„Die Innenstadt muss gestärkt werden“
Ein Interview mit Thomas Wörle (Wirtschaftsförderung der Stadt Aichach)

Wirtschaftsförderer Thomas Wörle | Foto: Stadt Aichach
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myheimat: Herr Wörle, ein arbeitsreiches Jahr liegt hinter Ihnen. Mit dem Modehaus Rübsamen und dem Sportgeschäft Anneser verabschiedeten sich zwei Urgesteine aus der Aichacher Innenstadt. Wegen der Leerstände waren Sie 2024 an vielen Gesprächen und Verhandlungen beteiligt. Wie fällt am Ende des Jahres Ihre Bilanz dieser Bemühungen aus?
Wörle: Grundsätzlich positiv. Die Eröffnung des Trend Shops in Aichach zeigt, dass die allgemeinen Rahmenbedingungen in Aichach stimmen, grundsätzlich stimmen. Sicher werden Sie gleich fragen, warum nur grundsätzlich. Was meiner Meinung nach zukünftig problematisch werden kann, ist, dass die Immobilie schon älter ist und die Zukunft eventuell andere Ansprüche an eine Einzelhandelsimmobilie stellt. Überlegungen über Wirtschaftlichkeit und Rentabilität können für Eigentümer und Nutzer solcher Immobilien generell zu einem schwierigen Spannungsfeld werden. Die Stadtverwaltung hat hierbei keine Einflussmöglichkeiten, außer mit Rat zur Seite zu stehen.
Dass das Sportgeschäft Anneser seine Pforten geschlossen hat und nicht als Sportgeschäft weitergeführt wird, ist natürlich schade und auch etwas verwunderlich. Denn dass in Aichach ein gut geführtes Sportgeschäft funktioniert, zeigt Ralph Lechner mit seinem mit großem Engagement geführten „Heimatsport“. Doch die neue Nutzung der Anneser-Immobilie als Tagespflege durch „Mobile Engel“ finde ich nicht zu schlecht für Aichach. Sicher wird das nicht die gleiche Frequenz für die Innenstadt bringen wie das vorherige Sportgeschäft. Aber im Zusammenhang mit dem Wandel der Innenstädte wird oft davon gesprochen, dass sich Innenstädte zum Teil auch wieder hin zur Wohnnutzung verändern sollen. Das ist hier ein wenig passiert. Und die Menschen, die dort ihren Tag verbringen, werden auch den Stadtplatz ein wenig bereichern.
myheimat: Wie sieht es bei den Leerständen rund um den ehemaligen Reno in der Werlbergerstraße aus?
Wörle: Wie ich oben schon angedeutet habe, hat die Stadtverwaltung kaum eine Möglichkeit, die Nutzung von Immobilien zu beeinflussen. Das entscheidet einzig der Eigentümer. Wir können nur mit Vorschlägen versuchen zu unterstützen.
myheimat: Was erhoffen Sie sich vom Integrierten Stadtentwicklungskonzept (Isek) im Hinblick auf die Attraktivität der Aichacher Innenstadt?
Wörle: Integrierte Stadtentwicklungskonzepte (ISEK) sind zentrale Planungsinstrumente der modernen Stadtentwicklung. Sie dienen dazu, die Entwicklung einer Stadt langfristig, strategisch zu koordinieren. Diese Konzepte verbinden räumliche, wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte und werden in enger Zusammenarbeit mit Akteuren aus Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erarbeitet. Das ist schon ein großer Umfang und sofern bin ich dankbar, dass Sie nur hinsichtlich der Auswirkungen und Möglichkeiten auf die Innenstadt fragen. Hier ist das ISEK für mich persönlich eine Stoffsammlung, die uns Argumente für zukünftige Entscheidungen an die Hand gibt, um unsere Stadt weiter lebenswert zu erhalten, aber auch die Attraktivität und die Funktionalität zu steigern. Ziel muss dabei immer sein, die Innenstadt als zentralen Ort des gesellschaftlichen Lebens, des Handels und Kultur zu stärken und ihre langfristige Nachhaltigkeit zu sichern. Mir sind da mehrere Themenbereiche wichtig. So soll weiter auf eine Nutzungsmischung, auf eine Förderung einer Balance aus Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Gastronomie und Freizeit Wert gelegt werden. Die Aufenthaltsqualität kann auch durch Schaffung von öffentlichen Plätzen und Begegnungszonen, die Menschen zum Verweilen einladen, gesteigert werden. Die Revitalisierung von Innenstädten erfordert also einen ganzheitlichen Ansatz, der auf Diversität, Nachhaltigkeit und die Bedürfnisse aller Menschen fokussiert ist. So wird die Innenstadt nicht nur überleben, sondern sich auch als lebendiges Zentrum neu erfinden.
