Besonderheiten des Alltags. Heute: Ist es nicht besser, die Kirche im Dorf zu lassen?
Eine fidele Kirche
Der wohl spektakulärste Umzug der Kirche von Heuersdorf fand Ende Oktober 2007 statt. Eine Kirche, deren Gewicht, laut verschiedener Pressestimmen, zwischen 1000 und 600 Tonnen Gewicht pendelt, wurde seiner Zeit brachial entwurzelt und sollte in dem 12 Kilometer weit entfernten Borna neue Wurzeln schlagen. Wie es heißt, waren es die Heuersdorfer Bürger, die die Kirche nicht dem Braunkohleabbau opfern, sondern mit in ihre neue Heimat nehmen wollten. Eine noble und hehre Gesinnung!
Jedoch, bei allem Respekt vor der meisterlichen und rekordverdächtigen Leistung, sollte eins nicht vergessen werden: Der Kirche wurde praktisch beigebracht, dass sie nicht nur still und stumm an einem Ort zu stehen braucht, sondern sich auch bewegen kann. Und was die Kirche dabei nicht alles gelernt hat? Sie lernte beispielsweise, wie man einen Fluss und gleich zwei Bahndämme überquert und vor allen Dinge; bei all den neuen Eindrücken: Sie lernte, wie man sich zusammenzunimmt ohne gleich auseinanderzufallen. Sie hat also all das kennengelernt und vielleicht sogar eine heimliche Freude und Lust dabei empfunden? Wer weiß?
Aber nun ist guter Rat teuer, denn in Borna angekommen tun sich neue Fragen auf: Wird sie in Borna neue Wurzeln schlagen? Oder vielleicht ihrer neu gewonnenen Freiheit frönen? Wird sie vielleicht sogar ein Spielball von Wind und Wetter werden? Es kann also durchaus geschehen, dass der Kirche in Borna kein genauer Standort zugeschrieben werden kann, sondern nur eine Vermutung desselben. Es wäre also ohne weiteres möglich, dass Sie bei einer Anfrage nach der Kirche im Info-Zentrum von Borna zu hören bekommen: „Morgens geht die Kirche immer mal gerne bummeln! Möglicherweise könnte sie sich zurzeit auf dem Marktplatz aufhalten!“ Oder: „Gestern herrschte starker Westwind, versuchen Sie bitte die Kirche in dieser Himmelsrichtung zu finden! Viel Glück!“
Frage: Ist es doch nicht besser die Kirche lieber im Dorfe zu lassen?
copyright©2011 by Andreas A.F. Tröbs