Ein exklusiver „MyHeimat“ - Exkursionsbericht: Libellen auf Eis mit noch niemals zuvor dokumentierten Verhaltensweisen!
Liebe Natur- und Libellenfreunde, liebe „MyHeimatler,
aufgrund des trockensten und wohl wärmsten Novembers seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, habe ich meinen freien Tag dazu genutzt, auf Libellenexkursion zu gehen. Hier mein Bericht:
Montag, 28. November 2011, 11.30 Uhr. Temperatur: 10°C, Windstille, wolkenloser Himmel. Ziel: Juntersdorfer Teiche bei Zülpich, Voreifel.
Durch mir in den letzten Tagen zugetragene Fundmeldungen von Sympetrum striolatum, vorwiegend hier auf „MyHeimat“, sah ich mich veranlasst, in unseren Gefilden auf die Art zu exkursieren.
Da die letzte Nacht wieder frostig war und es im Oktober auch schon Nachtfröste von um die -4°C gab, machte ich mir keine großen Hoffnungen auf Erfolg.
An den Juntersdorfer Teichen angekommen, bot sich mir folgendes Bild: (Siehe Bild Nr. 1.)
Um die Mittagszeit waren die einzelnen Gewässer zwar von der Sonne beschienen, jedoch waren die Uferregionen von einer wenige Millimeter dicken Eisschicht von etwa 2 Metern Breite in Richtung Teichmitte bedeckt.
Anmerkung: Leider hatte ich bei dieser Exkursion nur mein 100 mm Makro – Objektiv auf der Kamera montiert, sodass großflächige Biotopaufnahmen nicht zu erstellen waren.
Zu meinem Erstaunen entdeckte ich bereits unmittelbar nach dem Eintreffen mehrere Große Heidelibellen (Sympetrum striolatum). Vorsichtigen Schätzungen nach waren es zwischen 70 und 100 Individuen. Trotz der relativ kühlen Witterung herrschte eine sehr hohe Aktivität. So konnte ich Revierkämpfe der Männchen, Tandemformationen, Paarungen und Eiablagen der Art beobachten.
Da die Sonne sehr tief stand und gerade einmal über die umliegenden Baumkronen reichte, wurden von einzelnen Tieren vorzugsweise exakt zur Sonne ausgerichtete, schräg aufragende Plätze am Boden angeflogen. Weiterhin war der allgemein gut erhaltene Zustand sowohl bei den Männchen als auch bei den Weibchen sehr auffällig.
Eine weitere Auffälligkeit war die ungewöhnlich hohe Fluchtdistanz der Heidelibellen. Erfahrungsgemäß verhalten sie sich während ihrer Hauptabundanz wesentlich „kooperativer“.
Die beigefügten Aufnahmen sind ziemlich ungewöhnlich und daher einer der Gründe, diesen Exkursionsbericht zu verfassen. Sie zeigen einige Impressionen von S. striolatum bei der Eiablage über und im Eis. (!) Man erkennt ein Tandem, wie es über eine geschlossene Eisschicht fliegt. Ob das Weibchen in diesem Moment Eier abwirft ist leider nicht zu erkennen. (Siehe Bild Nr. 5)
Nur Sekunden später: Das Tandem landet auf aus dem Eis herausragenden Substrat. (Die Aufnahmen wurden mit Blitzlicht erstellt. Daher ist das Eis als glitzernde weiße Flecken gut erkennbar.) Das was nun geschieht, ist nur schwer zu glauben…und schwer zu dokumentieren: (Bild Nr. 6)
Während das Männchen sich krampfhaft an dem Zweig festhält, beginnt das Weibchen mit heftigem Flügelschlag Druck aufzubauen. Dabei schlägt es mit seinen Flügeln permanent auf der Eisoberfläche auf. Das typische Flügelknistern war sehr stark zu hören. Schließlich gelangt es mit seinem Abdomen tief ins Wasser, um sehr wahrscheinlich seine Eier auszupressen. Die Vermutung, dass es so ist, liegt sehr nahe. Bei diesem Verhalten der Tiere wäre alles andere absurd.
Dieses, noch nie zuvor beobachtete „Manöver“ dauerte vielleicht 15 Sekunden. Danach flog das Tandem in großer Höhe davon. Offensichtlich sind Große Heidelibellen sehr improvisationsfähig. Es ist nicht anzunehmen, dass sie sich die Art der Eiablage bei Anax parthenope oder Aeshna affinis abgeschaut haben. Zur Erläuterung: Dies sind Edellibellenarten, die als einzige ihre Eier sitzend in Tandemformation ablegen.
Die großen abgefallenen und hellen Blätter waren am heutigen Tag die bevorzugten Ruhe- und Aufwärmplätze der Tiere. Auf fast jedem Blatt saß eine Große Heidelibelle, um sich zu sonnen. Der lange Schatten, verdeutlicht die tiefstehende Sonne. Aufnahmezeit: 14.07 Uhr. Wenig später gab es kaum noch Flugaktivitäten.
Resümee: Wenn man sich diese Bilder der Beobachtungen von S. striolatum in den letzten Tagen des November ansieht und dazu noch einen Blick ins Fotoarchiv wirft, - wir dokumentierten den ersten Massenschlupf der Art am 1. Juli. - könnte man, vorsichtig ausgedrückt, auf eine 2. Generation der Großen Heidelibelle „tippen“. Die Frage hierzu lautet: „Wie kann man das beweisen?“
Vergleiche hierzu sind in Sternberg/Buchwald: Die Libellen Baden-Württembergs, Band 2, Seite 604 ff. nachzulesen. Falls die Literatur verfügbar ist.
Ein in den letzten Tagen lebhaft geführter E-Mail Verkehr mit Wissenschaftlern und Professoren verschiedener Universitäten, lassen zu einem sehr hohen Prozentsatz auf die Existenz und die Dokumentation einer 2. Generation der Großen Heidelibelle schließen. Das alleine ist schon eine Sensation.
Es wurde gleichzeitig bestätigt, dass ein in Tandemformation SITZENDES Heidelibellenpärchen bei der Eiablage noch nie zuvor dokumentiert worden ist. Berichte über dieses Verhalten, dazu noch im Eis, liegen der Wissenschaft bislang ebenfalls in keiner Form vor. Insofern ist die Aufnahme Nr. 6 eine Weltneuheit!
In Kürze wird hierüber von mir ein wissenschaftlicher Aufsatz in mehreren Sprachen verfasst, der in der Fachliteratur hohes Interesse wecken wird. Kurz: Die Experten und Gelehrten sind begeistert und wir „Waldschrate“ haben wieder für reichlich Diskussionsstoff gesorgt, der nicht zuletzt auf unseren bevorstehenden Jahrestagungen ein Thema sein wird.
Da sich die Wetterlage in den nächsten Tagen nicht sonderlich ändern wird, ist davon auszugehen, dass die Heidi´ s noch bis in den Dezember hinein fliegen werden.
Am kommenden Wochenende werden wir Gewissheit haben.
Das „Team Waldschrat“ wünscht Euch allen eine schöne Adventzeit und bedankt sich für Eure Kommentare zu diesem Exkursionsbericht. Wir freuen uns über jeden einzelnen Wortbeitrag.
Weitere Infos über dieses und andere Themen aus dem Bereich der Natur findet Ihr, reich illustriert, auf http://waldschrat-online.de/
Herzliche Grüße an alle Naturinteressierten und solche, die es noch werden wollen,
Willi, der „Waldschrat“
Bürgerreporter:in:H. - Willi Wünsch aus Bergheim |
10 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.