myheimat: Das Technologietransferzentrum (TTZ) ist nun nicht mehr auf dem Gelände des Holzbauspezialisten Züblin Timber entstanden. Es ist stattdessen in der Lagerhalle der Metallbaufirma Ankner in Laimering angesiedelt worden. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Wörle: Im April vergangenen Jahres hat die Bayerische Staatsregierung die Entscheidung getroffen, eine Außenstelle der Technischen Hochschule Augsburg (THA) in Form eines Technologietransferzentrums (TTZ) in Aichach anzusiedeln. Von Anfang an tatkräftig unterstützt wurde das Vorhaben vom Ersten Bürgermeister Klaus Habermann sowie mehreren Akteuren aus dem Landkreis wie Landrat Dr. Klaus Metzger und MdL Peter Tomaschko. Mit Technologietransferzentren will der Freistaat die Innovationskraft des Mittelstandes besonders im ländlichen Raum stärken und in Kooperation mit ortsansässigen Unternehmen anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung betreiben. In Aichach geht es um digitales und nachhaltiges Planen und Fertigen im Bauwesen mit den Schwerpunkten Beton- und Holzbau. Passenderweise sollte das TTZ auf dem Gelände eines marktführenden Unternehmens im konstruktiven Holzbau, der Firma ZÜBLIN Timber in Aichach, angesiedelt werden. Gespräche haben gezeigt, dass die räumlichen und technischen Herausforderungen enorm sind. Unter anderem braucht es für Fertigungsroboter und einen sogenannten Prüfspannrahmen meterdicke Betonfundamente mit bis zu zehn Metern Länge. Auch Möglichkeiten zum Heben von Lasten mit Gewichten von bis zu 20 Tonnen sind erforderlich. Letztendlich hat sich herausgestellt, dass der Standort nicht realisierbar ist. Daher musste man sich einvernehmlich von diesem Standort verabschieden und im Stadtgebiet Aichach eine Alternative suchen. Die bereits begonnene fachliche Kooperation zwischen dem TTZ und ZÜBLIN wird aber trotzdem fortgeführt. Nahezu perfekte Voraussetzungen bietet dem TTZ die von Ihnen genannte Halle im Gewerbepark Acht300. Sie erfüllt alle technischen und räumlichen Voraussetzungen. An dieser Stelle soll noch ein wenig Werbung für das TTZ erlaubt sein: an das TTZ Aichach können sich Unternehmen aus der Bauwirtschaft, besonders auch Handwerksbetriebe, wenden, um im Massivbau und im digitalen Holzbau für ihre realen Bedarfe innovative Lösungen gemeinsam mit der Technischen Hochschule Augsburg zu entwickeln.
myheimat: Die Aichacher Gewerbeausstellung Wi-la will im Jahr 2025 mit dem neuen Organisator Eric Simanowski wieder durchstarten. Ist das Zeitalter der regionalen Gewerbeschauen nicht vorbei?
Wörle: Die Zukunft von Gewerbeschauen und Gewerbemessen ist ein vielschichtiges Thema, das von verschiedenen Faktoren wie Digitalisierung, veränderten Marktanforderungen und gesellschaftlichen Entwicklungen beeinflusst wird. Dennoch haben diese Formate weiterhin Potenzial, sofern sie sich anpassen und innovativ bleiben. Die Herausforderungen sind vielschichtig. Viele Unternehmen setzen zunehmend auf digitale Kanäle wie Online-Marktplätze, virtuelle Messen oder Webinare, die geografische und zeitliche Einschränkungen überwinden. Gewerbeschauen sind oft kostenintensiv, sowohl für Veranstalter als auch für Aussteller. Dies kann insbesondere für kleinere Unternehmen eine Hürde darstellen. Kunden informieren sich heutzutage oft online über Produkte und Dienstleistungen, was die direkte Notwendigkeit für physische Messen mindert. Es gibt aber auch viele gute Gründe für regionale Gewerbeschauen. Der persönliche Kontakt bleibt ein unschlagbarer Vorteil. Regionale Unternehmen können sich den Kunden vor Ort präsentieren und die Kunden haben die Möglichkeit, sich persönlich direkt und unkompliziert bei dem Unternehmen vor Ort zu informieren. Gerade eine regionale Gewerbeschau bietet somit für Unternehmen und Bürger einen Mehrwert, der online schwer replizierbar ist. Dieser könnte zum Beispiel durch interaktive Erlebnisse (z. B. Workshops, Live-Demonstrationen) weiter gestärkt werden. Beispielsweise könnten Live-Streaming von Vorträgen oder virtuelle Rundgänge das Erlebnis ergänzen. Die Kombination aus physischen und digitalen Angeboten kann eine größere Reichweite erzielen. Gewerbeschauen haben also durchaus eine Zukunft, wenn sie sich an den Wandel der Zeit anpassen. Ihr Erfolg hängt davon ab, wie gut sie digitale Möglichkeiten nutzen, neue Trends integrieren und ihren Mehrwert gegenüber digitalen Alternativen hervorheben können.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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