintern kann oder nur ganz selten aus dem Mittelmeergebiet einwandert, ist aus wissenschaftlicher Sicht bei Weitem noch nicht vollständig geklärt.
Wir fanden in der „Wahner Heide“, einem Naturschutzgebiet bei Köln, im Juni 2008 ein einzelnes Weibchen und machten diesen Fund publik. Danach bescheinigte man uns, dass dies der erste Fund der Art seit dem Jahre 1925 (!) gewesen ist. Ein Jahr später gelang uns eine Dokumentation eines Männchens, etwa 40 Kilometer entfernt. Die Sensation war perfekt.
Wir zeigen Euch nun, neben ein paar Urlaubsfotos, Bilder von der seltensten aller Heidelibellen: Von Männchen und Weibchen der Frühen Heidelibelle (Sympetrum fonscolombii) und wünschen viel Spaß beim Betrachten dieses wirklich raren und schönen Akrobaten der Lüfte.
Über das Naturreservat S´ Albufera und die Sierra del Tramuntana werden wir gesondert berichten.
Weitere Infos über die Heidelibellen gibt es in aller Ausführlichkeit und mit zum Teil sehr spektakulären Fotodokumentationen auf http://waldschrat-online.de/ nachzulesen und zu sehen. Reinschauen lohnt sich!
Naturfreundschaftliche Grüße,
Team „Waldschrat-online.de“
Heide & Willi
Bürgerreporter:in:H. - Willi Wünsch aus Bergheim |
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