Leserbrief zum Nationalpark HARZ
Leserbrief
Aus dem Ruder gelaufen ?
Fährt man in diesen Tagen über den Harz, dann fallen die erfreulich zahlreichen Gäste auf, die bei optimalem Ferienwetter unser schönes Mittelgebirge besuchen. Sieht man von den vielen „ durch-
reisenden „ Motorrädern ab, sind es wohl nicht wenige auswärtige Erholungssuchende mit dem Ziel,
den Nationalpark zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erkunden. Insbesondere die landschaftlich reiz-
vollen Hochlagen, allen voran die Region um den Brocken, erfreuen sich großer Beliebtheit. Nun gehen viele unserer Gäste davon aus, dass wohl der gesamte Harz Nationalpark ist. Nur wenige wissen, dass der Großteil der Waldflächen zu den normal wirtschaftenden Betrieben der Nieders.
Landesforsten gehört. Zugegeben : Trotz der Fülle von Hinweisschildern ist die Orientierung nicht
immer so einfach.
Oder doch ? In diesem Sommer sind die Flächen eigentlich für jedermann eindeutig erkennbar. Denn
das Wetter ist nicht nur für die vielen Feriengäste ideal, sondern geradezu optimal für die Millionen
von Borkenkäfern, die unseren Wäldern momentan zu Leibe rücken. Man muss noch nicht einmal auf
einer Anhöhe mit halbwegs guten Ausblick stehen : Unvorstellbar große Flächen brauner, absterben-
der Fichten markieren sehr augenfällig die Grenzen. Um es sehr vereinfacht auszudrücken : Braune
Flächen = Nationalpark, grüne Flächen = Angrenzende Forstämter ! Verfolgt man aufmerksam die Pressemitteilungen zum „ recht intensiven Käferflug“ ( PR-Meldung NLP ), so werden auch diese Grenzen bald verschwimmen. Der unnötige Kahlschlag am sogenannten „ bösen Hund „ in Braunlage
Ist wahrscheinlich nur der Anfang erforderlicher Notmaßnahmen zur Verteidigung der benachbarten
Forstämter. Wie so etwas aussehen kann, sieht man auf dem Weg zum Oderteich bis zum Torfhaus.
Wo vor nicht allzu langer Zeit dicht bekronte grüne Fichten Schatten spendeten, steht jetzt auf weite
Sicht ein trockenes Baumgerippe neben dem anderen. Westlich der B4 kann man inzwischen ohne
große Mühe die jenseits der historischen Talsperre gelegenen Wälder sehen. Ob damit die Attraktivi-
tät unseres Harzes zunimmt, möchte ich an dieser Stelle bezweifeln.
Mir ist durchaus bewusst, dass der Nationalpark in erster Linie Schutzziele verfolgt. Die Anrainer in-
dessen müssen die so viel zitierten Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes mit einem
klaren wirtschaftlichen Auftrag in Einklang bringen. Eine Aufgabe, die alles andere als einfach ist und
den Forstleuten vor Ort größeren Einsatz abverlangt, als den meisten von uns bewusst ist. Da sind zu-
sätzliche, außerplanmäßige und überdies unnötige vorzeitige Nutzungen alles andere als hilfreich.
Von dem immensen wirtschaftlichen Schaden einmal ganz abgesehen.
In normalen Jahren mag es ja genügen, den 500 Meter breiten Sicherheitsstreifen an den Grenzen zu
den Nachbarwäldern zu überwachen. In einem Sommer wie diesem aber genügt es offensichtlich
nicht. Wir sollten es mit dem Schutzgedanken und der Beobachtung „ spannender Entwicklungen am
Waldboden „ nicht übertreiben !
Manfred Keimburg