Neulich bei Biggi
Bei uns auf'm Dörpe
Geschichten fast wie aus dem echten Leben
Freitag Abend, kurz vor acht. Wie jede Woche um diese Zeit saß Hasso in seiner Lieblingskneipe auf seinem Stammplatz in der Ecke; da, wo man alles gut im Blick hatte, vor sich ein gepflegtes Bierchen, hinter sich einen anstrengenden Arbeitstag.
“So’n Schietwetter!” polterte Klaus Kunert, von allen liebevoll Knolle genannt, herein. Böse Zungen meinten ja, den Spitznamen “Knolle” hätte er sich bei seinen frühen Versuchen, als Boxer groß raus zukommen, verdient. Mehr als eine gebrochene Nase ist von Knolles Träumen jedoch nicht geblieben. Allerdings war auch Gisie nicht ganz unschuldig an seiner frühzeitig gescheiterten Profikarriere. Gisie, seine große Liebe, die nie so recht “warm” werden konnte mit dieser seiner sportlichen Betätigung. Ihr zuliebe verzichtete er auf Ruhm und Karriere. Daß sie ihn Jahre später dann ausgerechnet für einen gutaussehenden Fußballer verließ, konnte man durchaus als Ironie des Schicksals bezeichnen.
“Och, Knolle” meinte Biggi, “das kann Dich doch nicht von'nem Besuch in Deiner Stammkneipe abhalten, oder?” Knolle grinste, er mochte Biggi. Sie hatte das Herz auf dem rechten Fleck und immer einen frechen Spruch auf ihren roten Lippen, die ihn so……..aber er schweifte mal wieder ab mit seinen Gedanken; nicht, das noch jemand merkte, was mit ihm los war!
Berti und Molle, der zwar eigentlich Karl hieß, aber seinen Spitznamen auch nicht von ungefähr hatte, winkten ihren Kumpel mit den Worten “Wird ja man auch Zeit, dass Du aufschlägst” an ihren Tisch und begannen, die Skatkarten zu mischen. Jede Woche zur selben Zeit trafen sich die drei für ein paar zünftige Runden, und das schon seit mehr als 10 Jahren und gegen die anfänglichen Widerstände ihrer Gattinnen, nun ja, zwei ihrer Gattinnen, denn Knolle hatte nach Gisie - zumindest offiziell - der holden Weiblichkeit abgeschworen.
Die beiden schienen auch schon reichlich dem Hopfengenuß zugesprochen zu haben, sie steigerten sich immer mehr in ihre "Betrachtungen" hinein! Hasso kam mit seinen Notizen kaum hinterher.
"Und habt ihr auch schon mitgekriegt", fragte Berti in die Runde, "was neulich im "Flora-Lora" abgegangen ist? Mönsch, Karl, was wirste denn plötzlich so blaß?"
Bei der Erwähnung des hiesigen Blumenladens zuckte ihr Skat-Partner merklich zusammen, fiel ihm doch siedendheiß ein, daß er seinen und Ellas Hochzeitstag vergessen hatte! Nun war ihm auch klar, warum es vor 14 Tagen Eier mit Senfsoße zum Mittag gab, etwas, was er nun mal so gar nicht mochte! Aber nun war es eh zu spät und soetwas vor den anderen zuzugeben, war ihm auch unangenehm und so brummelte er nur irgendetwas unverständlich vor sich hin. "Hat's 'nen Überfall gegeben, oder was?" hakte Klaus nach.
"Neee, das nich', aber die Chefin hätte beinah die Bullen gerufen", erwiderte Berti.
Jetzt wurden die beiden anderen doch hellhörig. "Erzäh' ma!"
"Na, letztens war da doch mal wieder die Graymann vom Fischladen da", begann Berti, "und die hat mal so richtig raushängenlassen, WIE toll sie ist! Jeden Kunden, der reinkam, aber auch wirklich JEDEN Kunden hat die angemacht! Die Melly von der Fleischerei wollte sich 'nen Strauß Frühlingsblumen kaufen, da is' die erstmal hin und hat ihr an den Kopf geknallt, daß sie die Tulpen anschneiden muß, bevor sie sie in die Vase stellt und außerdem dürfe man Narzissen und Tulpen sowieso nicht zusammen ins Wasser stellen, vonwegen weil die Narzissen irgendwas ABSONDERN, das müßte sie wohl wissen! Die arme Kleine hat sich gar nicht mehr getraut, auch die Narzissen mitzunehmen, die hat 'se wieder hingestellt. Die alte Krusemann meinte, ihre Schwiegertochter hätte jetzt auch einen Garten und sie hätte einen wunderschönen Rosenstrauch neben den Lavendel gesetzt, da blafft doch die Trulla durch den halben Laden, wie doof man denn sein müsse, die zusammen anzupflanzen, das wisse doch nun jeder, daß die völlig andere Ansprüche an den Boden hätten" schilderte ihr Skat-Kumpel wortreich die Geschehnisse. "Und so ging das wohl den ganzen Tag mit der. Selbst unserm Nachbarn, dem Herrn Aygepan, der ja nun auch schon Landschaftsgärtner in der 3. Generation ist, wollte die erzählen, daß man Ginster nich' umsetzen soll!" Nun brauchte Berti aber ertsmal einen ordentlich Schluck, er hatte sich ja fast den Mund fusselig geredet. "Die Lore war echt stinkig, die wollte die Alte schon rausschmeißen, hat gesagt, wenn sie nicht endlich ihre Kunden in Ruhe läßt und freiwillig geht, holt sie die Bullen!".
"Ey, jetzt weiß ich auch, warum die Meierling neulich so sauer war", fiel Klaus Kunert ihm ins Wort. "Die is' mir vor'n paar Tagen beim Bäcker über'n Weg gelaufen und weil ich ihr noch was von meiner Schwester ausrichten sollte - ihr wißt doch, die beiden treffen sich öfter auf'n Tee - hab ich sie kurz angehalten und da mault die was von `...die Graymann, diese blöde Tusse....´, da hat die wohl auch so 'ne Show abgezogen!"
"Na, denn soll die mir mal bloß in meine Werkstatt kommen mit ihre Nobelkarosse", grummelte Karl, "Wenn die mir erzählen will, wie ick an meinen Autos rumzuschrauben habe, denn drück ick ihr det Werkzeug in der ihre manikürten Finger und denn soll 'se ma' machen! Und weißte, wat WIR jetzt machen? Wir kloppen 'ne Runde! Ick habe 18!"
Und damit konzentrierten sich die drei auf ihre Karten! Aber Hasso war es für heute wieder genug. Zufrieden klappte er sein Notizheft zu, steckte den Stift ein und legte Biggi einen Schein unter den Bierdeckel. Es wurde auch langsam Zeit, nach Hause zu gehen, bevor seine bessere Hälfte sich Sorgen machte.
Hier könnt ihr mehr über Biggi, Hasso, Klaus, Karl und Berti erfahren:
Liebe Conny das ist eine schöne Geschichte aus dem wahren Leben. Ich grübele nun, ob ich von Frauen auch so wenig verstehe wie von Blumen. Ach nee, mit etwas Nachdenken weiß ich es doch nun sicher: von Blumen verstehe ich deutlich weniger ( ; - )))
LG Jürgen