Mit dem Pilgervirus infiziert von Tegkwitz aus zum Rest der Welt
Kirchengeläut am Sonnabendvormittag, - ungewöhnlich! Voll besetzt die altehrwürdige Tegkwitzer Marienkirche, - Pilgergottesdienst! Pilgerfreunde nicht nur aus dem Altenburger Land, auch aus Bayern und Baden-Württemberg waren gekommen. Eingeladen hatten Pfarrer Herbst und die wohl berühmteste Pilgerin des Altenburger Landes, Arnhild Kump, besser bekannt als Arnhild Ratsch, die einstige ehrenamtliche Tegkwitzer Bürgermeisterin. Ihr 60.Geburtstag war Anlass zur ersten Pilgerwanderung auf dem künftigen Lutherweg.
Wieder Glockengeläut, - es öffnen sich die Kirchentüren. Der Pilgerzug setzt sich in Bewegung. Zuvor aber bekommt jeder Pilger einen persönlichen Segensspruch mit auf den Weg. Von Tegkwitz aus geht es heute nach Dobraschütz, Arnhild vorneweg, wie immer mit ihrem Pilgerstab. Wohin hatte der sie nicht schon begleitet!
Es begann im Jahre 2001. Am 29. Juli startete sie zur großen Tour. Rom war ihr Ziel. Dort wollte sie dem Papst gegenüberstehen, ihm ihre ökumenische Botschaft überbringen, auch die Grüße aus dem Altenburger Land, als deren Botschafterin sie sich auf den Weg machte.
Der Abschiedsgottesdienst fand damals in der Kirche zu Monstab statt, war es doch ein Monstaber Pfarrer, der diese Idee in Arnhild auslöste und reifen ließ.
Durch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme kam die Diplomingenieurin ins Monstaber Kirchenarchiv. Hier erfuhr sie, dass der Monstaber Pfarrer Peter Wolf 1513 nach Rom gepilgert war, um sich und seinen Bruder, die unehelichen Söhne des Dorfpfarrers Thomas Wolf, vom Papst legitimieren zu lassen. 1518 dann sein 2. Fußmarsch nach Rom, wo er die Priesterweihe erhielt.
Was Peter Wolf konnte, das kann Arnhild Ratsch doch auch! Mit einer Kopie der Wanderkarte im Gepäck zog sie auf historischer Route los.
Nach 68 Tagen hatte sie 1854km zurückgelegt und ihr Ziel wohlbehalten erreicht.
Die Alpen wurden über den St.-Gotthard-Pass überquert, etappenweise von Jakobspilgern begleitet.
Höhepunkt und Ziel dieses außergewöhnlichen Weges aber war ihre Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. Ein Schnappschuss von diesem Augenblick schmückt die Titelseite ihres Pilgerbuches "Zu Fuß nach Rom".
Traurig und nicht zu verstehen das folgende Kapitel im Leben dieser beeindruckend tatkräftigen Frau, der die Altenburger Region einen derart positiven Bekanntsheitsgrad verdankt und das sowohl in Deutschland als auch in den durchwanderten Kantonen der Schweiz und in Italien: Das Altenburger Land bot seiner Botschafterin nach deren Rückkehr keine Arbeits- und Lebensgrundlage. So folgte sie im März 2002 dem Ruf der Kirche in Zürich.
Mit den Mitgliedern des Züricher Pilgerzentrums ging es in den folgenden Jahren quer durch die Schweiz, durch Frankreich bis zu den Pyrenäen.
Seit ihrer Heirat lebt Arnhild Kump in Wien, aber das auch nur, wenn sie nicht gerade mit der von ihr ins Leben gerufenen Wiener Pilgergruppe unterwegs ist. So ging es per pedes bereits von der österreichisch-ungarischen Grenze durch das Inntal bis nach Innsbruck.
Und nach der dortigen vorösterlichen Pilgerwanderung warten unsere Pilgerfreunde bereits wieder auf sie, denn Arnhild Kump bleibt ihrer geliebten Heimat aktiv und innig verbunden.